Neulandexpedition (German Edition)
hab vorhin erwähnt, dass ich Ronys schnarchen kaum aushalte. Das wird von Jahr zu Jahr schlimmer und ich verdräng es immer wieder. Jo hat angeboten, zu tauschen. Ihm macht das nix“, er klopfte mir auf die Schulter und ging in Richtung seines Zelts. Wie betäubt starrte ich ihm hinterher.
Schnarchen machte Jo also nichts aus? Seltsam, dass er mir da mal etwas vollkommen anderes erzählt hatte. Er wäre sozusagen allergisch auf diese Röchellaute. Tja, wenn das kein Statement war. Er hielt lieber Ronys Schnarchen aus als mich.
Ich stand immer noch am gleichen Fleck, als Elias mit seinen sieben Sachen zurückkam und nun Kurs auf mein Zelt nahm.
„Hast doch nichts dagegen, oder?“, fragte er erneut und musterte mich.
„Ähm nein, quatsch“, brachte ich überraschend sicher heraus.
„Na dann ist ja gut“, meinte Elias, sein Blick ruhte jedoch weiter auf mir. Ich zwang mich, etwas Normales zu tun. Was würde ich im Normalfall jetzt tun? Ha!
Mit einer spöttischen Verbeugung hob ich den Eingang des Zeltes an. „Willkommen. My Castle is your castle.“
Mein Grinsen geriet kurz ins Wanken, als ich bei einem Blick ins Zelt feststellte, dass Jos Sachen bereits verschwunden waren. Ich musste schwer schlucken, und war froh, dass ich Elias so den Rücken zuwandte.
„Ich wusste, dass ich bei dir Asyl finde“, meinte Elias und krabbelte ins Zelt. Auch darüber war ich froh. Somit wandte er mir weiterhin den Rücken zu und bekam das Frösteln nicht mit, das mich nun befiel. Irgendwie war mir, trotz der andauernden tropischen Temperaturen, plötzlich kalt. Nur mit Mühe konnte ich den Drang bekämpfen, mir die Arme um die Mitte zu schlingen und erneut heulend zusammenzubrechen.
Zu viele Zuschauer, zu auffällig, zu demütigend. Also atmete ich einmal tief durch, wartete auf Elias und ging dann gemeinsam mit ihm zu den Anderen.
Nun entdeckte ich auch Jo. Er hockte im Schneidersitz neben Alwin und befestigte ein Würstchen an einem Ast. Wie der jetzt was essen konnte, war mir schleierhaft.
Elias winkte mich zu sich, ich zögerte den Bruchteil einer Sekunde, dann setzte ich mich neben ihn. Postwendend drückte er mir eine gekühlte Limoflasche in die Hand.
„Warst ja vorhin ziemlich lange weg. Dachten schon, wir müssten 'ne Suchmannschaft losschicken, aber Johan meinte, es wär' mit dir alles okay.“ Elias schien dies jedoch zu bezweifeln, und musterte mich skeptisch. Mein Blick huschte zu Jo, der uns beobachtete und nun ertappt die Lider senkte.
„Ich wollte nur mal allein sein“, murmelte ich und nahm einen Schluck des kalten Getränks. Eine Gänsehaut kroch mir über die Arme und die feinen Härchen stellten sich auf.
„Na, wenn du meinst“, zuckte Elias die Achseln und wandte sich dem Feuer zu. Ob er mir glaubte oder einfach nur aufgab, konnte ich nicht sagen. Es war mir auch egal, solange er das Verhör unterließ.
Den ganzen Abend schlich mein Blick immer wieder zu Jo, Masochist, der ich war. Und ab und an ertappte ich auch ihn dabei, doch genauso oft wich er mir aus.
Es tat weh. Ich hätte nicht gedacht, dass seine Ablehnung so weh tun würde.
Ich aß das verkohlte Würstchen und das halb rohe Brot und schmeckte nichts davon. Auch besser so, sollte man meinen. Wie Steine lagen sie mir im Magen. Ein Stein, der mit jedem ausgewichenem Blick größer und schwerer wurde.
***
Die halbe Nacht lag ich wach, grübelte und durchlebte den Abend wieder und wieder. Warum erwachte ich bloß nicht aus diesem Albtraum? Ich konnte doch unmöglich so strunzdumm gewesen sein! Aber ich war es wohl gewesen, wie mir ein Blick seitlich auf Jos Platz zeigte, auf dem nun Elias lag. Sein Gesicht konnte ich nur schemenhaft erkennen – das Lämpchen war mit Jo ausgezogen –, die dunkeln Locken lagen wirr auf ihrem Kissen. Jedes Heben seiner Brust wurde durch einen leisen Schnarchlaut begleitet. Ich wandte mich wieder ab.
Meine Augen brannten erneut, aber ich verbot mir, wieder loszuflennen. Irgendwie würde ich diese Nacht überstehen. Es hätte immerhin schlimmer kommen können. Jo hätte mit Larissa tauschen und jetzt neben Meike statt Rony liegen können. Nach dem was ich, je später es wurde, zwischen ihnen beobachtet hatte, wäre das denkbar gewesen.
Unser Kuss schien Jo zumindest nicht auf den Magen geschlagen zu sein. Nein, denn er teilte sich Marshmallows mit Meike. Mir wäre beinahe das Stockbrot hochgekommen. Das allerdings verschmähte er, genau wie mich.
Der Kloß in meinem Hals wurde
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