Neulandexpedition (German Edition)
viel zu beschissen.
Irgendwann hatte Jo mir mal erzählt, dass er damals beinahe nicht mitgekommen wäre, weil er Schiss gehabt hatte, sich als einziger Fremder einer so eingeschworenen Gemeinschaft zu stellen. Ich hätte ihn also beinahe nie kennengelernt.
Für meinen Seelenfrieden wäre das wohl sogar besser gewesen und mein Herz und Ego trugen eh noch einen Zweikampf aus, wer nun mehr abbekommen hatte. Ich setzte auf das Herz.
Wie konnte ein einziger Mensch alles dermaßen auf den Kopf stellen, sogar die sexuelle Identität?
Ich hatte Johan geküsst, ich hatte von ihm geträumt und ich sehnte mich nach ihm. War ich wirklich schwul? Bi? Oder war Jo einfach die große Ausnahme?
Ich wälzte diese Fragen hin und her, zu einem Ergebnis oder der erleuchtenden Erkenntnis kam ich dennoch nicht. Ich brauchte also einen Experten auf diesem Gebiet. Allein kam ich da nicht weiter. Also schnappte ich mir spontan meine Schlüssel und verließ die Wohnung.
Ich kannte nur einen Menschen, den ich in dieser Sache um Rat fragen konnte, ohne mir hinterher komplett bescheuert vorzukommen.
Cosmo!
Also auf zum Freundausquetschen.
Kapitel 10
Ich kannte Cosmo jetzt seit etwa zwei Jahren. Schon bei unserer ersten Begegnung hatte er sehr deutlich gemacht, dass er auf Männer stand. Also genau der Ansprechpartner, den ich im Moment brauchte.
Na ja, genau genommen hatte er es gar nicht mir, sondern vielmehr Elias klar gemacht, und zwar auf eine Weise, die mein bester Freund Cosmo bis heute nicht verziehen hatte.
Elias sah es als Verrat an unserer Freundschaft an, dass ich mit diesem Perversling immer noch Kontakt hatte. Aber mal ehrlich, Elias entsetztes Gesicht als Cosmo ihn angebaggert hatte, war mehr als sehenswert gewesen. Selbst wenn ich jetzt daran dachte, musste ich grinsen und das sollte in meiner derzeitigen Verfassung was heißen.
Okay, der gezielte Griff an Elias' Po war gewagt gewesen, aber Cosmo hatte sich schließlich entschuldigt. So ganz kaufte ich ihm seine Reue zwar nicht ab, aber er zeigte immerhin guten Willen. Ein Aufeinandertreffen der beiden versuchte ich dennoch weitestgehend zu vermeiden, was mir Cosmo seinerseits übel nahm. Es war nur meine Schuld, dass er nie eine Chance bekam, seine große Liebe zu erobern, weil ich ihn nie zu dieser mitnahm. Elias sollte mir also eher dankbar sein, weil ich so um seine Unschuld besorgt war und ihm den liebeskranken Cosmo vom Hals hielt. Aber Undank war der Welten Lohn.
Derart in Gedanken klingelte ich ganz automatisch an Cosmos Wohnungstür und zuckte überrascht zusammen, als mir mein Kumpel postwendend öffnete.
„B, was macht du denn hier? Hab ich was verschwitzt?“ Erstaunt ließ mich Cosmo in seine Wohnung und ging in die Küche vor. Augen verdrehend folgte ich ihm.
Ich hasste Spitznamen und blieb normalerweise weitestgehend davon verschont. Sah man mal von Jo – bei dem es aber irgendwie okay war – und diesem Spinner hier ab. Der musste sich natürlich seine Extrawurst braten.
Dabei war mein Name wirklich nicht so kompliziert. Warum er den nur auf einen Buchstaben reduzieren musste, verstand ich nicht, aber Cosmo diesbezüglich umzuerziehen hatte ich inzwischen aufgegeben. Er war verdammt ausdauernd, wenn er sich bei etwas festgebissen hatte. Bestes Beispiel war seine Verliebtheit in Elias.
„Nein, stör ich?“, verstohlen sah ich mich um, aber anscheinend war er allein. Sah man von Waldemar und Franz, seinen Meerschweinchen, ab, die in ihrem Käfig an der Wand vor sich hingurrten.
Waldemar war eigentlich ein niedliches Vieh, wenn er nicht die Angewohnheit hätte, einen anzupieseln, sobald man ihn auf dem Schoß hatte. Na ja, Körperkontakt war eben nicht jedermanns Sache oder es lag an dem Schock der Kastration, könnte man ihm nicht verdenken. Allerdings war er bereits vor dieser Schnippschnappsache in solchen Situationen undicht gewesen.
Franz hingegen war da von der anschmiegsameren Sorte. Sah zwar aus, als sei sie mit ihren Schnurrbarthaaren zu nah an eine Steckdose geraten – Teddy-Meerschwein wie Cosmo mir stolz erklärte – aber doch ganz süß. Und richtig gehört, sie . Franz war weiblich und Schuld daran, dass Waldemar seine Glöckchen hatte einbüßen müssen. Um Opa in spe zu werden, fühlte sich Cosmo nämlich noch etwas zu jung. „Quark, du rettest mich eher vor einem garantiert fürchterlich langweiligen Nachmittag“, winkte Cosmo ab und ließ sich rittlings auf einen der Holzstühle fallen. Unbehaglich nahm ich ihm
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