Neulandexpedition (German Edition)
Rücken. Hustend griff er nach seiner Cola.
„Bin ich gar nicht“, keuchte er.
„Nicht sehr glaubwürdig“, zweifelte ich und griff nach einer Grillsoße. „Okay, du hast mein großes Geheimnis aufgedeckt, aber erzähl's keinem weiter, ja?“, übertrieben flehend sah er mich an.
„Mein zweiter Name ist Tresor, ich bewahre 1a Geheimnisse“, flüsterte ich und er nickte zufrieden.
„Sehr gut, dann kann ich dich leben lassen.“
„Uff, da hab ich aber noch mal Glück gehabt.“
„Verdammtes“, bestätigte er und schob sich eine neue Gabel voll in den Mund. Kritisch beobachtete ich ihn dabei. Gründlich kaute er, grinste und schluckte den Bissen hinunter. „Ich kann auch gefahrlos essen, keine Bange.“
„So ein Pech! Ich dachte, ich hätte endlich mal das perfekte Versuchskaninchen für diesen Griff gefunden, den man in Filmen so oft sieht, und könnte mal den Helden spielen“, tat ich enttäuscht.
„Sorry, dass ich dich enttäuschen muss, aber die blauen Flecken deiner letzten Heldentat reichen mir. Auf gebrochene Rippen als Bonus bin ich noch weniger scharf.“
„Mann, bist du ein Spielverderber. Aber na ja, ein Gutes hat's, mein Essen wird so wenigstens nicht kalt.“
Wir grinsten uns an und ich verteilte eine ordentliche Portion Currysoße auf meinem Kotelett.
„Okay, hilf mir mal, damit ich hier besser durchsteig“, wurde er dann ernst. „Wer ist hier mit wem?“ Er wedelte mit seinem Messer hin und her.
„Na ja, so schwer ist das nicht. Alwin und Sandra sind ein Paar“, erklärte ich und schnitt mir ein Stück Kotelett ab, „und sonst ... Hm, Meike und Larissa sind beste Freundinnen.“
„Okay, wirklich nicht schwer. Und Elias und du, seid ihr...“ Er ließ das Ende offen, doch ich verstand ihn auch so und nun verschluckte ich mich fast an meinem Essen.
Fassungslos sah ich ihn einen Moment an und lachte dann lauthals los.
„Oh nein, wirklich nicht“, brachte ich schließlich erstickt heraus. „Gott, wirkt das so?“ Ich war in diesem Moment wirklich schockiert.
„Naja, als ich hier ankam ... Ihr wirktet schon sehr vertraut“, zuckte er die Schultern.
„Er ist mein bester Freund“, wiegelte ich ab.
„Oh okay“, meinte er und stocherte in seinem Salat.
„Bleibt also noch Rony übrig“, nahm ich den Fade wieder auf, um schnell dieses verrückte Thema zu wechseln. „Also bedien dich ruhig.“
„Oh ähm...“, Jo kratzte sich am Hinterkopf und musterte Rony, der sich inzwischen auch eingedeckt hatte und gerade abwechselnd Nudeln, Bratwurst und Kotelett in sich hineinschaufelte. „Wirklich sehr verlockend.“
„Nicht dein Typ?“, fragte ich unschuldig.
„Na ja, Liebe auf den ersten Blick ist es jetzt, ehrlich gesagt, nicht unbedingt“, er verzog das Gesicht und musterte mich.
„Wenn du teilen kannst, ich steh auf Dreier“, damit rückte ich mich in Pose.
„Ich hab 'nen älteren Bruder und musste schon sehr früh lernen zu teilen. Aber Vorsicht, ich verteidige mein Stück unerbittlich“, gab er zurück, seine Augen blitzten hellgrau.
„Hach, schon schön so beliebt zu sein“, seufzte ich. „Wir treffen uns morgen Mittag zum Kicken. Bock?“
„Klar!“, strahlte er und ich erwiderte das Lächeln, bevor wir uns beide wieder unserem Essen widmeten...
Am nächsten Tag trafen wir uns wirklich, am Tag darauf erreichte mich ein Notruf seinerseits, weil er sich in der Innenstadt verlaufen hatte. Das musste wohl meinen Beschützerinstinkt geweckt haben, denn ab da trafen wir uns fast täglich oder telefonierten zumindest. Ich konnte ihn schließlich nicht in der bösen, fremden Stadt seinem Schicksal überlassen.
Zumindest bis jetzt.
Seit über einem halben Jahr Dauerbelastung schien mein Handy nun krank zu sein, denn es blieb verdächtig stumm. Ein, zwei andere Leute riefen an, darunter Elias, der sich erwartungsgemäß Sorgen machte. Ich vertröstete ihn, er glaubte mir nicht. Ich rechnete in spätesten zwei Tagen mit seinem Besuch, wenn ich mich selbst bis dahin nicht bei ihm meldete.
Aber auf Fußball oder sonstige Treffen mit der Clique hatte ich keine Lust. Um erneuten Anrufen aus dem Weg zu gehen, schaltete ich das Handy aus.
Gott, wie hatte sich mein Leben binnen so kurzer Zeit dermaßen verändern können? Wenn ich jetzt daran dachte, wie mein erster Eindruck von Johan gewesen war, und dass ich Elias zugestimmt hatte, dass Alwin nie etwas Interessantes anschleppte, hätte ich fast gelacht. Aber nur fast, denn dafür ging es mir immer noch
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