Neulandexpedition (German Edition)
Fertig. Und das wollte ich zeigen dürfen und nicht bei jeder Berührung Angst haben. Nur empfand er das ebenfalls so? Kurz erwiderte er meinen Blick, ehe er langsam nickte. Erleichtert atmete ich auf.
„Ich will mich auch nicht mehr verstecken“, lächelte er schwach. „Dann willst du es also auch den Anderen sagen?“
„Hm ... das wäre wohl das Beste. Wenn wir es nicht tun und sie kommen später dahinter, kommen sie sich verarscht vor. Und ich weiß nicht, ob ich es überhaupt verheimlichen könnte. Ich will's auch gar nicht! Ich will sie nicht belügen.“
„Ich auch nicht“, murmelte Jo und rührte in seinem Kaffee. „Was meinst du, wie werden sie reagieren?“
Wenn ich das Mal wüsste.
„Keine Ahnung“, gestand ich.
„Alwin weiß es“, meinte er plötzlich und ich stoppte überrascht beim Umrühren meines Kaffees.
„Alwin weiß es?“, echote ich.
„Er weiß von dem Kuss“, nickte Jo.
„Du hast es ihm gesagt? Aber meintest du nicht, es weiß niemand?“
„Ich hab ihm nur von dem Kuss erzählt. Er hat sowieso etwas in diese Richtung vermutet, weil wir uns so seltsam verhalten haben“, berichtete er. „Mehr hab ich ihm aber nicht erzählt. Sorry, ich hätte nicht-“
„Quatsch“, winkte ich ab. „Gegen Alwin ist 'ne Zitronenpresse nix. Wie hat er es aufgenommen?“
„Ich glaub nicht, dass er damit Probleme hat“, meinte Jo zögernd.
„Gut, wenigstens einer, der auf unserer Seite ist.“
„Du kennst sie besser. Wie schätzt du die Anderen ein?“, nervös spielte er mit einem Zuckerwürfel.
„Hm ... Meike wird mich umbringen, das ist sicher.“ Jo entwich ein Stöhnen und senkte betrübt den Kopf. „Und die Anderen ... Keine Ahnung“, zuckte ich die Schultern. So wirklich hatte ich mir auch darüber noch keine Gedanken gemacht. Schließlich sah es gestern noch ziemlich aussichtslos für mich aus. Warum sich über so etwas den Kopf zerbrechen. Aber jetzt...
„Elias?“, wollte Johan unbehaglich wissen.
Ja, Elias. Wie würde mein bester Freund darauf reagieren?
„Wir haben über so ein Thema irgendwie noch nie gesprochen. Also er hat nie: „Ihh wie ekelhaft“, gesagt, wenn mal ein schwules Pärchen im Fernsehen auftauchte oder so. Nur mit Cosmo hat er ein Problem, aber das hat einen anderen Grund. Also wär's für ihn wohl im Grunde kein Drama, wenn's nicht seinen besten Freund betreffen würde“, sprach ich meine Befürchtung aus. Was, wenn Elias mich deswegen ablehnen würde? Insgeheim war auch dies der Grund, warum ich mich ihm bis jetzt nicht anvertraut hatte. Ich hatte Angst.
„Und der Rest...“, ich zuckte die Schultern.
„Wie steht's mit deiner Familie? Willst du's der sagen?“
„Nein, meine Mutter würde es sowieso nicht interessieren. Wir haben kaum Kontakt und wo sich mein Erzeuger herumtreibt, weiß ich gar nicht.“ Ich sah, wie Jo sich auf die Lippen biss. „Was ist mit dir? Du fährst nächstes Wochenende doch nach Hause, oder?“
„Ja, und mal gucken, wie die Stimmung ist. Aber ich werd' es ihnen sagen“, meinte er entschlossen. „Für meinen Bruder werde ich danach zwar gestorben sein, aber ich hab keine Lust mehr auf das Versteckspiel.“
„Und deine Eltern? “
„Keinen Plan. Sie werden es vielleicht tolerieren, aber akzeptieren?“ Er klang nicht besonders zuversichtlich.
Ganz automatisch griff ich nach seiner Hand und drückte sie leicht. Ein sanftes Lächeln erschien um seinen Mund. „Aber ich werd' damit leben können, mit diesem Theaterspiel nicht.“
Am liebsten hätte ich ihn jetzt geküsst, aber so weit reichte mein Mut dann doch nicht. Bei seinen Worten, und dem Blick, mit dem er mich betrachtete, rief er gleich eine ganze Armee an Gefühlen auf den Plan.
Unbändige Freude, Aufregung, Stolz, aber auch ein leicht schlechtes Gewissen.
Er würde sich vielleicht wegen mir mit seiner Familie überwerfen und das wollte ich nicht. Es ihm ausreden würde ich allerdings auch nicht – es war seine Entscheidung. Und egal wie es ausgehen würde, ich nahm mir fest vor, für ihn da zu sein und hoffte inständig, dass er es niemals bereuen würde, diesen Weg nun zu gehen.
Während des restlichen Frühstücks unterhielten wir uns über angenehmere Themen und ließen es uns schmecken. Dabei erwischte ich mich auch heute dabei, wie ich ihn beobachtete. Hauptsächlich dann, wenn er sich über die Lippen leckte, nur diesmal war es mir nicht peinlich.
Als wir schließlich eine gute Stunde später das Café verließen, fragte
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