Neulandexpedition (German Edition)
durchführbar war, wusste ich nicht, bezweifelte es allerdings.
Ja, so ein toller Mensch, dass Bjorn sich nicht von ihr getrennt hat, weil er sie nicht mehr geliebt hat , erinnerte mich eine fiese kleine Stimme in meinem Hinterkopf.
„Hi, ich bin Rike“, lächelnd reichte sie mir eine Hand, der perlmuttfarbene Nagellack ihrer gepflegten Nägeln glänzte im Licht der Deckenleuchte.
„Jo“, quetsche ich hervor und schüttelte ihre Hand und zwang mich, nicht zu fest zuzudrücken.
„Bjorn hat mir schon eine Menge von dir erzählt“, schelmisch sah sie diesen an, der verlegen den Blick senkte.
Nur nicht das Wichtigste, schoss es mir durch den Kopf und Wut auf ihn stieg in mir auf. Warum? Warum hatte er ihr noch nichts von uns erzählt? Denn den Kontakt hielt er anscheinend ja sehr wohl mit ihr. Ein kleines „Ach übrigens, ich bin jetzt wieder vergeben“, hätte mir da schon gereicht. Dann hätte sie ihn wahrscheinlich nicht so abgeschlabbert.
„Magst du was trinken?“, schaltete er sich ein und ersparte mir eine Antwort. Auf Smalltalk mit ihr hatte ich verständlicherweise eh keine Lust. Was hätte ich sagen sollen?
„Oh, ich hab auch schon so Einiges von dir gehört, aber scharf drauf war ich nicht und gefallen hat es mir gleich dreimal nicht.“
Das hätte einen tollen ersten Eindruck gemacht und sie wohl zu der Meinung gebracht, Bjorn müsse vor einem Spinner wie mir gerettet werden. Vermutlich genau das, auf das Meike hoffte.
„Gern“, nickte sie und ging mit ihm zu der improvisierten Bar unter einem der Wohnzimmerfenster hinüber. Langsam folgte ich ihnen, obwohl ich am liebsten das Weite gesucht hätte. Doch das würde ich sicherlich nicht tun.
Erstens, weil ich Meike diesen Triumph nicht gönnte und zweitens, weil ich die beiden jetzt auf keinen Fall alleine lassen würde.
„Aber erstmal dein Geschenk.“ Damit überreichte sie ihm eine schlichte dunkelblaue Tüte, aus der Bjorn gleich darauf ein flaches großes Päckchen zutage förderte.
Mit Unbehagen verfolgte ich das Ganze, denn mein Geschenk war nicht unbedingt der Oberkracher gewesen. Ich hatte ihm Karten für eine Comicmesse geschenkt. In der letzten Zeit hatte ich ihn nämlich immer mal wieder dabei ertappt, wie er ein Plakat für selbige an einem Stromkasten nicht weit von seinem Haus betrachtete. Nicht nur er konnte Gedanken lesen, auch ich versuchte mich ab und zu darin.
Zwar sagte er nie etwas, weil er wusste, dass es nicht unbedingt mein Ding war, aber genauso klar war mir, dass er es liebte durch dieses bunte Wunderland zu schlendern und für ein paar Stunden wieder Kind zu sein. Zudem war er knapp bei Kasse und hätte sich die Karten selbst nie gegönnt.
Ich hatte sowohl meinen Bruder wie auch das Campingwochenende überlebt, da würde ich auch einen Sonntag lang das überstehen. Die Freude, die in seinen Augen aufgeblitzt war, als er die Karten ausgepackt hatte, war sowieso alles wert.
Aber was hatte sich seine Ex-Freundin wohl einfallen lassen?
Langsam öffnete er nun die Schleife, hob den Deckel an und linste hinein. Grinsend nahm er nacheinander zwei T-Shirts heraus. Das Eine war grau und Silvester jagte hinter Tweety her. Das Andere war ein Schwarzes, auf dem ein Brummbärchi prangte. Erneut nahm er sie kurz in den Arm, bedankte sich und meinte immer noch grinsend: „Willst du mir damit irgendetwas sagen?“ Er zeigte auf das schwarze Shirt und hob die Brauen an. Ich konnte wohl froh sein, dass sie nicht eins mit dem Lieb-mich-Bärchi ausgesucht hatte. Oder wohl besser gesagt sie , sonst wär' ich ihr nämlich an die Gurgel gegangen.
„Stimmt, Leo Löwenherz hätte besser gepasst. Na ja, vielleicht zu Weihnachten“, meinte Rike verschmitzt grinsend und ich ballte die Hände zu Fäusten. Sie plante offenbar bereits weiter.
Natürlich war klar, dass auch sie seinen Sammeltick, was Shirts mit Comicfiguren anging, kannte. Mann, sie kannte ihn wahrscheinlich besser als ich! Quatsch, natürlich kannte sie ihn besser. Sie waren schließlich zwei Jahre zusammen gewesen und hatten sich nur getrennt, weil sie im Ausland studieren wollte. Aber was, wenn sie jetzt zurückkam und da weitermachen wollte, wo sie aufgehört hatten? Alleine wie sie ihn ansah! Ich hatte gewusst, dass ich ihn in den Klamotten nicht hätte aus dem Haus gehen lassen dürfen! Er sah darin viel zu gut aus, was sie offenbar ebenso empfand.
Mein Radar funktionierte zwar was mich selbst betraf nicht besonders, im Bezug auf andere hingegen schon. Und
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