Neun Tage Koenigin
ist doch möglich, oder?“
Dr. Kirtland faltete seine Hände im Schoß. „Das ist einer der Gründe, weshalb ich Sie gebeten habe, diese Liste zu erstellen, Jane. Es mag ja sein, dass Sie Brad aus Bequemlichkeit geheiratet haben – vielleicht sogar, um es Ihren Eltern recht zu machen –, aber Ihre Ehe hat wahrscheinlich auch Gefühle tiefer Zuneigung und Anziehung hervorgerufen, die noch nicht da waren, als Sie Brad geheiratet haben. Und deswegen sind Sie so beunruhigt darüber, dass er Sie verlassen hat, und deshalb sind Sie nicht bereit, einfach aufzugeben, obwohl er Ihnen wehgetan hat. Also, um Ihre Frage zu beantworten: Ja, ich glaube, dass das möglich ist.“
„Aber ich bin nicht für Brads Glück verantwortlich.“
„Nein.“
„Was soll ich also tun? Ich weiß, dass ich ihn nicht glücklich machen kann, indem ich mir wünsche, dass er glücklich ist, oder?“
„Brad ist der Einzige, der Brad glücklich machen kann.“
„Dann soll ich also einfach nur abwarten?“
Er deutete auf das andere Blatt Papier auf dem Tisch. „Auf ihrer eigenen Liste haben Sie nur einen Punkt notiert.“
„Ich wusste nicht, was ich sonst noch schreiben sollte. Ich weiß wirklich nicht, was ich noch gerne tun oder ausprobieren würde.“
Dr. Kirtland lächelte. „Glauben Sie nicht, dass es dann an der Zeit wäre, es herauszufinden?“
Ich schaute auf das Blatt Papier, auf dem ganz oben nur die Sache mit dem Ring stand. Eine Weile herrschte Stille. Er wartete.
In meinem Inneren begann ein ganz kleiner Quell von Möglichkeiten zu sprudeln.
„Ich würde gern weiterstudieren und meinen Master machen. Ich möchte keine Angst mehr vor tiefem Wasser haben. Ich würde gern mal nach Nova Scotia fahren.“ Ich hielt inne und sah ihn erwachtungsvoll an.
Dr. Kirtland griff in seine Hemdtasche und gab mir seinen Stift.
Dreiunddreißig
Ich verließ Dr. Kirtland und kam um kurz nach drei an der U-Bahn-Station an der 86. Straße an. Ich trat hinaus auf die Straße und stand wie ein verirrter Tourist eine ganze Weile da und dachte über das Geschäft und das Gewicht der neuen Listen in meiner Jackentasche nach. Eigentlich hätte ich sofort wieder in den Laden gehen müssen, aber dann sah ich einen kleinen Zipfel von der Markise meines Lieblingsbuchladens, der nur einen Block entfernt war. Kurz darauf betrat ich den Laden, wo mir sofort der Geruch nach Papier, Kaffee und Ledereinbänden in die Nase stieg. Ein dünner Verkäufer mit stacheliger Gelfrisur, der etwa Mitte zwanzig war, fragte mich vom Kassentresen aus, ob er mir helfen könne.
Ich bat ihn, mir alles zu zeigen, was er über Lady Jane Grey dahätte.
Und übers Paddeln.
Und über Nova Scotia.
Als ich wieder in meinem Laden ankam, war Wilson gerade dabei, einen Hotdog zu verzehren, den er an einem mobilen Hotdog-Stand an unserer Straßenecke gekauft hatte.
„Verraten Sie’s bloß nicht meinem Kardiologen“, sagte er, während er sich ein bisschen Senf vom Kinn wischte.
„Es ist nur ein Hotdog, Wilson.“
„Na ja, eigentlich sind es zwei Hotdogs. Das hier war schon mein zweiter.“
Ich lächelte ihn an. „Man lebt schließlich nur ein Mal, oder?“
Er lächelte zurück. „Es könnten vielleicht sogar drei gewesen sein.“
Ich stellte die Tüte mit den Büchern auf den Tisch für Neuerwerbungen, an dem er saß. Stacy beobachtete mich von ihrem Posten vorn im Laden aus, wo sie gerade einen Verkauf in die Kasse eingab. Sie formte lautlos ein paar Worte und versuchte, mir dadurch etwas mitzuteilen, aber ich verstand es nicht. Ihr Gesichtsausdruck war jedoch lebhaft, fast begeistert. Sie konnte es offensichtlich gar nicht erwarten, den Kunden zu verabschieden, um dann mit mir reden zu können.
„Ich dachte, Sie wären in Brooklyn, um eine Untertasse abzuliefern“, sagte Wilson und deutete mit dem Kopf auf die auf dem Tisch stehende Tüte.
Ich nahm die Bücher heraus und legte sie so hin, dass die Buchrücken zu sehen waren. „Das habe ich auch. Und dann hatte ich einen Termin. Und dann war ich noch in einem Buchladen.“
Er legte seinen Hotdog hin, und ich sah, wie er sich die Buchtitel aufmerksam durchlas.
„Ich hab’s Ihnen doch gesagt“, meinte er einen Augenblick später.
„Was haben Sie mir gesagt?“
„Dass es nichts Wissenschaftliches über Lady Jane Greys Privatleben gibt.“
„Aber in diesen Büchern muss doch wenigstens irgendetwas Wahres stehen“, wandte ich zur Verteidigung ein.
Wilson nahm das erste Buch in die Hand. „Das
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