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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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zurückgezogen. Die Krankheit hatte aber auch etwas für alle gleichermaßen Barmherziges – dass es sehr schnell ging. Es gab Menschen, die morgens mit der Krankheit aufwachten und am Abend bereits tot waren, verbrannt vom Fieber, das begleitet wurde von Übelkeit und derart quälenden Kopfschmerzen, dass die Erkrankten den Tod herbeisehnten, welcher ihnen dann auch gewährt wurde.
    Meine Eltern schrieben, ich solle nach Hause kommen. Keine noch so gute Arbeitsstelle sei ein solches Risiko wert. Aber das änderte ja nichts an der Krankheit meines Vaters, und meine Mutter und er selbst konnten die hohen Kosten für seine Medikamente nicht allein bestreiten. Ich wusste, dass das Geld, welches ich regelmäßig nach Hause sandte, mit dazu beigetragen hatte, ihn am Leben zu erhalten. Wenn ich jetzt meine Stellung verließ, würde das mit Sicherheit sein Sterben beschleunigen.
    Und außerdem hatte ich Mylady lieb gewonnen.
    Jeden Tag war ich in Sorge gewesen, weil Lady Jane so viel Zeit bei den zahlreichen Festlichkeiten und Bällen verbrachte, bei denen sie mit vielen Menschen zusammenkam, und das alles nur, weil ihre Eltern darauf bestanden. Jedes Mal, wenn sie ihre Räumlichkeiten im Richmond Palace verließ, lief sie Gefahr, sich anzustecken.
    Der Marquis und die Marquise hatten unablässig versucht, die gesellschaftliche Position von Jane noch zu verbessern. Sobald der Aufruhr über die Hinrichtung des Lord Admirals abgeebbt war und die Menschen langsam vergaßen, dass jemals eine Verbindung zwischen Lady Jane und Lord Admiral Thomas Seymour bestanden hatte, bekam ich alle vierzehn Tage den Auftrag, ein neues Kleid für Mylady zu schneidern, damit sie am Hof als besonders gute Partie präsentiert werden konnte.
    Von einer Verlobung zwischen Seiner Majestät und der Tochter meines Arbeitgebers war nicht länger die Rede; dieser Plan schien also auf jeden Fall gescheitert zu sein – einer der vielen gescheiterten Pläne des Lord Admirals. Nachdem wir wieder in Bradgate waren, munkelten die Bediensteten des Hauses, dass Prinz Eduard mit einer französischen Prinzessin verlobt worden sei. Dieser Schritt stelle einen Versuch dar, die zänkischen Nachbarn auf der anderen Seite des Kanals ein wenig zu beschwichtigen.
    Und solche Gerüchte waren keineswegs nur nichtsnutziges Bedienstetengeschwätz. Der Kronrat, dem mittlerweile auch der Marquis angehörte, hatte wirklich ein solches Arrangement eingefädelt. Wenn Seine Majestät, der zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz vierzehn Jahre alt war, volljährig würde, würde die Hochzeit gefeiert. Jane hatte vom König persönlich von diesen Plänen erfahren, als sie Anfang des Sommers bei ihm zu Gast gewesen war.
    Am Morgen des besagten Ereignisses war die Marquise völlig nervös in Janes Zimmer auf und ab gegangen und hatte das Ankleiden für das Treffen mit dem König beaufsichtigt. Dabei hatte sie im einen Augenblick gescholten und Jane im nächsten Moment Ratschläge erteilt, als ob sie tatsächlich glaubte, dass es immer noch Hoffnung auf eine Eheschließung zwischen dem König und Lady Jane gäbe.
    Dabei hatte sogar ich erkannt, dass es dazu nie kommen würde.
    Jane tat an jenem Morgen, was sie immer tat: Sie bemühte sich nach Kräften, es ihrer Mutter recht zu machen. Bei jeder Anweisung der Marquise sagte sie artig: „Ja, Madam“, außer bei der Aufforderung, ihr später alles zu berichten, was der König gesagt hatte. Als die Marquise das verlangte, schloss ich gerade Janes Mieder und konnte spüren, wie Mylady sich verspannte. Ich spürte ihre Entrüstung über ein solches Ansinnen förmlich unter meinen Fingerspitzen, sodass mich schauderte. Ich war inzwischen seit drei Jahren Lady Janes Schneiderin, und ich wusste, dass sie diese abscheuliche Forderung nicht unkommentiert lassen würde.
    „Ich kann den König unmöglich entehren, indem ich ihn ausspioniere“, hatte Jane gesagt und dafür von ihrer Mutter einen kurzen, heftigen Schlag gegen den Hals bekommen, der sowohl sie als auch mich straucheln ließ und uns beinah zu Fall gebracht hätte.
    „Wie kannst du es wagen, mir so etwas zu unterstellen!“, schäumte die Marquise.
    Janes Rücken verspannte sich unter meinen Händen, während ich Mühe hatte, mein Gleichgewicht wiederzuerlangen. Dann fuhr ich fort, ihr Mieder zu verschließen. Ich versuchte, Mylady zu beruhigen, indem ich ihren Nacken mit meinem Daumen massierte, weil ich befürchtete, sie würde ihre Mutter gleich fragen, wie denn diese Art von

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