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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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Sofabezüge hatten einen gelblichen Cremeton, sodass der Gesamteindruck beruhigend war. Die Holzelemente der Einrichtung waren allesamt aus Mahagoni. An den Wänden hingen impressionistische Bilder. Eine große Vase mit Callas aus Seide stand auf dem Sims des weißen Marmorkamins. Rechts von der Stelle, an der wir standen, befand sich ein offener Essbereich mit einem Tisch für acht Personen und acht Stühlen, die alle ordentlich daruntergeschoben waren.
    „Dort ist noch ein Arbeitszimmer“, erklärte Brad und deutete auf eine geschlossene Glastür aus mattiertem Glas. „Die Schlafzimmer sind oben. Das Ehepaar, dem das Haus gehört, ist für ein Jahr in Saudi-Arabien. Er arbeitet dort als Bauingenieur oder so.“
    Ich konnte nichts sagen. In Brads Haus zu sein war so, als würde ich gerade aus dem Koma aufwachen und könnte mich an nichts mehr erinnern. Brad beobachtete mich, und ich nahm an, dass er sich fragte, was ich wohl von dem Ort hielt, den er sich zum Wohnen ausgesucht hatte. Er schlenderte zu einer L-förmigen Treppe und ging hinauf. Schweigend folgte ich ihm. Er deutete auf einen Raum rechts vom Treppenabsatz.
    „Das ist das, äh, Gästezimmer.“ Dann betrat er ein anderes Zimmer oben am Ende der Treppe. „Und das hier ist das Schlafzimmer.“
    Sein Zimmer also.
    Ich ging hinein und bekam noch mehr Mahagoni und noch mehr Landhausfarben zu sehen und noch mehr französische Impressionisten. Der Raum war mir fremd. Ich sah Brads Schuhe auf dem Fußboden stehen, sein Lieblingsrasierwasser auf der Kommode und auf der Stuhllehne den Hut, den er immer zum Angeln trug. Aber dieses wunderschöne Zimmer war mir völlig fremd.
    Brad stand mit meiner Tasche in der Hand neben mir und fragte sich wahrscheinlich gerade, wohin er sie stellen sollte.
    „Sollen wir wieder nach unten gehen?“, fragte er. „Ich mache uns noch einen koffeinfreien Kaffee.“
    Ich hörte ihn zwar, aber ich antwortete nicht, sondern griff nach dem einen Bettpfosten am Fußende. Das Holz fühlte sich unter meiner Berührung glatt und kühl an. Das Bett war zwar gemacht, aber die Tagesdecke lag ganz schief darauf und die Kissen einfach irgendwie da, ohne jegliche Symmetrie.
    Brad hatte noch nie ein Händchen für Deko gehabt. Er wusste nicht, wie man ein Bett macht und die Kissen hübsch arrangiert. Und ich hatte das immer liebenswert gefunden.
    Noch etwas, das ich auf die Liste setzen musste.
    Ich machte den Mund auf, um zu lachen, aber das, was herauskam, war kein Lachen, sondern ein ersticktes Schluchzen. Ich hörte, wie Brad hinter mir einen Schritt machte und dann stehen blieb. Im nächsten Moment lagen die Taschen auf dem Boden, und Brad nahm mich in die Arme, zögerlich und sehr langsam.
    „E-es tut mir leid…“, stammelte ich unter Tränen, denen ich offenbar nicht Einhalt gebieten konnte.
    „Ich bin derjenige, dem es leidtut“, widersprach er.
    Er streichelte mein Haar und meinen Rücken, sagte, dass er mir nicht wehtun wolle, mir nie hatte wehtun wollen.
    „Ich weiß“, flüsterte ich. Und das meinte ich auch wirklich so.
    Brad war doch rücksichtsvoll.
    Nach einer Weile hob ich meinen Kopf wieder von seiner Brust, wischte mir die Tränen von den Wangen und entschuldigte mich für meinen Ausbruch.
    Er strich mir mit dem Daumen am Kinn entlang, wo sich eine Tränenspur gebildet hatte. Und während er mich so ansah, mit einer Mischung aus Reue und Zärtlichkeit, da beugte er sich zu mir vor.
    Und küsste mich.
    Der nächste Moment war ein Durcheinander aus Verlangen, Hoffnung, Nostalgie, Kleidung und dem Miteinander zweier Körper, die einander vertraut waren.
    Mollys Schal war das erste Kleidungsstück, das zu Boden flatterte.

Fünfundzwanzig
    Ich wachte in einem fremden Bett auf. Allein. Meine erste Reaktion war Panik – ich wusste nicht, wo ich war. Ich schlug die Augen auf und erkannte meine Umgebung nicht wieder. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich erinnerte, in wessen Bett ich lag und was passiert war.
    Ich setzte mich in Brads Bett auf und schaute hinüber ins Bad.
    Die Tür stand offen, und durch das Oberlicht fiel Sonnenschein. Ein nasses Handtuch hing schief über der Glastür der Dusche. Ich streckte die Hand nach Brads Seite des Bettes aus, aber dort war es kühl.
    Ich stand auf, nahm meine kleine Übernachtungstasche und ging ins Bad. Ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt am Morgen von Brad zu erwarten hatte, wusste nicht, ob wir am vergangenen Abend einen gewaltigen Schritt vorangekommen waren oder ob

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