Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
Vom Netzwerk:
wir einfach unserer Einsamkeit und unserem Verlangen nachgegeben hatten. Wir hatten nicht geredet, aber ich hatte den Eindruck, dass wir auf einer bestimmten Ebene auf eine Weise wieder miteinander in Verbindung getreten waren, wie wir es schon seit Jahren nicht mehr erlebt hatten. Ich hatte Angst zu glauben, dass das, was da zwischen Brad und mir passiert war, mehr war als Sex. Ich hätte gern geglaubt, dass es mehr war, aber ich hatte auch Angst davor.
    An diesem Morgen zog ich meine eigenen Sachen an – einen Jeansrock und eine rote Bluse. Ich sprühte mir ein bisschen von Mollys Parfüm auf und fuhr mir mit einem nassen Kamm durchs Haar. Mein Make-up vom Vortag besserte ich aus, weil ich mich am Abend nicht mehr abgeschminkt hatte. Dann zog ich weiße Ballerinas an und war gespannt, wie die Begegnung mit Brad verlaufen würde.
    Als Letztes nahm ich noch Janes Ring vom Nachttisch und steckte ihn in die Tasche. Dann ging ich nach unten.
    Brad war nicht in der Küche, aber auf dem Tresen standen eine Kanne Kaffee und eine schwarze Tasse. Ich schenkte mir ein und warf einen Blick ins Wohnzimmer. Dort war Brad nicht. Im Esszimmer war er auch nicht, aber von der Esszimmertür aus konnte ich eine geöffnete Doppeltür sehen, die hinaus auf die Terrasse führte. Die Gardinen davor bauschten sich in der Morgenbrise.
    Als ich an der Tür ankam, sah ich Brad auf der Terrasse an einem Tisch sitzen, eine Tasse Kaffee vor sich. Er saß zurückgelehnt mit ausgestreckten Beinen da, die Zeitung lag neben seinem Kaffeebecher auf dem Tisch, aber sie war noch zusammengefaltet und ungelesen. Ich trat hinaus, ohne dass er mich bemerkte.
    „Kann ich mich zu dir setzen?“, fragte ich.
    Brad sah mich an und lächelte, aber es war ein zerknirschtes Lächeln.
    „Klar.“
    Ich setzte mich auf den Stuhl ihm gegenüber und atmete einmal möglichst unauffällig tief durch. Ich stellte meine Tasse ab und wartete, dass Brad etwas sagte.
    Kurz darauf beugte er sich vor und faltete die Hände vor sich.
    „Ich muss mich bei dir entschuldigen“, sagte er. „Es tut mir wirklich sehr leid, was gestern Nacht passiert ist.“
    „Mir tut es nicht leid.“
    Er hielt eine Hand hoch. „Nein, du sollst wissen, dass ich nicht die Absicht hatte … also, ich habe dich nicht hergeholt, um …“ Er beendete den Satz nicht, sondern brach mittendrin einfach ab, wie ein Schauspieler, der seinen Text vergessen hat.
    „Brad?“
    Es folgte ein kurzes Schweigen.
    „Ich wollte, dass du herkommst, damit wir reden können“, entgegnete er schließlich. „Ich hätte gestern erst gar nicht mit nach oben kommen, sondern einfach hier unten bleiben sollen.“
    Seine leise Entschuldigung tat ein bisschen weh, weil sie in gewisser Weise eine Zurückweisung bedeutete, auch wenn das nicht beabsichtigt war. Seine Sicht der ganzen Situation ließ mich schweigen.
    „Es gibt da etwas, das ich dir sagen muss“, fuhr Brad dann fort, ohne mich dabei anzusehen.
    Ich atmete ein und aus wie ein routinierter Sportler. „Was denn?“, fragte ich ganz ruhig, obwohl ich innerlich zitterte.
    Oh Gott, oh Gott.
    „Dass du eine Affäre hast?“ Die Worte schmeckten wie Metall auf meiner Zunge.
    „Nein, habe ich nicht.“
    Ich atmete aus.
    „Aber ich hätte beinah eine angefangen.“
    Einen Moment saß ich wie versteinert auf meinem Stuhl. „Was hast du gerade gesagt?“
    Er räusperte sich und wiederholte sein Geständnis mit anderen Worten. „Ich wollte eine Affäre anfangen.“
    Ich sprang auf und ging einmal bis ans andere Ende der Terrasse, unfähig, wirklich zu begreifen, was ich da gehört hatte. Das konnte einfach nicht wahr sein. Unmöglich. Die Stiefmütterchen in einem großen Blumentopf nickten mit den Köpfchen, als ich daran vorbeiging, und ich hätte sie am liebsten bei ihren dünnen Hälsen gepackt und aus der Erde gerupft.
    „Du hast mich angelogen.“ In meiner Stimme schwang harsche Zurechtweisung mit.
    „Du hast mich gefragt, ob ich ein Verhältnis habe, und ich habe dir gesagt, dass ich keins habe. Und ich habe auch keins. Und was auch immer das war, was ich gehabt habe, es ist vorbei. Und ich habe nie mit ihr geschlafen, Jane.“
    Das Wort „geschlafen“ zerriss mich beinah, und ich schloss die Augen.
    „Hör auf.“
    „Ich hab’s nicht getan. Ich habe nie mit ihr geschlafen!“
    Wut und Übelkeit purzelten in meinem Magen durcheinander. Ich wollte an Brad vorbei zur Tür stürmen, die wieder ins Wohnzimmer führte, aber er stand auf und packte mich

Weitere Kostenlose Bücher