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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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und aß. Es schmeckte andeutungsweise wie Fleisch. Als die Dose leer war, warf er sie in die Feuerstelle und ging hinaus.
    Später Nachmittag, der Stärke und dem Stand der Sonne nach zu urteilen. Er schleuderte die feuchten Nylonschuhe von den Füßen und stellte überrascht fest, wie warm der Sand war. Bei Tageslicht hatte der Strand einen silbergrauen Ton. Der Himmel war wolkenlos blau. Er marschierte um den Bunker herum und ging zum Meer. Seine Jacke ließ er in den Sand
fallen. »Keine Ahnung, wessen Erinnerungen du dafür benutzt«, sagte er, als er am Wasser angelangt war. Er schälte sich aus seiner Jeans, stieß sie mit dem Fuß in die seichten Wellen und folgte ihnen in T-Shirt und Unterhose.
    »Was machst du da, Case?«
    Er wandte sich um und sah sie zehn Meter weiter unten am Strand stehen; weißer Schaum umspielte ihre Knöchel. »Hab mich gestern Abend vollgepisst«, sagte er.
    »Na, das Zeug solltest du so nicht mehr anziehn. Salzwasser. Wirst wund davon. Ich zeig dir den Teich in den Felsen.« Sie deutete flüchtig hinter sich. »Süßwasser.« Der ausgewaschene französische Overall war über den Knien abgerissen; die Haut darunter war glatt und braun. Eine Brise strich durch ihre Haare.
    »Hör mal«, sagte er, raffte seine Kleider zusammen und ging zu ihr. »Ich hab da mal’ne Frage an dich. Ich will gar nicht wissen, was du hier machst. Aber was, glaubst du wohl, mache ich hier?« Er blieb stehen, ein nasses, schwarzes Hosenbein klatschte gegen seinen nackten Oberschenkel.
    »Du bist gestern Abend gekommen«, sagte sie lächelnd.
    »Und das genügt dir? Ich bin einfach gekommen?«
    »Er hat gesagt , dass du kommst.« Sie zog die Nase kraus und zuckte mit den Achseln. »Solche Sachen weiß er eben.« Sie hob den linken Fuß und rieb sich damit unbeholfen und kindlich das Salz vom anderen Knöchel. Sie lächelte ihn wieder an, diesmal zaghafter. »Und jetzt beantwortest du mir’ne Frage, ja?«
    Er nickte.
    »Wie kommt’s, dass du überall so braun angemalt bist, bis auf den einen Fuß?«
     
    »Und das ist das Letzte, woran du dich erinnerst?« Er sah ihr zu, wie sie die Reste des gefriergetrockneten Mischmaschs auf
dem rechteckigen Stahldeckel zusammenkratzte, ihrem einzigen Teller.
    Sie nickte. Ihre Augen wirkten groß im Feuerschein. »Tut mir leid, Case, ehrlich. Lag nur am Stoff, glaub ich, und …« Sie beugte sich vor, die Arme über den Knien verschränkt; ihr Gesicht verzerrte sich einen Moment lang vor Schmerz oder wegen der Erinnerung daran. »Ich hab halt das Geld gebraucht. Um heimzukommen, schätz ich mal, oder … ach, Scheiße, du hast ja kaum mit mir geredet.«
    »Gibt’s hier keine Zigaretten?«
    »Verdammt nochmal, Case, das hast du mich heute schon zehnmal gefragt! Was is’n los mit dir?« Sie zog eine Haarsträhne in den Mund und kaute darauf herum.
    »Aber das Essen war da? Es war schon da?«
    »Mann, ich hab doch gesagt, es ist angespült worden an dem Scheißstrand.«
    »Okay. Klar. Es ist wasserdicht.«
    Sie begann wieder zu weinen, ein trockenes Schluchzen. »Ach, du kannst mich mal, Case«, brachte sie schließlich hervor. »Mir ging’s hier prächtig ohne dich.«
    Er stand auf, nahm seine Jacke und ging gebückt durch die Tür hinaus, wobei er sich am rauen Beton das Handgelenk aufschürfte. Windstille, kein Mond, nur das Meer rauschte ringsum in der Dunkelheit. Seine Jeans war eng und feucht. »Schon gut«, sagte er zur Nacht, »ich glaub’s ja. Mein ich jedenfalls. Aber morgen sollten endlich mal’n paar Zigaretten angespült werden.« Sein eigenes Lachen erschreckte ihn. »Kasten Bier würde auch nicht schaden, wenn du schon dabei bist.« Er wandte sich um und ging in den Bunker zurück.
    Sie stocherte mit einem silbrigen Holzscheit in der Glut. »Wer war das, Case, oben in deinem Sarg im Cheap Hotel? So’ne schicke Samurai-Lady mit versilberter Sonnenbrille und Lederkluft. Hat mir Angst gemacht, und hinterher hab ich gedacht,
sie ist vielleicht deine Neue, obwohl sie aussah, als ob sie mehr Kohle hätte als du …« Sie warf ihm einen raschen Blick zu. »Tut mir echt leid, dass ich dein RAM geklaut hab.«
    »Macht nichts«, sagte er. »Unwichtig. Hast es also einfach zu dem Kerl rübergeschafft, und der hat das Ding für dich angezapft?«
    »Tony«, sagte sie. »Wir haben uns ab und zu gesehn und so. Er war voll drauf, und wir … Na ja, jedenfalls weiß ich noch, dass er’s auf seinem Monitor abgespielt hat. Waren echt scharf, die Bilder, und ich weiß

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