Neuromancer-Trilogie
Haut spannte sich über kantige Züge und eine hohe Stirn. Er trug ein sorgfältig gebügeltes Military-Hemd zu Jeans und Ledersandalen.
»Du bist für die Sicherheit dieser Simstim-Kids zuständig«, sagte der blasse Mann und stellte einen der Drinks auf Turners
Tisch. »Hat mir Alfredo gesagt.« Alfredo war einer der Barkeeper des Hotels.
Turner blickte zu dem Mann hoch, der offensichtlich nüchtern war und nicht gerade unter mangelndem Selbstbewusstsein zu leiden schien. »Ich glaube nicht, dass wir uns kennen«, sagte Turner, ohne Anstalten zu machen, den spendierten Drink anzunehmen.
»Macht nichts«, sagte Conroy. »Wir sind im gleichen Geschäft.« Und damit saß er auch schon.
Turner starrte ihn an. Der Mann hatte die Ausstrahlung eines Bodyguards; aus den Konturen seines Körpers sprachen Unruhe und Wachsamkeit, und nur wenige Fremde würden auf derart legere Weise in seine Privatsphäre eindringen.
»Weißt du«, sagte der Mann so beiläufig, als würde er über eine zur Zeit nicht besonders erfolgreiche Mannschaft reden, »deine seismischen Sensoren, die bringen’s nun überhaupt nicht. Ich kenne Leute, die könnten da locker reinmarschieren, deine Kleinen zum Frühstück verspeisen, die Knochen in der Dusche stapeln und pfeifend von dannen spazieren. Und die seismischen Sensoren würden behaupten, dass überhaupt nichts passiert ist.« Er nippte an seinem Drink. »Aber für deine Leistung kriegst du’ne Eins. Du hast echt was drauf.«
Der Spruch von den Knochen in der Dusche war zu viel. Turner beschloss, den Blassen fertigzumachen.
»Kuck mal, Turner, da ist deine Hauptdarstellerin.« Der Mann lächelte zu Jane Hamilton hinauf, die sein Lächeln erwiderte. Ihre großen blauen Augen waren klar und makellos; jede Iris war von den winzigen Goldlettern des Zeiss-Ikon-Logos eingefasst. Turner erstarrte; seine Entschlossenheit geriet für den Bruchteil einer Sekunde ins Wanken. Der Star war nahe, zu nahe, und der blasse Mann stand auf …
»Nett, dich kennengelernt zu haben, Turner«, sagte er. »Wir sehen uns wieder, früher oder später. Hör auf mich, was
die seismischen betrifft: Verstärk sie mit einem Sirenenring.« Und dann wandte er sich um und ging. Die Muskeln unter dem festen Stoff seines braunen Hemdes bewegten sich geschmeidig.
»Nett, Turner«, sagte Hamilton und setzte sich auf den Platz des Fremden.
»Hm?« Turner sah dem Mann nach, der im Gewimmel des überfüllten Foyers zwischen Touristen mit rosiger Haut verschwand.
»Du scheinst nie mit jemandem zu reden. Du siehst immer so aus, als würdest du die Identität der Leute prüfen und einen Bericht über sie schreiben. Freut mich zu sehen, dass du dich zur Abwechslung mal mit wem anfreundest.«
Turner sah sie an. Sie war zwanzig, vier Jahre jünger als er, und verdiente pro Woche ungefähr das Neunfache seines Jahresgehalts. Sie hatte sich die blonden Haare für die Rolle ganz kurz geschnitten, war tief gebräunt und sah aus, als würde sie von innen mit einer Höhensonne beleuchtet. Die blauen Augen waren unmenschlich perfekte optische Instrumente aus japanischer Organzucht. Sie war Schauspielerin und Kamera in einem. Ihre Augen waren mehrere Millionen Neue Yen wert. In der Hierarchie der Sense/Net-Stars zählte sie kaum.
Er blieb mit ihr in der Bar sitzen, bis sie zwei Drinks geleert hatte, und begleitete sie dann zum Zimmerblock zurück.
»Du hast wohl keine Lust, noch auf einen Drink mit reinzukommen, was, Turner?«
»Nein«, sagte er. Das war der zweite Abend, an dem sie ihm so ein Angebot machte, und er spürte, dass es das letzte Mal sein würde. »Ich muss die seismischen Sensoren checken.«
Später rief er dann in New York an und ließ sich die Nummer einer Firma in Mexico City geben, die ihm Sirenen für die Absicherung des Zimmerblocks liefern konnte.
Aber eine Woche später waren Jane und drei weitere Leute, die halbe Besetzung der Serie, tot.
»Wir können die Ärzte jetzt rausrollen«, sagte Webber. Turner sah, dass sie fingerlose braune Lederhandschuhe trug. Sie hatte die Sonnenbrille durch eine Schießbrille mit hellen Gläsern ersetzt; eine Pistole hing an ihrer Hüfte. »Sutcliffe sitzt vor den Monitoren der Überwachungsanlage und beobachtet die Umgebung. Alle andern brauchen wir, um die Scheißkiste durchs Gestrüpp zu kriegen.«
»Mich auch?« »Ramirez sagt, er kann kurz vorm Einstecken nichts allzu Anstrengendes machen. Wenn du mich fragst, ist er nur’n fauler Sack aus L. A.«
»Nein«, sagte
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