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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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…«
    »Und was?«

    »Pferde«, krächzte Bobby heiser.
    »Bobby, weißt du, was eine Metapher ist?«
    »Eine Komponente? Wie’n Kondensator?«
    »Nein. Vergiss das mit der Metapher. Wenn Beauvoir oder ich mit dir über die Loa und ihre Pferde reden, wie wir die wenigen Auserwählten nennen, die von den Loa geritten werden, solltest du dir sagen, dass wir zwei Sprachen gleichzeitig sprechen. Eine davon verstehst du schon, die Sprache, die du Straßen-Tech nennst. Auch wenn wir andere Wörter gebrauchen, reden wir Tech. Vielleicht bezeichnen wir etwas als Ougou Feray, was du Eisbrecher nennen würdest, okay? Aber zur gleichen Zeit reden wir mit den gleichen Worten von andern Dingen, die du nicht verstehst. Nicht zu verstehen brauchst.« Lucas steckte seinen Zahnstocher weg.
    Bobby holte tief Luft. »Beauvoir hat gesagt, Jackie ist’n Pferd für’ne Schlange,’ne Schlange, die Danbala heißt. Kannste mir das in Straßen-Tech übersetzen?«
    »Sicher. Stell dir Jackie als Deck vor, Bobby, als Cyberspace-Deck, ein sehr hübsches mit’nem netten Gestell.« Lucas grinste, und Bobby wurde rot. »Stell dir Danbala, den manche die Schlange nennen, als Programm vor. Sagen wir, als Eisbrecher. Danbala kommt ins Jackie-Deck rein, und Jackie bricht Eis. Das ist alles.«
    »Okay.« Bobby begriff es allmählich in groben Zügen. »Aber was ist dann die Matrix? Wenn sie’n Deck ist und Danbala ein Programm, was ist dann der Cyberspace?«
    »Die Welt«, sagte Lucas.
     
    »Am besten gehn wir von hier zu Fuß«, sagte Lucas.
    Der Rolls kam lautlos und seidenweich zum Stehen. Lucas knöpfte sich das Jackett zu und stand auf. »Ahmed erregt zu viel Aufsehen.« Er nahm seinen Stock, und die Tür entriegelte sich mit einem leisen Klacken.

    Bobby stieg hinter ihm aus. Der unverkennbare, typische Geruch des Sprawl schlug ihnen entgegen, ein schweres Gemisch aus stickiger U-Bahn-Abluft, uraltem Ruß und den karzinogenen Ausdünstungen frischer Kunststoffe, alles noch durchsetzt vom Kohlendioxid-Gestank illegaler fossiler Brennstoffe. Hoch oben im reflektierten Schein der Bogenlampen verdeckte eine der unfertigen Fuller-Kuppeln zwei Drittel des lachsrosa Abendhimmels; die gezackte Kante wirkte wie eine Bruchstelle in einer grauen Honigwabe. Das Kuppelflickwerk des Sprawl erzeugte oftmals unerwünschte Mikroklimata. Da gab es wenige Blocks große Flächen, wo ein ständiger Nieselregen aus Kondenswasser von den rußigen geodätischen Kuppeln fiel, und Gegenden mit besonders hohen Kuppeln, die für ihre statischen Entladungen bekannt waren, eine spezielle, urbane Variante des Gewitterblitzes. Eine steife Brise wehte, als Bobby Lucas durch die Straße folgte, ein warmer, staubiger Wind, der vermutlich mit Druckschwankungen im sprawlweiten U-Bahn-Netz zu tun hatte.
    »Denk dran, was ich dir gesagt habe«, mahnte Lucas, der zum Schutz gegen den Staub die Augen zusammenkniff. »Der Mann ist weit mehr als das, was er zu sein scheint. Aber auch wenn es nicht so wäre – du schuldest ihm einen gewissen Respekt. Wenn du’n Cowboy werden willst, dann lernst du jetzt gleich eine Größe des Geschäfts kennen.«
    »Ja, okay.« Bobby wich einer grau angelaufenen Endlospapierfahne aus, die sich um seinen Knöchel wickeln wollte. »Bei dem habt ihr beide also das Programm …«
    »Pst! Nicht! Denk dran, was ich dir gesagt habe! Was du auf offener Straße sagst, kannst du genauso gut gleich ans schwarze Brett schlagen.«
    Bobby zog eine Grimasse und nickte dann. Scheiße. Er baute ständig Mist. Da war er nun mit einem Oberbonzen unterwegs und steckte bis zum Hals in einer abgedrehten Sache,
und er benahm sich ständig wie ein Wilson. Oberbonze. Das war das richtige Wort für Lucas, und für Beauvoir auch. Das Voodoo-Gequatsche war bloß ein Spiel, das sie mit den Leuten trieben, entschied er. Im Rolls hatte Lucas eine komische lange Geschichte über Legba, den Loa der Kommunikation, den »Meister der Straßen und Wege«, vom Stapel gelassen und erklärt, der Mann, den sie besuchen würden, sei ein Liebling von Legba. Als Bobby fragte, ob der Mann auch ein Oungan sei, verneinte Lucas. Er sagte, der Mann habe Legba sein Leben lang begleitet und sei so nah bei ihm gewesen, dass er den Loa gar nicht bemerkt habe; dieser sei praktisch ein Teil von ihm, wie sein Schatten. Dieser Mann, sagte Lucas, habe ihnen die Software verkauft, die Two-a-Day an Bobby vermietet hatte.
    Lucas ging um eine Ecke und hielt an. Bobby war dicht hinter ihm. Sie standen vor

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