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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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sich machen lässt. Wir haben letzte Nacht was gehört. Vielleicht’nen Überschallknall. Was mit dir zu tun?«
    »Ja. Oben am Eichhörnchenwald liegt ein Jet. Ist aber ziemlich gut getarnt.«
    Rudy seufzte. »Ach du Schande. Na, dann bring sie mal rein.«
     
    Seit Rudy das Haus übernommen hatte, war das meiste verschwunden, woran Turner sich vielleicht erinnert hätte, und irgendwo in seinem Innern empfand er eine diffuse Dankbarkeit dafür. Er schaute zu, wie die Blondine Eier in eine Stahlschüssel schlug, Eier mit dunkelgelbem Dotter von freilaufenden Hühnern, die Rudy selbst hielt. »Ich bin Sally«, sagte sie, während sie die Eier mit einer Gabel verrührte.
    »Turner.«
    »Er nennt dich auch immer nur so«, sagte sie. »Er redet nicht viel von dir.«
    »Wir haben nicht sonderlich viel Kontakt. Vielleicht geh ich jetzt mal rauf und helf ihm.«
    »Bleib sitzen. Dein kleines Mädchen ist bei Rudy gut aufgehoben. Er hat’n Händchen dafür.«

    »Auch wenn er sternhagelvoll ist?«
    »Nur’n bisschen angetütert. Er operiert sie ja nicht, sondern pappt ihr nur’n paar Derms drauf und verarztet den Knöchel.« Sie zerdrückte trockene Tortilla-Chips in einer schwarzen Pfanne mit brutzelnder Butter und goss die Eier drauf. »Was ist mit euren Augen, Turner? Ihr habt alle beide …« Sie verrührte die Mischung mit dem verchromten Spatel und kippte Salsa aus einer Plastikflasche drüber.
    »Kommt vom Beschleunigungsandruck. Wir mussten schnell starten.«
    »Hat sie sich dabei den Knöchel verletzt?«
    »Kann sein. Keine Ahnung.«
    »Ist jetzt jemand hinter dir her? Hinter ihr?« Sie holte geschäftig Teller aus dem Schrank über der Spüle. Das billige braune Laminat der Schranktüren löste bei Turner eine plötzliche Anwandlung von Nostalgie aus; ihre braunen Handgelenke erinnerten ihn an die seiner Mutter.
    »Wahrscheinlich«, sagte er. »Ich weiß nicht, was gespielt wird. Noch nicht.«
    »Hier, iss.« Sie beförderte das Gemisch auf einen weißen Teller und kramte nach einer Gabel. »Rudy hat Schiss vor den Typen, die du am Hals haben könntest.«
    Er nahm den Teller, die Gabel. Die Eier dampften. »Ich auch.«
     
    »Ich hab’n paar Sachen zum Anziehen«, sagte Sally über das Rauschen der Dusche hinweg. »’n Freund von Rudy hat sie hiergelassen. Müssten dir passen.« Die Dusche funktionierte nach dem Schwerkraftprinzip: Regenwasser von einem Sammelbecken auf dem Dach, ein dicker weißer Filter im Rohr über dem Brausekopf. Turner steckte blinzelnd den Kopf durch den milchigen Plastikvorhang. »Danke.«
    »Das Mädchen ist bewusstlos«, sagte sie. »Rudy tippt auf Schock, Erschöpfung. Er sagt, ihre Werte sind aber okay, so
dass er den Check auch jetzt gleich machen kann.« Dann ging sie hinaus und nahm Turners Hose und Oakeys Hemd mit.
     
    »Was ist sie?« Rudy hielt ihm einen zerknitterten silbrigen Printout-Streifen hin.
    »Das sagt mir gar nichts.« Turner schaute sich in dem weißen Raum nach Angie um. »Wo ist sie?«
    »Sie schläft. Sally ist bei ihr.« Rudy wandte sich um und ging wieder zum anderen Ende des Raums, und Turner fiel ein, dass dies früher das Wohnzimmer gewesen war. Rudy fing an, die Konsolen abzuschalten; ein Kontrolllämpchen nach dem anderen erlosch. »Ich versteh das nicht, Mann, ich versteh das echt nicht. Was ist das, eine Art Krebs?«
    Turner ging ebenfalls zum anderen Ende des Zimmers, vorbei an einem Arbeitstisch, auf dem ein Mikromanipulator unter seiner Schutzhaube bereitstand. Vorbei an den staubigen, rechteckigen Augen einer Reihe alter Monitore, von denen einer einen Sprung hatte.
    »Sie hat’s im ganzen Kopf«, sagte Rudy. »Lauter lange Ketten. So was hab ich noch nie gesehen. Noch nie.«
    »Wie viel weißt du über Biochips, Rudy?«
    Rudy grunzte. Er wirkte jetzt völlig nüchtern, aber angespannt und erregt. Immer wieder fuhr er sich mit den Fingern durch die Haare. »Das hab ich mir schon gedacht. Ist’ne Art … Kein Implantat. Ein Transplantat.«
    »Wozu ist es gut?«
    »Wozu? Herrgott. Was weiß ich! Wer hat das gemacht? Jemand, für den du arbeitest?«
    »Ihr Vater, glaub ich.«
    »Du meine Güte.« Rudy wischte sich mit der Hand über den Mund. »Wirft Schatten wie’n Tumor beim Durchleuchten, aber ihre Werte sind in Ordnung, normal. Wie ist sie denn sonst so?«

    »Keine Ahnung.’n Kind eben.« Turner zuckte mit den Achseln.
    »Verdammte Scheiße«, sagte Rudy. »Wundert mich, dass sie überhaupt laufen kann.« Er öffnete einen kleinen

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