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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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unmöglichen Wind , der nun aus den grauen Verwerfungen blies, einem feuchtheißen Brodem, der Gerüche mit sich trug, die Bobby nicht identifizieren konnte. »Und sie preist die Jungfrau! Hör mir zu, kleine Schwester! La Vyèj ist wahrlich schon sehr nah!«
    »Ja«, sagte die andere Stimme, »sie zieht gerade durch mein Reich. Ich herrsche über Straßen und Wege.«
    »Aber ich, Ougou Feray, sage dir, dass deine Feinde ebenfalls nahen! Zu den Toren, Schwester, und nimm dich in Acht!«
    Und dann verblassten die grauen Felder, schwanden und schrumpften …

    »Steck aus«, sagte Jackie. Ihre Stimme war leise und fern. Und dann: »Lucas ist tot.«
     
    Jammer nahm eine Flasche Scotch aus der Schreibtischschublade und goss sorgfältig sechs Zentimeter des Stoffs in ein Highball-Glas aus Plastik. »Du siehst total beschissen aus«, sagte er zu Jackie, und Bobby wunderte sich über den sanften Ton in der Stimme des Mannes. Sie waren seit mindestens zehn Minuten aus der Matrix zurück, aber bisher war kein Wort gefallen. Jackie sah fertig aus und kaute ständig auf ihrer Unterlippe herum. Jammer schien entweder unglücklich oder wütend zu sein, Bobby war sich da nicht sicher.
    »Wieso hast du gesagt, Lucas ist tot?«, fragte Bobby, weil es ihm so vorkam, als würde die Stille Jammers vollgestopftes Büro wie Schlamm ausfüllen und ihn ersticken.
    Jackie sah ihn an, aber ihr Blick schien durch ihn hindurchzugehen. »Sie würden nicht so zu mir kommen, wenn Lucas noch lebte«, sagte sie. »Es gibt Pakte, Übereinkünfte. Legba wird immer als Erster beschworen, aber er hätte mit Danbala kommen müssen. Seine Persönlichkeit hängt von dem Loa ab, mit dem er sich manifestiert. Lucas ist ganz bestimmt tot.«
    Jammer schob das Whiskyglas über den Tisch, aber Jackie, die noch die Troden aus Chrom und schwarzem Nylon auf der Stirn hatte, schüttelte den Kopf. Er machte ein genervtes Gesicht, zog das Glas zurück und kippte den Inhalt selber hinunter. »So ein Riesenscheiß. Ihr habt euch wesentlich vernünftiger angehört, bevor ihr angefangen habt, mit denen rumzumachen.«
    »Wir haben sie nicht hergeholt, Jammer«, sagte sie. »Die waren einfach da , und sie haben uns gefunden, weil wir sie verstanden haben.«
    »Ist doch derselbe Scheiß«, sagte Jammer müde. »Was immer sie sein mögen und woher sie auch kommen, sie haben
die Gestalt angenommen, die ein paar hysterische Nigger sehen wollten. Kannst du mir folgen? Absolut unmöglich, dass da draußen was ist, was in so’nem beknackten Urwaldhaitianisch angequatscht werden will. Ihr und euer Voodoo-Zauber! Die haben das gecheckt und’ne Chance drin gesehen, euch dranzukriegen. Beauvoir und Lucas und Konsorten sind in erster Linie Geschäftsleute. Und diese gottverdammten Dinger wissen, wie man Geschäfte macht! Ist doch sonnenklar!« Er schraubte den Deckel zu und verstaute die Flasche wieder in der Schublade. »Weißt du, Schätzchen, könnte doch sein, dass dich irgend so’n großes Tier mit’ner Masse Leute im Gitter gelinkt hat. Jemand, der dieses Zeug, den ganzen Scheiß projiziert … Du weißt doch, dass das möglich ist, oder? Oder, Jackie?«
    »Garantiert nicht«, sagte Jackie kalt und bestimmt. »Aber ich kann dir nicht erklären, woher ich das weiß.«
    Jammer zog ein flaches schwarzes Plastikding aus der Tasche und fing an, sich zu rasieren. »Klar«, sagte er. Der Rasierer summte, als er die Kinnpartie bearbeitete. »Ich hab acht Jahre im Cyberspace gelebt , ja? Und ich weiß, da draußen war nichts, damals jedenfalls nicht … Wie auch immer, soll ich Lucas mal anrufen, um dich zu beruhigen? Haste die Nummer von seinem Rolls?«
    »Nein«, sagte Jackie. »Spar dir die Mühe. Am besten verkriechen wir uns, bis Beauvoir kommt.« Sie stand auf, nahm die Troden ab und griff sich ihren Hut. »Ich hau mich aufs Ohr und versuch mal,’ne Runde zu schlafen. Kümmer du dich um Bobby.« Sie drehte sich um und ging wie eine Schlafwandlerin zur Tür des Büros, als hätte sie ihre gesamte Energie verbraucht.
    »Na toll«, sagte Jammer, der jetzt die Partie über der Oberlippe rasierte. »Willste’nen Drink?«, fragte er Bobby.
    »Noch’n bisschen früh dafür, oder?«

    »Für dich vielleicht.« Jammer steckte den Rasierer wieder in die Tasche. Die Tür schloss sich hinter Jackie. Jammer beugte sich etwas vor. »Wie haben sie ausgesehen, Junge? Kannst du sie beschreiben?«
    »Irgendwie gräulich. Verschwommen …«
    Jammer machte ein enttäuschtes Gesicht. Er sank

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