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Neuromancer

Neuromancer

Titel: Neuromancer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Armitage?«
    »Eine AI, glaubt ihr also? Dabei dürfen die gar nicht autonom arbeiten.
    Es wird die Muttergesellschaft sein, diese Tessel...«
    »Tessier-Ashpool SA«, sagte der Finne. »Und ich hab für euch 'ne kleine
    Geschichte über sie. Wollt ihr sie hören?« Er setzte sich hin und lehnte
    sich vor.
    »Der Finne«, sagte Molly, »liebt Geschichten.«
    26
    Turing = engl. Mathematiker, der 1936 eine ideale Universalrechenmaschine (»Turing-Maschine«) beschrieb, die eine Un-zahl komplizierter mathematischer und logischer Probleme lösen konnte. - Der Übers.
    27
    Künstliche Intelligenz = engl. Artificial Intelligence (AI) – Der Übers.
    74
    »Aber die hab ich noch keinem erzählt«, begann der Finne.
    Der Finne war ein Hehler, vornehmlich für Software. Im Zuge seiner Geschäfte kam er zuweilen mit andern Hehlern in Kontakt, die teilweise mit traditionellerer Ware dieser Branche handelten: edlen Metallen, Briefmar—ken, seltenen Münzen, Edelsteinen, Schmuck, Pelzen und Gemälden und
    anderen Kunstgegenständen. Die Geschichte, die er Molly und Case erzählte, begann mit der Geschichte eines andern, den er Smith nannte.
    Smith war ebenfalls Hehler, betätigte sich jedoch in ruhigeren Zeiten als Kunsthändler. Er war der erste, den der Finne kannte, der - für Case hatte der Ausdruck einen nostalgischen Beiklang - »ins Silikon gegangen« war.
    Die Mikrosofts, die er kaufte, waren kunstgeschichtliche Programme und
    Auflistungen der Galerieverkäufe. Mit einem halben Dutzend Chips in seinem neuen Kontakt verfügte Smith über ausgezeichnete Kenntnisse der Kunstszene, zumindest am Standard seiner Kollegen gemessen. Einmal
    nun kam Smith zum Finnen mit der Bitte um Hilfe, »Amtshilfe« zwischen
    Kollegen sozusagen. Er wollte Info über den Tessier-Ashpool-Clan. Allerdings seien die Recherchen so durchzuführen, daß garantiert keine Rückschlüsse auf den Urheber der Nachforschungen möglich wären, wie er be—tonte. Das sei machbar, hatte der Finne darauf gemeint, aber es sei auf alle Fälle eine Erklärung fällig. »Es roch«, sagte der Finne zu Case, »roch nach Geld. Und Smith war sehr vorsichtig. Fast übervorsichtig.«
    Smith, so zeigte sich, hatte einen Lieferanten namens Jimmy. Dieser Jimmy, unter anderem ein Einbrecher, war gerade von einem einjährigen Aufenthalt im Orbit zurückgekommen und hatte dabei Ware durch den Gravitationsschacht heruntergeschafft. Das ausgefallenste Stück, das Jimmy auf seinem Streifzug auf dem Archipel erbeuten konnte, war ein Kopf, eine kunstvoll gearbeitete Büste aus Cloisonne auf Platin mit Perlen-und Lapislazuli-Besatz. Smith legte seufzend sein Taschenmikroskop weg und riet Jimmy, das Ding einzuschmelzen. Es sei eine moderne Arbeit keine Anti—quität und habe keinen Sammlerwert. Jimmy lachte. Das Ding sei ein Com—
    puterterminal, sagte er. Es könne sprechen. Aber nicht mit synthetischer
    Stimme, sondern einem bildhübschen Werk aus Miniaturpfeifen. Ein ganz
    und gar nicht alltägliches Stück, wenn man bedenke, daß Chips für synthetische Sprachausgabe spottbillig zu kaufen seien. Ein Unding also, ein Ku-riosum. Smith steckte den Kopf an seinem Computer ein und lauschte, 75
    wie die melodische Automatenstimme die Beträge der letztjährigen Steu—
    ererstattungen flötete.
    Zum Kundenkreis von Smith gehörte ein Milliardär aus Tokio, dessen
    Sammlerleidenschaft für mechanisches Spielzeug an Fetischismus grenzte.
    Smith zuckte die Achsel und zeigte Jimmy seine nach oben gekehrten
    Handflächen - eine Geste, die so alt wie das Pfandleihgewerbe war. Er kön-ne es versuchen, sagte er, werde aber sicher nicht viel dafür herausholen.
    Nachdem Jimmy gegangen war, inspizierte Smith den zurückgelassenen
    Kopf und entdeckte verschiedene Feingehaltsstempel. Schließlich konnte
    er ausfindig machen, daß das Stück in einer ungewöhnlichen Zusammenar—
    beit zweier Kunsthandwerker aus Zürich, eines Spezialemailleurs aus Paris, eines holländischen Juweliers und eines kalifornischen Chip-Designers ent-standen war; im Auftrag der Tessier-Ashpool SA, wie sich herausstellte.
    Smith spielte dem Sammler in Tokio erste Hinweise zu, daß er etwas
    Außergewöhnliches in Aussicht habe.
    Und dann bekam er Besuch, unangemeldeten Besuch, der durch sein
    aufwendiges Sicherheitssystem marschierte, als wäre es gar nicht vorhanden. Ein kleiner Mann, Japaner, unheimlich höflich, der alle Merkmale eines laborerzeugten Ninja-Killers28 aufwies. Smith saß ganz still und blickte über

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