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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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drei weitere Aufgaben an, mit steigendem Schwierigkeitsgrad, und entwickelte präzise die einze l nen Lösungsschritte. Er war ein guter Lehrer, der genau erklärte, was er machte und warum er es machte. Neben mir kratzte Spinks Bleistift wie wild über das Papier, während er verzweifelt versuchte, neben die Aufgaben, die er abgeschrieben hatte, eine Erklärung jedes einze l nen Schritts zu s chreiben. Er war vollkommen überfo r dert, er ertrank in Begriffen, von denen er noch nie etwas gehört hatte.
    Ich schämte mich; ich kam mir fast so vor, als würde ich mein Wissen grausam vor ihm zur Schau stellen, als ich der Erste war, der bei der nächsten Aufgabe die Hand hob zum Zeichen, dass ich sie gelöst hatte, und bei der danach ebenfalls. Jedes Mal war Gord mit von der Partie vorn an der Tafel, und jedes Mal war sein Beweis einf a cher und eleganter als meiner, obwohl wir beide zur ric h tigen Lösung gelangt waren. Und jedes Mal stellte Hauptmann Rusk, sobald wir zu unseren Plätzen zurüc k kehrten, denen, die nicht zu den ersten fünf gehört hatten, die die Aufgabe gelöst hatten, eine neue Reihe von Au f gaben. Als er uns schließlich entließ, ächzte der größte Teil der Klasse unter einer drückenden Last von Strafa r beiten, die bis zum nächsten Tag zur gleichen Stunde fällig waren. Wir standen auf, als unser Ausbilder h i nausging. Dann, während alle ihre Notizen und Bücher zusammenrafften, machte ich Spink mein Angebot. »Lass uns diese Aufgaben heute Abend durcharbeiten.«
    Er wandte nicht ein, dass ich die Übung offensichtlich nicht brauchte. Stattdessen sagte er leise und mit niede r geschlagenem Blick: »Sehr gern. Wenn du die Zeit dafür hast.«
    Die anderen Gruppen gingen schnell hinaus. Wir wa r teten ungeduldig auf Dent, doch an seiner Stelle erschien ein anderer Unteroffizier, der das Kommando über uns übernahm und mit uns zu unserer nächsten Klasse ma r schierte. Ich fühlte mich plötzlich an der Nase herumg e führt. Es ärgerte mich, dass unser Ziel dasselbe Gebäude war, das wir erst anderthalb Stunden vorher verlassen hatten. Warum hatten sie unsere Stunden nicht so legen können, dass wir unsere Varnischstunde im Anschluss an unsere Militärgeschichtsstunde hatten, statt uns zwe i mal quer über das Akademiegelände zu hetzen? Allein der Gedanke, dass dies unsere letzte Unterrichtsstunde vor dem Mittagessen war, hielt mich aufrecht.
    Als wir in das Klassenzimmer kamen, wartete dort schon eine andere Gruppe von Kadetten aus dem ersten Jahr. Es war unsere erste unbeaufsichtigte Begegnung mit Erstjährlern außerhalb unserer Gruppe, und nach ku r zem gegenseitigen Beschnuppern begannen wir mitei n ander zu plaudern und stellten schnell fest, dass auch sie Söhne von neuen Edelleuten waren. Ihre Gruppe war fünfzehn Mann stark. Wir schätzten uns g lücklich, dass wir in Haus Carneston untergebracht waren, als wir hö r ten, dass sie im Obergeschoss von Haus Skeltzin kase r niert waren, wo sie sich einen großen offenen Raum tei l ten, mit einem einzigen Fenster an jedem Ende und Spa l ten im Dachgesims, die so groß waren, dass Tauben und Fledermäuse zu ihren Stubengästen zählten. Man hatte ihnen versprochen, dass die Schäden bis zum Winter b e hoben sein würden, aber die Abendwinde, die bereits vom Fluss her durch die Ritzen pfiffen, waren, so die geplagten Insassen von Haus Skeltzin, auch jetzt schon bitterkalt.
    Nachdem wir eine Viertelstunde ohne Lehrer dagese s sen und geredet hatten, kam Unteroffizier Dent mit hoc h rotem Gesicht in den Raum gestürmt und begehrte zu wissen, was wir dort trieben und wieso wir nicht auf ihn gewartet hätten. Als wir ihm auf den Gang und eine Treppe hinauf in das richtige Klassenzimmer folgten, fand der Unteroffizier der anderen Gruppe seine Schüt z linge ebenfalls. Sie hielten uns einen geharnischten Vo r trag darüber, wie töricht es sei, einem Kadetten zu fo l gen, den wir nicht einmal kannten, und ich begriff, dass es sich um einen Streich handelte, den irgendjemand Dent und seinem Kameraden gespielt hatte, mit uns als nichtsahnenden Opfern.
    Wir kamen natürlich zu spät zum Unterricht und mussten uns dafür von Herrn Arnis, unserem Va r nischlehrer, herunterputzen lassen. Er sprach Varnisch mit uns und sagte, es sei die einzige Sprache, die wir im Unterricht benutzen dürften. Auf diese Weise wolle er uns dazu zwingen, schneller fließend Varnisch zu spr e chen. Er fügte hinzu, wenn wir glaubten, wir könnten es ihm gegenüber an

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