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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bemerkungen, die er Gord gegenüber machte – dass seine Backen im Gleichtakt mit seiner Wampe wabbelten und dass er durch die Nase schnaufe wie ein alter Gaul –, waren au s gesprochen treffend und wurden in einem so erstaunten und dabei doch sarkastischen Ton geäußert, dass selbst ich mir manchmal ein Grinsen nicht verkneifen konnte.
    Doch als ich einen verstohlenen Blick in Gords Ric h tung warf, um zu sehen, wie er die Sticheleien aufnahm, schämte ich mich sofort für meine heimliche Schade n freude. Gord stapfte tapfer voran. Der Schweiß rann ihm in Bächen über die feisten Wangen. Die Speckfalten se i nes Nackens wölbten sich rot über seinen engen Kragen. Er blickte starr geradeaus, und sein Gesicht war au s druckslos, wie das von jemandem, der es von klein an gewohnt war, gehänselt zu werden. Ich glaube, wenn er verlegen oder empört ausgesehen hätte, hätte ich schmunzeln können, ohne mich zu schämen. Aber dass er es mit Gleichmut hinnahm, ja sogar mit Würde, während er gleichzeitig stoisch versuchte, seinen überforderten Körper zum Gehorsam zu zwingen, ließ Dents Gestichel kindisch und grausam erscheinen. Gord tat, was er kon n te; es gab nichts, das er hätte tun können, um es Dent recht zu machen. Jegliche Amüsiertheit fiel von mir ab, und zum zweiten Mal an jenem ersten Tag auf der Kava l laakademie spürte ich, wir mir die Feigheit unangenehm in der Seele stach.
    Dent entließ uns draußen vor dem Eingang von Haus Carneston und erlaubte uns, in das Gebäude und die Treppe hinaufzustürmen. So dachten wir jedenfalls. Ein donnernder Ruf der Entrüstung von Sergeant Rufet brachte uns alle jäh zum Stehen. Der Kriegsveteran erhob sich sogar tatsächlich von seinem Schreibtisch und trat uns entgegen, und die Art und Weise, wie er uns mit zwei Dutzend Worten zurechtstutzte, bis wir ganz klein mit Hut waren, zeigte, dass Dent noch eine Menge üben musste, bis er sich die scharfe Zunge und das ätzende Vokabular eines echten Sergeanten angeeignet haben würde. Als er uns gehen ließ, stiegen wir ganz leise und gesittet die Treppe hinauf und legten dabei die Selbstb e herrschung an den Tag, die man von uns als Kavallaoff i zieren eines Tages erwarten würde.
    Unsere Ruhepause war nur von kurzer Dauer. Wir ha t ten gerade genug Zeit, um unsere Bücher und Zeiche n materialen wegzuräumen und unsere Uniformen glatt zu ziehen. Dann hieß es wieder antreten auf dem Parad e platz, diesmal zum Exerzieren.
    Ich hatte erwartet, dass wir direkt zu den Ställen und den Pferden gehen würden, und mich bereits darauf g e freut, endlich wieder im Sattel zu sitzen und zu sehen, was für Pferde unser neuer Akademiekommandant für uns angeschafft hatte. Stattdessen verbrachten unsere kleinen Gruppen den größten Teil des Nachmittags d a mit, unter Anleitung von Dent Grundübungen im Exe r zieren durchzuführen. Seine Unerfahrenheit als Lehrer war ein genauso großes Handicap für uns wie unsere U n erfahrenheit im Marschieren. Ich kannte die Grundübu n gen des Exerzierens, denn Sergeant Duril hatte sie mir beigebracht, ebenso wie er mir eine normale Schrittlänge von zwanzig Zoll antrainiert hatte, die Standardschrit t länge für marschierende Truppen. Aber ich hatte noch nie mit einer Gruppe von Männern exerziert, in der man seine Kameraden ständig aus dem Augenwinkel be o bachten und sowohl seine Schrittgeschwindigkeit als auch seine Schrittlänge an die der Gruppe anpassen musste.
    Einige der anderen wussten nicht einmal, wie man sich beim Kommando »Abteilung kehrt!« verhielt. Wir übten dieses Manöver Dutzende von Malen, wobei diejenigen von uns, die wussten, wie es ging, dumm herumstanden, während Dent mit denen herumbrüllte, die es nicht kon n ten, und sie endlos zwischen »Stillgestanden!« und »Rührt euch!« hin und her scheuchte. Ich empfand es fast als eine Erleichterung, als er sich entschloss, uns wieder auf Trab zu bringen. Er ließ uns auf und ab und hin und her marschieren, und je länger er uns über den Exerzie r platz jagte, desto schlechter wurde seine Laune und desto mehr ärgerte er sich über unsere schiefen Reihen und unsere ungleichmäßige Reaktion auf seine gebrüllten Kommandos. Diejenigen von uns, die schnell begriffen, konnten nichts für die tun, die etwas schwerer von B e griff waren, und auch wir konnten trotz aller Mühe nichts an dem simplen Gesetz ändern, dass eine Truppe immer so schlecht aussieht wie ihr unfähigster Soldat. Gord b e kam den Löwenteil von

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