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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Meine Hoffnung erwies sich als trügerisch.
    »Zwei weitere Strafrunden für Sie und eine für Bu r velle wegen Unterstützens Ihrer Aufsässigkeit! Hat einer von Ihnen zufällig die Broschüre Einführung in die Hä u ser der Königlichen Kavallaakademie gelesen?«
    Keiner antwortete. Er hatte auch keine Antwort erwa r tet. »Natürlich h abt ihr sie nicht gelesen! Ich hätte mir erst gar nicht die Mühe zu machen brauchen, euch diese Frage zu stellen! Aber es wäre ja auch wirklich zu viel verlangt gewesen. Dann will ich euch aufklären. Haus Chesterton ist ausschließlich den Söhnen des ältesten und ehrwürdigsten Kavallaadels vorbehalten. Sie stammen in direkter Linie von dem kleinen Kreis von Rittern ab, die König Corag einst in den Adelsstand erhob. Diese Edlen waren die Gründer des Rats der Herren. So, jetzt wisst ihr Bescheid. Dieses Wissen wird euch später eine Menge gesellschaftlicher Patzer ersparen. Die Kadetten aus di e sem Hause erwarten und verdienen eure besondere Hochachtung. Ihr könnt sie ihnen entweder freiwillig bezeigen, oder sie werden sie von euch einfordern.«
    Ich konnte geradezu spüren, wie sowohl Verblüffung als auch Wut in den Kadetten zu beiden Seiten von mir hochstiegen. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, wa r um es kein Haus gab, das ausschließlich uns, den Söhnen von neuen Edlen, vorbehalten war. Unsere Erstjährler waren in der obersten Etage von Haus Carneston oder in dem zugigen und im Winter eiskalten Dachgeschoss von Haus Skeltzin untergebracht. Unsere Dritt- und Viertjäh r ler hausten weit weg von uns in Haus Sharpton, einer ehemaligen Gerberei, über die unter den Kadetten Witze gerissen wurden. Ich hatte gehört, dass es eine fürchterl i che Bruchbude sei, dermaßen baufällig, dass es fast schon eine Gefahr für seine Bewohner darstelle, aber ich hatte das hingenommen, ohne mir weiter Gedanken da r über zu machen. Im krassen Gegensatz dazu war Haus Chesterton ein prächtiges neues Gebäude mit Toiletten mit Wasserspülung und Kohleöfen anstelle der offenen Kamine. Ich sah keinen Grund, warum die Drittjährler aus dem neuen Adel eine so komfortable Unterbringung nicht genauso gut verdient gehabt hätten wie die Söhne aus altem Adel. Wir Erstjährler wurden zwar ständig g e hänselt, gleichzeitig aber auch mit der Aussicht auf die Freiheiten und die bessere Unterbringung vertröstet, die uns in unserem Examensjahr erwarteten. Allmählich b e gann mir zu dämmern, dass solcherlei Privilegien au s schließlich den Söhnen des alten Adels vorbehalten w a ren. Was ich als den niedrigen Status akzeptiert hatte, den alle Erstjährler zu ertragen hatten, war für uns Söhne von neuem Adel in Wirklichkeit ein Dauerzustand, der uns während unserer gesamtem Zeit an der Akademie begleiten würde. Mir wurde plötzlich ganz elend, als ich all die unsichtbaren Linien sah, die zwischen den Kade t ten verliefen und uns in unterschiedliche Klassen eintei l ten. Warum hatte die Akademie uns keine Offiziere aus unserer eigenen Schicht zugeteilt, wenn es denn schon solche Unterschiede im Grad der Nobilität gab? Und wenn sie uns schon jetzt auf der Akademie so voneina n der getrennt hielten, wie würde sich das dann erst auf unsere Examensnoten auswirken?
    Während ich über all dies nachdachte, ließ Dent noch eine weitere Gruppe vor, wahrscheinlich aus reiner Sch i kane, einzig aus dem Grund, uns zu zeigen, was er sich alles mit uns erlauben konnte. Wir hielten den Mund, und er gestattete uns schließlich gnädig, uns hinten anzuste l len.
    Nachdem wir Platz genommen hatten und das Essen aufgetragen war, durften wir uns bei Tisch unterhalten. Beiläufige Konversation, die über die höfliche Bitte nach dem Salz hinausging, war für uns ein neues Privileg. Dem Unteroffizier Dent, der immer noch mit bei uns am Tisch saß und Aufsicht über uns führte, passte das offe n bar nicht, denn er ließ keine Gelegenheit aus, einen Vo r wand zu finden, um uns das Reden auch weiterhin zu untersagen. Neuerdings hatten wir uns fest vorgeno m men, ihm gemeinsam die Stirn zu bieten, wenn er ve r suchte, uns einzuschüchtern. An jenem Tag war ich zu hungrig und durchgefroren, als dass ich Lust gehabt hä t te, noch weiter gegen Dent aufzubegehren. Ich war froh, beide Hände um einen Becher mit heißem Kaffee legen zu können und zu warten, bis sie auftauten.
    Gord war indes so töricht, das heikle Thema erneut anzuschneiden, als er das Brot an Spink weiterreichte. »Ich dachte immer, alle

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