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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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so.
    Erneut schoss Unteroffizier Dent das Blut ins Gesicht. »Du und ein Soldat!«, spie er verächtlich aus. »Ich kenne zufällig die Wahrheit über dich, Gord. Du wurdest als dritter Sohn geboren und warst eigentlich dazu ausers e hen, Priester zu werden. Schau dich doch nur an! Kann sich irgendeiner vorstellen, dass so jemand zum Soldaten geboren sein könnte? Fett wie ein Schwein, und ganz sicher besser zum Predigen geeignet als dazu, in der Schlacht einen Säbel zu schwingen! Kein Wunder, dass du versuchst, mir zu widersprechen, indem du die Heilige Schrift zitierst! Zu wissen, was da drin steht, dazu bist du ausersehen, aber nicht zum Kämpfen!«
    Gord starrte ihn entgeistert an. Seine feisten Wangen hingen für einen Moment schlaff herunter, sein Mund stand offen, seine Augen waren weit aufgerissen. Dents Worte waren eine schwere Beleidigung, nicht nur gege n über Gord, sondern auch gegenüber seiner Familie. Wenn die Behauptung zutraf, würde das schwerwiegende Folgen haben. Gord wusste das. Er wusste auch, dass sein Status bei uns an einem seidenen Faden hing. Er schaute nicht Dent an, sondern uns alle, die wir um den Tisch herum saßen. »Das ist nicht wahr!«, sagte er hitzig. »Es ist eine Ungeheuerlichkeit, das mir gegenüber auch nur zu erwähnen. Ich wurde als Zwilling geboren, und wegen des Umfanges meiner Mutter waren sowohl der Priester als auch der Arzt bei unserer Geburt zugegen. Der Arzt hat den Bauch meiner Mutter aufgeschnitten, um uns herauszuholen. Meinen Bruder holte er als Ersten heraus, aber der war blau angelaufen und leblos und ve r kümmert. Ich hingegen war gesund und kräftig, u nd der Priester erklärte mich aufgrund meiner Größe und G e sundheit zum älteren der beiden Kinder, die meine Mu t ter an dem Tag zur Welt gebracht hatte. Ich bin ein zweitgeborener Sohn, ein Soldatensohn. Mein armer kleiner Bruder, der gestorben ist, bevor er Atem holen konnte, hätte der Priester unserer Familie werden sollen. Sowohl mein Vater als auch meine Mutter fragen sich täglich, warum der gütige Gott sie nicht mit einem Pri e stersohn gesegnet hat, aber sie akzeptieren seinen Willen. Und ich tue das ebenfalls. Ich habe meinen Kopf unter das Joch des gütigen Gottes gebeugt und bin hierherg e kommen, ihm zu dienen, wie er es mir bestimmt hat!«
    Er sprach mit Vehemenz, und zum ersten Mal fragte ich mich, ob Gord, hätte er die Freiheit gehabt, über seine Zukunft selbst zu entscheiden, wohl einen anderen Weg gewählt hätte. Sein plumper, ungelenker Körper sah ganz gewiss nicht so aus, als hätte der gütige Gott ihn dazu ausersehen, Soldat zu werden. Konnte der Priester, der bei seiner Geburt zugegen gewesen war, sich bezüglich des jeweiligen Alters der Zwillinge geirrt haben? Ich war oft genug bei der Geburten von Schafen dabei gewesen, um zu wissen, dass bei Zwillingen das größere Kind nicht immer auch das erste war, das geboren wurde. Ich glaube, ich war nicht der Einzige, der plötzlich einen winzigen Zweifel an Gords Berechtigung hegte, als So l datensohn an der Kavallaakademie zu studieren.
    Gord wusste das. Er führte weitere Beweise ins Feld. »Meine Familie umgeht nicht die Gesetze des gütigen Gottes. Ich habe einen jüngeren Bruder. Mein Vater hat ihn nicht anstelle meines verstorbenen Zwillingsbruders zum Priestersohn ernannt. Nein, Garin wird unser Fam i lienkünstler werden. So gern mein Vater einen Prieste r sohn gehabt hätte, der gütige Gott hat unsere Familie nicht mit einem solchen gesegnet, und mein Vater hat sich noch nie über den Willen des gütigen Gottes hi n weggesetzt.«
    Die Stille, die darauf folgte, verriet, dass Einige von uns immer noch nicht ganz überzeugt waren, und Unte r offizier Dent grinste, voller Schadenfreude über die Zweifel, die er gesät hatte. Wenn er es an dem Punkt hä t te gut sein lassen, hätte er, da bin ich ziemlich sicher, einen großen Teil seiner Autorität über uns behalten, aber er trieb es noch weiter. »Fünf zusätzliche Strafrunden für jeden Mann an diesem Tisch dafür, dass ihr euch über mich lustig gemacht habt. Untergebene sollten niemals über den Mann lachen, der sie befehligt.«
    Einige von uns würden nun bis zum Sonnenuntergang damit beschäftigt sein, ihre Strafrunden zu drehen, und wir wussten das. Am liebsten hätte ich dem kleinen La f fen den Hals umgedreht, aber ich hielt den Blick gesenkt und den Mund geschlossen. Kort, der mir schräg gegenübe r saß, nahm seine Gabel zur Hand und fing an zu essen. E i ne

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