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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Kutsche schicken würde, die mich abholen sollte. Umso übe r raschter war ich deshalb, als der Kutscher seine Pferde zügelte und ich sah, dass nicht nur mein Onkel, sondern auch meine Base Epiny gekommen war, um mich abz u holen. Der Kutscher stieg ab, öffnete den Schlag, und mein Onkel stieg aus und begrüßte mich. Natürlich stellt ich ihm Spink vor, und mein Onkel Sefert gab ihm freundlich die Hand und erkundigte sich höflich, wie es ihm auf der Akademie gefalle und ob er mit seinem St u dium gut vorankomme. Epiny, kaum dass sie einen M o ment unbeaufsichtigt war, stieg sogleich ohne Hilfe aus der Kutsche. Ich beobachtete sie aus dem Augenwinkel, als sie ein kurzes Stück die Auffahrt hinunterspazierte und ihren direkten, neugierigen Blick über das Gelände und das Verwaltungsgebäude schweifen ließ. Sie sah aus wie ein Stock in einem großen Spitzenkragen. Ich war daran gewöhnt, Frauen und Mädchen in ihrem Alter in den voluminösen Volants, Turnüren und Reifen zu sehen, oder was immer es war, das sie unter ihren Röcken tr u gen, das sie so ausladend aussehen ließ, als wären sie eine lebendige Kirchenglocke. Epinys Kleid war von kindlichem Schnitt, geschneidert aus einem steifen, glä n zenden Stoff mit diagonalen marineblauen und weißen Streifen. Es war kurz genug, dass ich sehen konnte, dass sie anstelle von Pantoffeln kleine schwarze Stiefel trug. Ihr Hut sah aus wie ein schiefer, mit Spitze verzierter Turm. Drei blaue Blumen sprossen aus ihm hervor, so dass der Gedanke an eine Vase sich gleichsam aufdrän g te. So hässlich, wie er war, war ich sicher, dass er hoc h modisch sein musste. Sie hatte eine Art Amulett an einer Schnur um den Hals hängen, das sie zwischen den Zä h nen hielt. Als sie näherkam, sah ich, dass es eine Pfeife war, die die Form eines Otters hatte. Immer wenn sie ausatmete, gab die Pfeife leise Töne von sich. Schließlich blieb sie schräg hinter meinem Onkel stehen. Sie hörte einen Moment zu, während Spink meinem Onkel artig von seinen akademischen Fortschritten erzählte, und seufzte dann durch die Pfeife, was einen ziemlich durc h dringenden Ton erzeugte.
    Mein Onkel warf ihr einen leicht gequälten Blick zu. Ich schämte mich für sie. Ich rechnete damit, dass er sie zurechtwies, wie mein Vater es ganz sicher getan hätte, wenn eine meiner Schwestern sich in Gegenwart von Männern so in den Vordergrund gespielt hätte. Stattde s sen machte er ein säuerliches Gesicht und sagte zu Spink: »Meine ziemlich verzogene Tochter möchte mir damit zu verstehen geben, dass ich Sie ihr vorstellen soll.«
    Spink schaute kurz zu mir und traf dann eine En t scheidung. Er machte eine sehr höfliche Verbeugung und sagte: »Es wäre mir ein Vergnügen, Ihre Tochter ke n nenzulernen, Sir.«
    »Ganz bestimmt«, erwiderte mein Onkel trocken. »Kadett Spinrek Kester, es ist mir eine Freude, Ihnen meine Tochter vorzustellen, Epiny Helicia Burvelle. Ep i ny, nimm die Pfeife aus dem Mund! Noch nichts habe ich mehr bereut, als dir dieses Ding gekauft zu haben.«
    Epiny spie die Pfeife aus, so dass sie an der Schnur um ihren Hals baumelte. Dann machte sie einen eleganten Knicks vor Spink. »Ich freue mich sehr, Sie kennenz u lernen«, sagte sie erstaunlich formvollendet, um dann aber sogleich alles wieder umzuschmeißen, indem sie ihn lächelnd fragte: »Ich darf doch annehmen, dass Sie sich meinem Vetter zu seinem Besuch in unserem Hause a n schließen?«
    Spink schaute meinen Onkel mit einer Mischung aus Verwirrung und Entsetzen im Gesicht an. »Ähem, nein, Fräulein Burvelle, ich wollte nur Ihren Vetter zur Ku t sche bringen.«
    Epiny richtete den Blick ihrer blauen Augen direkt auf mich und fragte fast empört: »Warum kommt er nicht mit, Nevare? Wie konntest du nur so töricht sein, deinen Freund nicht einzuladen?« Bevor ich auch nur Gelege n heit hatte, auf ihren Vorwurf zu antworten, wandte sie sich mit flehendem Blick an ihren Vater und bettelte: »Papa, dann lad ihn bitte jetzt ein! Das wäre wunderbar! Dann hätten wir genügend Hände für eine zünftige Partie Towsers. Jetzt sind wir ein Spieler zu wenig, und es ist viel zu leicht, die Karten zu erraten, wenn wir bloß zu zweit sind. Bitte, bitte Papa! Wenn du’s nicht tust, dann musst du als unser dritter Mann einspringen.«
    »Epiny!«, wies ihr Vater sie zurecht, aber es klang eher verlegen als wütend.
    »Bitte, Papa! Ich langweile mich so, und du hast g e sagt, du möchtest nicht mehr, dass Frau Lallie jedes W o chenende

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