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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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heranzumachen, die kostbare Tochter einer angesehenen Familie. Und er sagte mir, wenn sie ins heiratsfähige Alter käme, dann hätte sie wahrlich andere Aussichten, bessere Kandidaten als einen Rotzlöffel aus dem neuen Adel, der an der Grenze aufgewachsen sei. Mit ›andere Kandidaten meint er Caulder. Ich weiß, dass er denkt, dass Epiny für Cau l der bestimmt ist.«
    Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Ich konnte nicht glauben, dass er sich in dem Moment mehr darum sorgte, wer Epiny heiraten würde, als darum, dass ungerechte Beschuldigungen gegen ihn erhoben wurden. In der Dunkelheit konnte er meinen Gesichtsausdruck nicht s e hen.
    »Er hat mich eine halbe Stunde lang angebrüllt, ehe er mir endlich eine Chance gegeben hat, mich zu verteid i gen. Als ich sagte, ich wisse nicht, was er meine, wedelte er mit einem Brief vor meinem Gesicht hin und her. Dann las er ihn mir laut vor.« Er holte Luft. »Er war von deiner Tante. Sie hatte die Hausmädchen angewiesen, während ihrer Abwesenheit Epiny zu bespitzeln. Sie h a ben alles verzerrt dargestellt, jeden Moment, den ich mit ihr verbracht habe. Alles Lügen und Unterstellungen, aber sie nehmen es für bare Münze.«
    Ich fühlte ein schreckliches Ziehen in meinem Magen. »Nein«, sagte ich flehentlich, wohl wissend, dass es stimmte.
    »Doch.« Seine Stimme kippte. Ich wollte nicht, dass er weinte, aber ich wusste, dass er es tat. »Deine Tante hat einen angefangenen Brief von Epiny an mich gefunden. Er war … herzlich. Ich bin sicher, dass er nicht mehr war. Aber sie schrieb, sie sei sicher, dass ich versucht hätte, sie zu verführen, ein kleines, unschuldiges Mä d chen. Sie sagt, sie habe die Dienstboten befragt, und sie könne beweisen, dass ich einen ganzen Vormittag allein mit ihrer Tochter verbracht hätte. Als der Oberst mich fragte, ob das wahr sei, konnte ich es nicht abstreiten. Wir haben zusammen im Morgenzimmer gesessen und uns unterhalten. Und sie war, nun, sie war noch nicht für den Tag gekleidet. Aber du kennst ja Epiny. Es kam mir nicht unanständig vor, sondern bloß, nun ja, unorthodox. Ich hatte keine unlauteren Absichten, Nevare. Ich wollte doch keine Schande über deine Familie bringen. Es tut mir so schrecklich leid. Und ich habe solche Angst, dass sie mich nach Hause schicken. Und das Schlimmste ist, ich weiß genau, wenn die Briefe von meiner Familie ei n treffen, in denen sie um die Erlaubnis bitten, dass ich um Epinys Hand anhalten darf, wird das für alle nur als B e weis dafür dienen, dass ich mich schändlich benommen habe. Aber mir kam es nicht so vor. Ich dachte, ich hätte mich korrekt und ehrenhaft verhalten.«
    »Das hast du doch auch! Das hast du! Es ist alles die Schuld meiner dummen Base! Epiny ist diejenige, die dir Briefe schickt. Du hast ihr doch nicht zurückgeschrieben, oder?«
    »Doch. Ich habe ihr unzählige Briefe geschrieben, aber ich sah keine Möglichkeit, sie ihr zu schicken, ohne dass dein Onkel und deine Tante Wind davon bekommen hätten. Da siehst du’s, Nevare. Ich wusste, dass es falsch war, sonst hätte ich es ja nicht vor ihnen verborgen.«
    »Jetzt red nicht so einen Unsinn, Spink! Denk doch mal genau darüber nach. Da steckt eindeutig Caulder hi n ter. Er hat uns neulich in der Bibliothek also doch b e lauscht! Und dies ist seine Rache, nicht nur an dir, so n dern auch an meinem Onkel, dafür, dass er in die Ak a demie gekommen ist und sich darüber beschwert hat, wie wir behandelt worden sind. Ich bin sicher, dass Caulder dahintersteckt; er hat wahrscheinlich meiner Tante g e schrieben oder irgendwas gegenüber seiner Mutter e r wähnt, um das Gerücht in Umlauf zu bringen. Und dann hat meine Tante nach einem Beweis gesucht.«
    »Ich hätte niemals zulassen dürfen, dass sie mir schreibt.«
    »Wie hättest du sie denn daran hindern wollen, Spink? Du hast nichts Schlimmes getan. Es ist alles Epinys Schuld! Sie war es doch, die den halben Tag im Nach t hemd herumgerannt ist, sie war es, die ihr Pferd hat durchgehen lassen, sie war es, die dich mit Briefen übe r schüttet hat. Was hättest du tun sollen? Es ist nicht fair. Und« – eine Erkenntnis begann mir in meinem schla f trunkenen Hirn zu dämmern – »ich wette, mein Onkel weiß nichts von dem Brief meiner Tante. Er mochte dich, das habe ich deutlich gespürt. Er würde niemals einen Brief schreiben, in dem er dich beschuldigt, Epiny ve r führt zu haben. Wenn er auch nur den leisesten Verdacht gehegt hätte, dass du dich ihr gegenüber

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