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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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schwunden.
    »Hat er seine Matheaufgaben fertiggekriegt, bevor er gegangen ist?«, fragte Gord mich leise. Spinks theoret i sches Verständnis war genauso gut oder schlecht wie das jedes anderen Kadetten, aber er verdarb sich nach wie vor seine Noten durch seine Rechenschwäche.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete ich.
    »Wir haben Sektionstests nächsten Fünfttag«, sagte Gord, und ich stöhnte, denn ich hatte meine Angst davor erfolgreich in die hintersten Regionen meines Bewuss t seins verbannt. Sektionstests – das bedeutete, dass wir in jedem einzelnen unserer Fächer geprüft und unsere N o ten in u nser Zeugnis eingetragen wurden. In diesem Jahr hatten wir bisher einen Sektionstest überstanden. Ich ha t te nicht so gut abgeschnitten, wie ich es erwartet hatte, aber da war ich nicht der Einzige gewesen. Für dieses Mal hatte ich mir vorgenommen, besser vorbereitet zu sein.
    »Nun, wir können nicht mehr tun als unser Bestes«, murmelte ich philosophisch und schlug mein Mathebuch wieder auf.
    »Und ihr Söhne von neuem Adel tätet gut daran, in e u ren Sektionen gut abzuschneiden!«, warf Caulder ein. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass er noch da war.
    »Das werden wir«, erwiderte Gord gelassen.
    »Warum müssen wir gut abschneiden?«, fragte Trist plötzlich.
    Der Junge lächelte Trist an. »Das soll eigentlich keiner wissen«, sagte er. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen, sichtlich angetan von der plötzlichen g e spannten Aufmerksamkeit, die ihm entgegengebracht wurde. Sogar Caleb schaute von seinem neuesten A b scheuliche Verbrechen-Heft auf. Caulder leckte sich die schmalen Lippen und sagte fast im Flüsterton: »Aber man könnte sagen, dass die Zukunft so einiger von den Abschlussnoten für das Halbjahr abhängt.«
    »Wird der Kommandant eine Aussonderung vorne h men?«, fragte Rory unverblümt.
    Caulder zog eine Augenbraue hoch. »Vielleicht. Aber das habt ihr nicht von mir gehört.« Und mit dieser kühlen Bemerkung verließ er den Raum. Oron und Rory scha u ten verzweifelt zu Trist.
    »Warte, Caulder!« Trist sprang auf. »Ich wollte ohn e hin gerade nach draußen, ein wenig Luft schnappen. Ich gehe ein Stück mit dir.«
    »Wenn du möchtest«, sagte der Junge blasiert und wartete auf Trist. Nachdem ihre Schritte verhallt waren, sagte Rory: »In meinen Ohren klingt das gar nicht gut. Ich habe euch vor den Aussonderungen gewarnt, so, wie mein Vetter mich gewarnt hat. Sie hatten in dem Jahr, als er auf die Akademie kam, eine außerordentlich große Klasse. Der Kommandant führte in dem Jahr drei Au s sonderungen durch. Er machte einen Test oder eine Übung irgendwelcher Art, ohne jede Vorankündigung, und alle, die unterhalb einer bestimmten Punktzahl lagen, wurden einfach entlassen.«
    »Das ist gemein!«, stieß Oron hervor, und wir anderen nickten grimmig.
    »Das ist es. Aber der Kommandant sagte danach, es sei genauso fair w ie ein Überfall aus dem Hinterhalt; die, die immer gewappnet und auf der Hut seien, würden überleben, und die, die geschlafen hätten, würden halt auf der Strecke bleiben.«
    Ich musste plötzlich an Sergeant Durils Steine denken. Der Gedanke an eine plötzliche Aussonderung gefiel mir nicht, aber der Kommandant hatte Recht. Es war fair auf die gleiche Weise, wie die Siegeschancen bei einer Schlacht fair waren. Meine Miene verdüsterte sich. Ich hatte immer noch nicht den Stein gefunden, den ich in meinem Regal aufbewahrte. Es war nur eine Kleinigkeit, aber es ärgerte mich.
    Ich schüttelte den Gedanken ab und wandte mich wi e der meinem Mathebuch zu. Mit dem Stoff, den wir ger a de durchnahmen, kam ich gut klar; jetzt beschloss ich, so gut zu werden, dass ich ihn absolut beherrschte. Die a n deren Kadetten schienen sich das Gleiche vorgenommen zu haben. Gord saß schweigend da und starrte geradeaus. Als er merkte, dass ich ihn anschaute, sagte er leise: »Ich hoffe, Spink kommt bald wieder.«
    Ich nickte. Spink hatte seinen letzten Sektionstest b e standen, aber nur knapp. Ich sandte ein stummes Stoßg e bet zum gütigen Gott, dass Spinks Anstrengungen, sich zu verbessern, belohnt werden würden, und schloss dann hastig mich selbst in die Fürbitte ein. Dann steckte ich die Nase wieder in meine Bücher und versuchte, mich zu konzentrieren.
    Ich blickte sofort auf, als ich Schritte auf der Treppe hörte. Trist kam herein. Seine Wangen und seine Stirn waren gerötet von der Kälte draußen, aber sein Mund war weiß vor Wut, so fest waren seine Lippen zusammeng e

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