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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Bewährung gesetzt worden war, bekam ich keinen Brief von meinem Onkel. Ich hatte ihn über Spinks Situ a tion informiert und den Brief am selben Tag aufgegeben. Dass zum ersten Mal eine Antwort von meinem Onkel ausblieb, beunruhigte mich, aber ich beruhigte mich mit dem Gedanken, dass er einfach Zeit zum Nachdenken brauchen würde. Als auch am zweiten Tag keine Antwort kam, beschlich mich ein entsetzlicher Gedanke: Er nahm mir übel, dass ich Spink in sein Haus gebracht hatte. Was würde er meinem Vater darüber schreiben? Ich versuc h te, Spink gegenüber Gelassenheit zur Schau zu stellen: Vielleicht sei sein Brief an mich irgendwo auf dem Postweg hängengeblieben, oder er habe womöglich me i nen ersten Brief noch gar nicht erhalten, den, in dem ich ihm alles erklärt hatte. Aber Spink glaubte das genauso wenig wie ich. Und so war es denn alles andere als ber u higend, als ich an dem Abend, als ich mich gerade in meine Bücher vertiefen wollte, um für die Prüfung zu lernen, die am nächsten Tag stattfinden würde, ins Büro des Kommandanten zitiert wurde.
    Ich hastete über den winterlich dunklen Campus, w o bei ich die Angst wie einen kalten Stein im Magen spü r te. Es hatte in der Nacht zuvor geschneit, aber während des Tages hatte sich der Schnee in Matsch verwandelt. Jetzt gefror er auf den Gehwegen zu holprigem Eis. Ich glitt mehrere Male aus und schaffte es nur mit knapper Not, mich auf den Beinen zu halten. Als ich schließlich die steinerne Treppe des Verwaltungsgebäudes erreichte, zwang ich mich, sie ganz vorsichtig hinaufzusteigen. Die Kutsche meines Onkels und sein Kutscher warteten draußen v or dem Gebäude. Vorfreude rang in mir mit Furcht, während ich die Stufen nahm. Zumindest würde ich bald wissen, wo ich stand.
    Caulder ließ mich ein und geleitete mich schweigend zum Büro seines Vaters. Er erwiderte meinen Blick mit einem affektierten Grinsen, für das ich ihn am liebsten geohrfeigt hätte. Ich bedankte mich nicht bei ihm, als er mir die Tür aufhielt. Mir fiel auf, dass sie nicht einrast e te, als sie sich hinter mir schloss. Ich trat zum Schrei b tisch des Kommandanten, salutierte und wartete, wohl wissend, dass Caulder jetzt sein Ohr an den Türspalt drückte.
    Oberst Stiet saß hinter seinem Schreibtisch. Mein O n kel Sefert saß in einem behaglichen Sessel neben dem Schreibtisch, schaute aber alles andere als behaglich drein. Oberst Stiet ergriff das Wort. »Ihr Onkel macht sich Sorgen, weil Sie ihm zuletzt nicht geschrieben h a ben. Haben Sie irgendetwas dazu vorzubringen, Kadett Burvelle?« Es war deutlich zu spüren, dass Oberst Stiet dies als eine unbedeutende und lästige Beschwerde b e trachtete. Ich konnte fast hören, wie er an sein Zuhause dachte und daran, dass seine Frau jetzt dort auf ihn wa r tete. Ich schaute ihn an, während ich antwortete.
    »Ich habe täglich einen Brief an meinen Onkel g e schrieben und aufgegeben, Sir. Auch ich habe mir Sorgen gemacht, als er mir mehrere Tage nicht antwortete.«
    Ich sah, wie mein Onkel sich in seinem Sessel straffte, aber er sagte nichts. Oberst Stiet spitzte die Lippen. »Nun, dann haben wir, wie mir scheint, die Lösung uns e res kleinen Rätsels. Irgendwie sind die Briefe offenbar auf dem Postweg verlorengegangen. Das sollte uns j e doch keine allzu großen Sorgen bereiten, denke ich. Wie es aussieht, hätten wir uns diese abendliche ›Krisensi t zung‹ am Ende eines anstrengenden Tages wohl sparen können. Viel Wind um nichts.«
    Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte, aber mein Onkel rettete mich aus dieser Verlegenheit, indem er für uns antwortete.
    »Normalerweise würde ich Ihnen Recht geben«, erw i derte mein Onkel. »Es ist nur so, dass ich mir in letzter Zeit einige Sorgen um den jungen Nevare gemacht habe. Deshalb nahm ich ihm das Versprechen ab, mir täglich zu schreiben. Als er dieser Bitte plötzlich nicht mehr nachzukommen schien, habe ich mir natürlich Gedanken gemacht.«
    »Natürlich«, pflichtete Oberst Stiet ihm bei, aber se i ner Stimme fehlte jede innere Beteiligung. »Und nun, da Sie sich überzeugen konnten, dass a lles in Ordnung ist, kö n nen wir diesen Zwischenfall hoffentlich ad acta l e gen.«
    »Natürlich«, sagte mein Onkel. »Solange Nevare mir weiterhin täglich schreibt. Ich werde künftig meine Brief von einem meiner Männer zustellen und im Gegenzug Nevares Briefe abholen lassen, um sicher zu sein, dass nicht noch einmal Post verloren geht. Ich habe meinem Bruder, Nevares

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