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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ungehörig benommen hättest, hätte er uns das offen gesagt, als wir da waren. Und wenn er solche Anschuldigungen von dritter Seite gehört hätte, wäre er sofort hierhergeko m men und hätte uns beide damit konfrontiert. Er ist sehr direkt, das ist seine Art. Ich bin ganz sicher, er weiß noch gar nichts von diesen Vorwürfen.«
    Spink saß neben meinem Bett auf dem Fußboden. Sein Atem ging stockend. Als er sprach, verriet mir sein Ton, dass das, was jetzt kam, offenbar die schlimmste Nac h richt von allen war. »Sie haben sie fortgeschickt, Nevare. Oberst Stiet hat mir das gesagt. Ich werde Epiny nicht wiedersehen.«
    »Was? Wo haben sie sie denn hingeschickt?«
    »Auf ein Mädchenpensionat, draußen am Rand der Stadt. Oberst Stiet hat nicht gesagt, auf welches, nur, dass ich wissen solle, dass sie für immer außerhalb me i ner Reichweite sei.«
    Ich hatte nur eine sehr vage Vorstellung davon, was ein Mädchenpensionat war. Meine ältere Schwester hatte mit sehnsuchtsvollem Blick davon gesprochen, als einem Ort, wo Frauen Musik und Dichtkunst und Tanzen und Benimm lernen konnten, in der heiteren Gesellschaft a n derer wohlerzogener Mädchen aus gutem Hause. In e i nem Mädchenpensionat bekam ein Mädchen alles beig e bracht, was es wissen und können musste, um eine geh o bene Position in der Gesellschaft stilvoll zu bekleiden. Auf ein Mädchenpensionat geschickt zu werden erschien mir nicht gerade wie ein grausames Schicksal. Ich sagte Spink das.
    »Epiny wird dort todunglücklich sein. Und es ist allein meine Schuld, und sie wird mich dafür hassen.«
    »Jetzt hör auf, in Selbstmitleid zu schwelgen, Spink!« Ich fand es furchtbar, wie er alle Schuld auf sich nahm. »Ja, es wird ihr dort nicht gefallen, aber vielleicht bri n gen sie ihr dort bei, sich wie eine Dame zu b enehmen. Vielleicht treiben sie ihr ja dort auch diesen Unfug mit den Seancen aus. Hör mir jetzt zu. Morgen schreibe ich meinem Onkel einen Brief, in dem ich ihn von dieser Sache in Kenntnis setze. Ich schreibe ihm ohnehin jeden Tag, und ich bin sicher, wenn ich ihm erzähle, was pa s siert ist, wird er die Sache richtigstellen und den Ko m mandanten wissen lassen, dass du nichts Unrechtes getan hast und nicht bestraft werden solltest. Im Übrigen gibt es viel schlimmere Dinge, über die wir uns Sorgen m a chen müssen.«
    Ich erzählte ihm in knappen Worten von dem Test, der Aussonderung, die anschließend vorgenommen werden sollte, und Trists Vorschlag. Ich hatte erwartet, dass er wütend werden würde, weil er mogeln sollte. Stattdessen stürzte ihn das in noch tiefere Verzweiflung. »Ich werde allen die Karriere ruinieren! Ach, Nevare, warum muss mir das nur alles passieren? Es ist geradezu, als laste ein Fluch auf mir!«
    »Schluss jetzt mit diesem Unfug, Spink! Sei nicht a l bern! Wir müssen uns jetzt auf das konzentrieren, was real und wichtig ist. Vergiss Epiny, bis ich meinem O n kel geschrieben habe. Das Wichtigste, was du in den nächsten Tagen tun kannst, ist zu lernen, bis dir der Schädel qualmt!«
    Aber er war nicht in der Verfassung, auf solche klugen Ratschläge zu hören. »Ich werd’s versuchen. Aber ich kann das mit Epiny nicht vergessen, und ich kann auch nicht vergessen, dass ich daran schuld bin, dass sie auf dieses schreckliche Mädchenpensionat kommt. Und jetzt bringe ich auch noch euch alle in Gefahr!« Seine Kleider raschelten, als er aufstand. »Das Beste wäre, ich würde sofort freiwillig die Akademie verlassen. Dann könnten sie euch wenigstens nicht meine schwachen Leistungen anrechnen.«
    »Spink, sei kein Idiot!«
    »Zu spät. Ich habe mich bereits wie ein Idiot verha l ten, und noch mehr. Der Oberst hat zu mir gesagt, ich hätte all die Schwächen und Fehler an den Tag gelegt, die er bei dem Sohn eines neuen Edelmannes erwarten würde. Mein Verhalten passe viel besser zu einem g e meinen Fußsoldaten als zu einem Kavallaoffizier und zeige, dass der König mit der Erhebung von Soldate n söhnen in den Adelsstand dem Willen des gütigen Gottes zuwidergehandelt habe.«
    »Das hat er zu dir gesagt? Wortwörtlich?« Ich war z u tiefst empört. Und ich war nicht der Einzige. Ich hörte, wie Natred sich in seiner Koje aufsetzte. Ich vermutete, dass Kort ebenfalls wach war und zuhörte.
    »Wortwörtlich. Das und noch viele andere, noch häs s lichere Dinge.« Spink klang vollkommen niedergeschl a gen.
    Jetzt ließ Nate sich aus der Dunkelheit vernehmen. Er sagte in wütendem Flüsterton: »Wenn du gehst,

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