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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Vater, versprochen, ebenso gut über ihn zu wachen, als wäre er mein eigener Soldatensohn. Ich habe vor, dieses Versprechen zu halten.«
    »Und als Mann von Ehre müssen Sie das auch.« Die Worte stimmten, aber in seiner Stimme lag wieder diese seltsame Gleichgültigkeit. Der Oberst schaute mich jetzt an, als hätte er eben erst gemerkt, dass ich da war. »We g treten, Kadett. Lord Burvelle, hätten Sie Lust, noch auf ein Glas Wein bei mir zu Hause hereinzuschauen, bevor Sie die Heimfahrt antreten?«
    Ich hatte mich bereits zum Gehen gewandt, als mein Onkel antwortete: »Danke, Oberst Stiet, aber ich sollte wohl besser bald zurück in die Stadt fahren. Bei mir d a heim herrscht zur Zeit ein wenig Unruhe. Aber ich de n ke, ich werde Nevare noch zu seinem Wohnheim begle i ten, bevor ich fahre.«
    Der Oberst schwieg ein paar Augenblicke. Dann sagte er: »Die Wege sind heute Abend vereist, Lord Burvelle. Ich rate Ihnen daher dringend davon ab.«
    »Danke für Ihre Fürsorge, Oberst Stiet.«
    Dabei ließ mein Onkel es bewenden. Er sagte weder, dass er den Rat des Obersten beherzigen, noch, dass er ihn ignorieren würde. Dem Oberst blieb daher nicht viel anderes übrig, als »Gute Nacht« zu sagen. Das tat er auch, und mein Onkel erwiderte den Gruß. Dann erhob er sich und folgte mir. Ich öffnete ihm die Tür. Wie ich vermutet hatte, lungerte Caulder im Foyer herum. Ich ging geradewegs zur Außentür, aber mein Onkel grüßte Caulder freundlich und erkundigte sich nach seinem B e finden. Caulder antwortete mit tadelloser Höflichkeit und einer lächelnden Vertraulichkeit, die blinde Wut in mir auslöste. Ich glaube, ich hatte das Gefühl, als würde Caulder meinen Onkel irgendwie für sich einspannen wollen. Ich hielt absichtlich die Tür für meinen Onkel offen, sodass der eisige Wind in Oberst Stiets Foyer he r einfegte, während die beiden miteinander plauderten. Als mein Onkel sich endlich von Caulder verabschiedete und mir durch die Tür voranschritt, war ich froh, sie hinter mir schließen zu können und das Gebäude und alles, was darin war, wegzusperren.
    Ich glaube, mein Onkel spürte meine innere Erregung, denn er folgte mir vorsichtig die vereisten Stufen hinu n ter und blieb dann stehen, um sich seinen Schal fester um den Hals zu ziehen. »Die Familie meiner Frau unterhält enge Beziehungen zu Lord Stiet. Dadurch kennen wir seinen Bruder, Oberst Stiet, und natürlich auch Caulder. Sie waren schon mehrfach zu Gast in meinem Haus.« Er hielt inne, als wolle er mir Gelegenheit geben, etwas zu erwidern, aber ich wusste nicht, was ich hätte sagen so l len. »Der Wind hat ordentlich Biss heute Abend«, b e merkte er. »Sollen wir uns in meine Kutsche setzen und ein wenig reden?«
    »Das wäre mir sehr recht, Sir«, sagte ich, fügte aber sogleich hinzu. »Wenn du nicht glaubst, dass es deinem Kutscher zu kalt werden könnte.«
    Er legte den Kopf schief und sah mich an. »Das gefällt mir, junger Nevare. Du hast wie dein Vater Mitgefühl für Menschen von minderem Rang. Das machte ihn zu e i nem so guten Offizier und brachte ihm solch große B e liebtheit bei seinen Truppen. Gaser!« Er hob die Stimme, damit der Kutscher ihn hörte. »Ich begleite Nevare z u rück zu seiner Unterkunft. Wenn es Ihnen zu kalt wird, können Sie sich gern in die Kutsche setzen.«
    »Danke, Sir«, erwiderte der Mann, und seiner Stimme war zu entnehmen, dass er es ehrlich meinte. Als wir uns auf den Weg machten, war mir einigermaßen warm, nicht nur durch das Lob meines Onkels, sondern auch, weil er meine Sorge um den Kutscher ernst genommen und en t sprechend gehandelt hatte. Mein Onkel hakte sich bei mir unter, während wir gingen.
    »Nun, Nevare, wenn du raten müsstest, wo glaubst du, sind unsere Briefe abhanden gekommen?«
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, Onkel.«
    »Ach, Junge, vor mir brauchst du dich doch nicht zu verstellen. Ich vermute, wenn ich zu dem kleinen Schreibtisch meiner Frau ginge und das alberne Schloss daran aufbräche, würde ich sie alle sauber aufeinanderg e stapelt dort finden. Ich glaube, nicht einmal D a raleen würde die Frechheit besitzen, sie zu zerreißen und we g zuwerfen. Bestimmt wird sie sagen, es war ein Ve r sehen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie sich an m einen S a chen zu schaffen gemacht hat.« Er seufzte. »Nun. Warum kommen wir nicht gleich zum Kern der Sache, und du sagst mir, was du glaubst, warum sie das getan hat?«
    Dass er die Fehler seiner Frau so ruhig hinnahm, hätte es mir

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