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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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schwierigen Terrains. In solch einer Situation hilft einem aller Drill und alles Buchwissen der Welt kein Stück we i ter. Da sind Köpfchen, Einfallsreichtum und handwerkl i ches Geschick gefragt. Die Aufgabe, die ich Ihnen stelle, ist sehr einfach: Bringen Sie Ihre Patrouille über den T i lerbach. Ich habe Sie mit einer riesigen Menge an Ba u stoffen und Werkzeugen ausgerüstet, weit mehr, als I h nen auf einer ganz normalen Kavalleriestreife zur Verf ü gung stehen würde. Die Regeln sind sehr einfach. Sie müssen den Tilerbach überqueren. Sie dürfen nur die Dinge aus Ihrem eigenen Materialvorrat benutzen, aber Sie dürfen mit anderen Patrouillen die Dinge tauschen, von denen Sie glauben, dass Sie sie benötigen. Seien Sie dabei aber auf der Hut, denn was Sie einmal weggegeben haben, dürfen Sie nicht mehr zurückfordern. Die Prüfung gilt als bestanden, wenn es Ihrer Patrouille gelingt, den Bach zu überqueren. Wenn nicht, sind Sie durchgefallen. Ich gebe jeder Patrouille jetzt fünf Minuten Zeit, um sich einen Anführer auszusuchen. Nur der Anführer kann M a terial tauschen, und seine Entscheidung ist endgültig. Wählen Sie jetzt.«
    Oh, wie ich das hasste! Nicht die Prüfung als solche; im Gegenteil: Es gefiel mir sehr, die Möglichkeit zu b e kommen, meine Fähigkeiten und mein Können in der Praxis unter Beweis zu stellen. Nein, was ich hasste, war, mich zwischen Spink und Trist entscheiden zu müssen, denn ich war sicher, dass es auf einen Zweikampf zw i schen den beiden hinauslaufen würde. Und ich befürcht e te, dass die Rivalitäten innerhalb unserer Patrouille uns daran hindern würden, irgendetwas Gescheites zuwege zu bringen, sobald wir den einen oder anderen gewählt haben würden. Wie ich es befürchtet hatte, schaute Trist sofort mit einem Lächeln in die Runde und sagte: »Wie wär’s, Jungs? Ihr wisst, dass ich das kann.«
    Oron und Caleb nickten sofort, aber Gord hob die Hand. »Wartet. Ich möchte einen anderen für diese Au f gabe vorschlagen.«
    »Aber nicht Spink!«, sagte Oron mit entschiedener Stimme.
    »Nein, nicht Spink«, sagte Gord zu meinem Entsetzen, denn ich ahnte, was jetzt kam. »Ich schlage Nevare vor. Seine Noten waren immer ausgezeichnet, und er hat mehr als einmal gezeigt, dass sein Vater ihm eine prakt i sche Grundausbildung für diese Art von Arbeit mit auf den Weg gegeben hat. Ist es nicht so, Nevare?«
    Noch keine Woche vorher wäre ich vor Stolz und Freude über Gords Lob rot geworden, und auch über die zustimmenden Blicke, mit denen meine Kameraden mich anschauten. Heute jedoch lösten sie großes Unbehagen in mir aus. Wollte ich Lob von Leuten, die vielleicht betr o gen oder andere zum Betrügen anstifteten? Daher sagte ich bloß unwirsch: »Ich habe zwei Viehbrücken gebaut. Und beim Bau der Fußgängerbrücke für den Garten me i ner Schwestern mitgeholfen.«
    Es folgte langes Schweigen. Trist machte ein betret e nes Gesicht, nicht bloß, weil Gord jemand anderen als Spink vorgeschlagen hatte, sondern weil er mich vorg e schlagen hatte. Aber Rory, Nate und Kort nickten alle drei heftig, und nach einem kurzen Moment des Zögerns nickte auch Spink. Trist zuckte bloß mit den Achseln. »Wenn ihr das so wollt, Jungs«, sagte er, als mache es ihm nicht das Geringste aus. Daraufhin nickte auch Caleb sofort. Trist schien es für eine ziemlich großzügige Geste zu halten, dass er nachgab, und ich denke, das war es auch. Wir standen immer noch unschlüssig herum, als Hauptmann Maw schließlich verkündete: »Die Zeit ist um. Nennen Sie mir Ihre Anführer.«
    »Kadett Nevare Burvelle«, rief Trist, bevor ich irge n detwas sagen konnte. Dann sagte er leise zu mir: »Mach deinen Job nur ja gut, Burvelle. Wenn wir hier durchfa l len, fliegen wir alle wegen dir raus.«
    Seine Worte verwandelten meine Freude über den Z u spruch seitens meiner Kameraden schlagartig in heiße Angst. War das der Grund, warum weder Spink noch Trist sich um diesen Posten gerissen hatten? Weil ein Scheitern eine solch spektakuläre Niederlage gewesen wäre?
    Der Gedanke jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken, aber Rory nickte grinsend wie ein Frosch in meine Richtung und sagte: »Los, Kommandeur Burvelle, nun führ uns mal schön.«
    Selbst wenn es nur im Spaß gesagt wird, lässt es einen wahrscheinlich nicht kalt, wenn man zum ersten Mal mit »Kommandeur« angeredet wird. Ich dachte darüber nach, als Maw uns allen befahl, ihm nach draußen in das raue Wetter zu folgen. Jeder von uns

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