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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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aufgehabt hatte, als sie mit meinem Onkel zur Akademie gekommen war, um mich abzuholen. »Epiny!«, schrie ich, aber wenn sie mich über das Getöse hinweg gehört hatte, so blieb sie jedenfalls nicht stehen. Ich versuchte, mich durch die Menge zu ihr zu drängeln, mit dem einz i gen Ergebnis, dass ein wütender Betrunkener mir Schl ä ge androhte, sollte ich ihm noch einen Rippenstoß ve r setzen. Als ich es endlich geschafft hatte, an ihm vorbei, oder besser, um ihn herum zu kommen, war der Hut b e reits im Eingang eines dunkelblauen Zelts verschwunden, das mit Bildern von Schlangen, Sternen und Schnecke n häusern verziert war. Ich bahnte mir einen Weg dorthin. Das Plakat neben dem Eingang verkündete, dass im I n nern des Zelts MISSGEBURTEN, GROTESKE G E STALTEN UND WUNDER DER MENSCHHEIT! zu bestaunen seien. Nun, das würde doch gewiss etwas für Epiny sein, schoss es mir sofort durch den Kopf. Ich rei h te mich in die Schlange vor dem Eingang ein. Einen A u genblick später gesellten sich zu meiner Überraschung Trist, Rory, Oron und Trent zu mir. Sie begrüßten mich herzlich, klopften mir auf die Schulter und fragten mich, wie mir der Dunkelabend bisher gefalle. Ich glaube, ihr lautstarkes Auftreten hatte hauptsächlich den Zweck, den Leuten, die bereits hinter mir in der Schlange warteten, deutlich zu machen, dass sie meine Kumpels waren und vorhatten, sich dort anzustellen, wo ich war. Ich war i n des sehr froh, sie zu sehen, und fragte sie sogleich, ob sie Spink gesehen hatten.
    »Er ist mit uns gekommen«, schrie Rory über den al l gemeinen Tumult hinweg. »Aber er hat sich, kaum dass wir hier waren, von uns getrennt. Seitdem hat ihn keiner von uns mehr gesehen.«
    »Caleb hat sich auf die Suche nach Gratishuren g e macht«, klärte mich Trist auf, als habe ich ihn um diese Information gebeten. »Nate und Kort suchen unterdessen nach welchen, die Geld dafür nehmen.«
    Ich schaute mir ihre Gesichter an, die erhitzt vom Z e chen und vom Karneval waren, und überlegte, was ich ihnen sagen sollte. Die Worte stiegen mir wie Galle in der Kehle hoch. Ich schluckte sie wieder herunter. Sie würden früh genug erfahren, dass wir alle ausgesondert worden waren. Ich fühlte mich alt, als ich beschloss, dass ich ihnen diesen letzten schönen Festtag nicht vergällen würde. Sollten sie ihn unbeschwert genießen!
    Die Schlange bewegte sich wieder ein winziges Stück vorwärts, und Rory schwärmte mir von den syinesischen Tänzerinnen vor. »Die musst du unbedingt sehen«, e r klärte er mir. »Ich hatte keine Ahnung, dass eine Frau sich dermaßen verbiegen kann!« Worauf Oron säuerlich bemerkte: »Keine richtige Frau kann das, du Trottel!«
    Mitten in dem Wortwechsel, der daraufhin entbrannte, stieß Trist Rory mit dem Ellenbogen in die Rippen und rief: »Schau mal dort! Ich bezweifle, dass er Ausgang für die Kirmes gekriegt hat. Ich wette, Oberst Stiet denkt, sein Sprössling liegt brav zu Hause in seinem Rollbet t chen und pennt!«
    Ich konnte nur einen kurzen Blick erhaschen, bevor die Menge mir wieder die Sicht verstellte. Es war ta t sächlich Caulder, mit glühend roten Bäckchen, die Mütze schief auf dem Kopf. Mehrere Kadetten von der Akad e mie waren bei ihm, allesamt Söhne von altem Adel, die meisten von ihnen Zweitjährler. Zwei davon erkannte ich sofort wieder. Jaris und Ordo gingen einander unte r gehakt und johlten und schrien mit dem Anreißer um die Wette, der versuchte, sie in sein Zelt zu locken, wo sie der Auftritt der Gebrüder Hidaspi erwartete, der, so der Anreißer, »weltberühmten Jongleure aus dem fernen E n tien«. Die anderen Kadetten ließen unterdessen eine Fl a sche kreisen. Ich sah, wie einer sie Caulder in die Hand drückte. Er nahm sie, und auf das Drängen der anderen warf e r den Kopf in den Nacken und nahm einen orden t lichen Schluck. Ich sah sein Gesicht, als er die Flasche wieder absetzte. Das Zeug schmeckte ihm sichtlich nicht, aber er schluckte es tapfer herunter. Danach grinste er gequält, und ich fragte mich, ob er jetzt wohl die Zähne zusammenbiss, um es nicht wieder ausspeien zu müssen.
    »Die füllen den Knaben aber ordentlich ab!«
    Rory lachte schallend. »Wenn er glaubt, von dem Kautabak wär ihm schlecht geworden, dann soll er erstmal sehen, was passiert, wenn das Zeug da in seinem Bauch ankommt. Der wird sich bis morgen früh die Seele aus dem Leib kotzen!«
    Trist und Trent lachten wiehernd über Rorys groben Spruch. Oron verzog leicht angewidert das Gesicht

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