Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
Fleck berührt? Im Traum hatte ich weit mehr als das getan. Die Flec k frau, die ich berührt hatte, war üppig und schön gewesen. Nein. Fett und abstoßend war sie gewesen. »Es war nicht real. Es zählt nicht.«
    »Das reicht mir nicht als Antwort. Ja oder nein, K a dett. Hatten Sie Körperkontakt mit einem oder einer Fleck? Sie brauchen sich nicht zu schämen. Dafür ist es jetzt zu spät. Wir wissen, dass mehrere andere Kadetten Verkehr mit der Fleckfrau hatten. Sie auch? Antworten Sie! Ja oder nein?«
    »Ja oder nein«, wiederholte ich seine Worte gehorsam.
    Ein gereiztes Seufzen. »Also ja. Ich schreibe ›ja‹ hin.«
    Doktor Amicas hatte richtig vermutet. Es war die Fleck-Seuche. Dass sie so weit im Westen und dazu auch noch im Winter zuschlug, widersprach allem, was wir bisher über diese Krankheit wussten. Bis dahin hatte es allgemein geheißen, dass sie in den heißen staubigen T a gen des Sommers aufflammte und in den nasskalten T a gen des Herbstes wieder abebbte. Aber alle anderen Symptome stimmten überein, und Doktor Amicas, der die Krankheit aus erster Hand erlebt hatte, blieb von B e ginn an unerschütterlich bei seiner Diagnose.
    Diejenigen von uns, die von der ersten Welle der Ep i demie erwischt wurden, hatten in gewisser Hinsicht Glück, denn in den ersten Tagen der Seuche wurden wir gut versorgt. Die erste Gruppe von Kadetten, die an der Seuche erkrankte, bestand ausschließlich aus denen, die die Schaubude besucht hatten. Ich erinnere mich ve r schwommen daran, wie ein zerknitterter und unrasierter Oberst Stiet an unseren Betten auf und ab marschierte, uns laut als Perverse beschimpfte und ankündigte, wir würden alle unehrenhaft entlassen werden wegen wide r natürlichen Beziehungen. Ich erinnere mich, wie Doktor Amicas ihn darauf hinwies, dass es »allein rechnerisch schlechterdings unmöglich ist, dass alle diese Burschen in einer einzigen Nacht Geschlechtsverkehr mit ein und derselben Fleckfrau hatten. Selbst wenn sie Schlange gestanden haben, reichte die Zeit dazu einfach nicht. Ich zähle Ihren Caulder natürlich auch mit zu dieser Gruppe. Dass er sich so schnell angesteckt hat, spricht dann ja dafür, dass auch er Verkehr mit ihr gehabt hat.«
    »Wie können Sie es wagen, auch nur zu denken, dass mein Sohn an etwas derart Widernatürlichem beteiligt gewesen sein könnte? Wie können Sie es wagen, das auch nur anzudeuten? Einer der Kadetten, die sich mit dieser gestreiften Hure eingelassen haben, muss meinen Sohn angesteckt haben. Das ist die einzig mögliche E r klärung.«
    Die Stimme des Doktors klang müde, aber unerschü t terlich. »Dann – sofern Sie nicht sagen wollen, dass Ihr Sohn widernatürliche Beziehungen zu einem dieser K a detten hatte – müssen wir einräumen, dass die Seuche auch auf anderem Wege als durch sexuellen Kontakt übertragen werden kann. In welchem Fall womöglich nur ein paar der Kadetten Verkehr mit der Hure hatten.«
    »Sie haben es zugegeben! Ein halbes Dutzend von diesem Neuadel-Geschmeiß hat es zugegeben!«
    »Und genauso viele von Ihren feinen Altadel-Söhnen haben es ebenfalls gestanden. Hören Sie auf, mir Vortr ä ge zu halten, Herr Oberst. Wie diese Krankheit ausgebr o chen ist, das ist jetzt längst nicht mehr die Frage, um die es geht. Jetzt geht es darum, ihre weitere Ausbreitung zu verhindern.«
    Die Stimme des Obersts war leise und entschlossen. »Wir hatten in Alt-Thares noch nie einen Fall von Flec k seuche. Ist es ein Zufall, dass sie ausgerechnet zum e r sten Mal bei uns ausbricht, nachdem junge Männer eine Fleck-Hure besucht haben? Ich glaube, nicht. Die Stad t oberen, die die Schaubude inzwischen geschlossen h a ben, glauben das auch nicht. Die, die bei der Hure waren, sind genauso schuldig wie der Zirkus, der die Hure in die Stadt gebracht hat. Und sie sollten bestraft werden für das, was sie damit über uns alle gebracht haben.«
    »Sehr gut«, räumte der Doktor müde ein. »Sie zerbr e chen sich jetzt den Kopf darüber, wie wir sie bestrafen sollen. Ich versuche unterdessen, sie am Leben zu halten, damit Sie überhaupt noch jemandem haben, den Sie b e strafen können. Würden Sie das Krankenrevier jetzt bitte verlassen?«
    »Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen!«, schnaubte der Oberst wütend. Ich hörte, wie er hinau s stürmte, und fiel dann wieder in fiebrigen Schlaf.
    Doktor Amicas’ Plan, die Akademie unter Quarantäne zu stellen und damit die Seuche einzudämmen, war von vornherein zum Scheitern

Weitere Kostenlose Bücher