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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ist in Gefahr.«
    »Ich habe selbst mit einer ernsten Situation zu tun, Doktor. Caulder ist krank, sehr krank. Vor über einer Stunde habe ich zum ersten Mal einen Boten zu Ihnen geschickt. Als er zurückkam, konnte er mir lediglich s a gen, Sie seien ›beschäftigt‹. Als ich dann ins Krankenr e vier kam, um Sie persönlich zu holen, hieß es, Sie seien in Haus Carneston. Und nun finde ich Sie hier vor, damit beschäftigt, verkaterten Kadetten Händchen zu halten, während mein Sohn drüben mit hohem Fieber kämpft. Das ist inakzeptabel, Doktor Amicas! Absolut inakzept a bel!«
    »Fieber! Verdammt! Dann bin ich zu spät dran. Es sei denn …« Der Doktor hielt inne und legte die Stirn in Fa l ten. Endlich gelang es mir, mich meines Hemdes zu en t ledigen. Ich ließ es auf den Boden fallen, neben meine Stiefel. Als Nächstes nahm ich mir meinen Gürtel vor.
    »Ich will, dass Sie sofort an das Bett meines Sohnes kommen! Das ist eine Befehl!« Oberst Stiets Stimme bebte vor Erregung.
    »Ich will, dass die gesamte Akademie unter Quarant ä ne gestellt wird.« Der Doktor klang, als sei er alle seine Möglichkeiten durchgegangen und zu einer Entscheidung gelangt. Ich bin ziemlich sicher, dass er die Worte von Oberst Stiet gar nicht mitbekommen hatte. »Es ist unb e dingt notwendig, Sir. Unbedingt notwendig. Ich fürchte, wir haben es hier mit den ersten Fällen der Fleckseuche hier im Westen zu tun. Die Symptome stimmen bis aufs I-Tüpfelchen mit denen überein, die ich vor zwei Jahren in Fort Gettys gesehen habe. Wenn wir Glück haben, können wir sie hier aufhalten, bevor sie auf die ganze Stadt übergreift.«
    »Fleckseuche? Das kann nicht sein. So weit im W e sten hat es noch n ie einen Fall von Fleckseuche geg e ben.« Der Oberst war bestürzt; der scharfe Befehlston war aus seiner Stimme verschwunden.
    »Und jetzt ist sie hier angekommen.« Wut und Res i gnation klangen gleichermaßen aus der Stimme des Do k tors heraus.
    Ich sprach, ohne zu denken. Meine eigene Stimme schien aus großer Ferne zu kommen. »Gestern Nacht h a ben wir auch Fleck gesehen. Am Dunkelabend. In der Schaubude. Sie haben den Staubtanz aufgeführt.«
    »Fleck?«, rief der Oberst entsetzt aus. »Hier? In Alt-Thares?«
    Der Doktor fragte mich über ihn hinweg: »Waren sie krank? Wirkten sie irgendwie angegriffen oder krän k lich?«
    Ich schüttelte den Kopf. Das Zimmer schaukelte lan g sam um mich herum. »Sie haben getanzt«, sagte ich. »Sie haben getanzt. Die Frau war wunderschön.« Ich versuc h te, mich langsam auf mein Bett zurücksinken zu lassen. Stattdessen begann das Zimmer plötzlich wild um mich herum zu kreisen, und ich fiel. Dann wurde es schwarz um mich herum.

23. Die Seuche
     
    Meine Erinnerungen an jene Tage sind verschwommen, wie Bilder, die man durch eine schlecht geschliffene L u pe sieht. Gesichter kamen mir zu nahe, Geräusche e r schreckten mich, Licht bohrte sich gleißend in meine Augen. Ich wusste nicht, wo ich war. Meinem Bett g e genüber war ein Fenster, und helles Winterlicht schien mir direkt ins Gesicht. Es standen noch weitere Betten in dem Zimmer, und alle waren belegt. Ich hörte Husten, Würgen und fiebriges Stöhnen. Mein Leben war ve r schwunden. Ich wusste nicht, wohin.
    »Bitte. Hören Sie mir zu.«
    Ein Krankenwärter saß an meinem Bett. Er hielt ein geöffnetes Notizbuch in der linken, einen Bleistift in der rechten Hand. »Konzentrieren Sie sich, Kadett. Der Do k tor will, dass jeder Patient diese Fragen beantwortet, ganz gleich, in welchem Zustand er ist. Es könnte die letzte wichtige Tat sein, die Sie in Ihrem Leben tun. Haben Sie einen Fleck berührt?«
    Mir war nicht nach Reden zumute. Ich wollte nur, dass er fortging. Dennoch versuchte ich es. »Sie haben Staub auf uns geworfen. Direkt auf uns.«
    »Haben Sie einen Fleck berührt, oder hat ein Fleck Sie berührt?«
    »Rory hat das Bein der Fleckfrau gestreichelt.« Als ich das sagte, kehrten meine Erinnerungen an die Schaubude schlagartig in aller Schärfe zurück. Ich sah, wie der Mund der Frau sich öffnete, als er sie streichelte. Ich öf f nete meinen eigenen Mund. Ich sehnte mich danach, sie zu küssen.
    Eine Stimme ließ das Bild zerstieben. »Das haben Sie mir bereits gesagt. Sechsmal. Sie, Kadett. Sie …« Er blätterte eine Seite in seinem Notizbuch um und fand offenbar meinen Namen. »Kadett Nevare Burvelle. H a ben Sie einen Fleck berührt oder sich von einem Fleck berühren lassen?«
    »Eigentlich … nicht.« Hatte ich einen

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