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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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nahm mir das Glas aus meiner zitternden Hand und stellte es auf den Nachttisch.
    »Ganz sicher. Erzähl’s mir.«
    Wieder schaute sie auf den Zettel in ihrer Hand. »Von deinen anderen Freunden blieb Kort von der Krankheit verschont. Rorys Erkrankung hatte einen sehr milden Verlauf. Trist erkrankte und erholte sich wieder, aber ähnlich wie Spink wird er körperlich nie mehr ganz der alte sein. Spink glaubt, dass sie ihn nach Hause schicken werden. Gord und seine Familie sind noch nicht wieder in die Stadt zurückgekehrt und daher ebenfalls von der Krankheit verschont geblieben. Oberst Stiet und sein Sohn Caulder lagen beide tagelang erkrankt darnieder. Sie werden beide durchkommen, aber der Oberst hat die Leitung der Akademie niedergelegt. An seine Stelle ist wieder Oberst Rebin getreten. Spink hat Gerüchte gehört, dass Rebin sich freut, die Leitung wieder innezuhaben, und er soll die Absicht geäußert haben, ›den Laden wi e der in Ordnung zu bringen‹, sobald die Mehrzahl seiner Kadetten wieder genesen ist. Überall in der Stadt sind Menschen an der Seuche gestorben, aber am schlimmsten war es innerhalb der Akademie. Mein Vater sagt, die Seuche habe die Reihen der Offiziersanwärter erheblich gelichtet. Er glaubt, dass viele Soldatensöhne jetzt auf eine Ausbildung an der Akademie verzichten werden, um sich stattdessen einfach ein Patent zu kaufen, so, wie sie’s früher gemacht haben, weil das Gerangel um Posten jetzt nicht mehr so heftig sein wird, wie es das einmal war.« Sie räusperte sich.
    »Spink hat auch davon gesprochen. Er sagt, die Unte r schiede zwischen Soldatensöhnen aus dem alten Adel und aus dem neuen haben an Bedeutung verloren, weil die Krankheit sie alle eine Zeitlang zu Kameraden g e macht habe. Und er meint außerdem, dass die Akademie es sich politisch gesehen nicht mehr leisten kann, wähl e risch hinsichtlich ihrer Studenten zu sein. Er hat bereits Gerüchte gehört, dass Rebin vorhat, viele der ausgeso n derten Studenten aus den vorausgegangenen Jahrgängen zurückzuholen, um ein Offizierscorps für die Zukunft aufzubauen. Spink sagt, es werde gemunkelt, wenn die Akademie keine Anstalten unternehme zu beweisen, dass dort geschulte Offiziere besser sind als die, die sich ihren Posten einfach kaufen, die Existenz der Akademie selbst in Frage gestellt werden könnte. Schließlich ist ihr U n terhalt nicht gerade billig.«
    Ich schwieg eine Weile, während ich ihre Worte auf mich wirken ließ.
    Es war befremdlich, Epiny so kenntnisreich von der Akademie und den langfristigen Auswirkungen der Se u che auf unsere militärische Struktur sprechen zu hören. Sie hätte eine gute Kavallafrau abgegeben, dachte ich wehmütig. »Es muss Spink das Herz brechen, dass seine Karriere schon zu Ende ist, bevor sie überhaupt angefa n gen hat«, sagte ich, mehr zu mir selbst als zu Epiny.
    »Es wäre wahrscheinlich für uns alle leichter, wenn es so wäre«, sagte Epiny. »Nein, es bricht ihm nicht das Herz. Er wird wütend, wann immer jemand auch nur A n deutungen macht, er werde sich womöglich nicht gen ü gend von der Krankheit erholen, um weiter dienen zu können. Er wird nach Hause reisen, da wird ihm wohl keine andere Wahl bleiben. Aber er sagt, dass er wieder ganz gesund werden wird, und sobald das der Fall sei, werde er auf die Akademie zurückkehren. Er sei ein So l datensohn und werde Soldat werden, ganz gleich, was andere in diesen schwierigen Zeiten auch täten.«
    »Was andere täten?«, fragte ich. »Was meint er d a mit?«
    »Oh. Ich habe vergessen, dass du ja die ganze Zeit über von der Außenwelt abgeschnitten warst. Die Ak a demie hat schwer leiden müssen, aber Alt-Thares ebe n falls. Nicht wenige Adelsfamilien haben ihre Erstgebor e nen verloren. In manchen Fällen ist auch das Familie n oberhaupt selbst gestorben. Die Lücke, die das in die Reihen der Mitglieder des Rats der Herren gerissen hat, ist gewaltig. Mit der Unterstützung der Priesterschaft ernennen viele Familien einen jüngeren Sohn zum Erben, bevor sie einen Vetter zum Erben einsetzen. Das hat viel böses Blut geschaffen, da manch ein hoffnungsfroher Vetter sich plötzlich um ein Erbe geprellt sieht, das schon so greifbar nahe schien. Aber die Priester haben die F a milien darin bestärkt.«
    »Das ist Wahnsinn!« Ich konnte nicht glauben, was ich da hörte. »Das ist ein Schlag ins Gesicht des gütigen Gottes! Wie können die Priester das zulassen?«
    »Mein Vater sagt, wir müssen darauf vertrauen, dass die

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