Nevare 01 - Die Schamanenbrücke
Stahl, Pferde, die auch mit holprigem Geläuf zurechtkamen, Pferde, die zur Not auch für sich selbst sorgen konnten. Und genau so ein Pferd hast du in Sirlofty.« Er nickte in die Richtung me i nes hochgewachsenen Reittieres, das im Schatten am Rande des Lagerfeuers döste. Und es klang fast wide r strebend, als er hinzufügte: »Ich weiß nicht, wie er sich in den Bergen bewähren wird. Ich weiß auch nicht, wie sich unsere Kavalla schlagen wird, wenn wir in bewald e tem Gelände kämpfen müssen, falls es dazu kommt. Und das wird es, glaube ich.«
»Sie glauben also, wir werden Krieg gegen die Fleck führen?«
Wenn es hell gewesen wäre und wir zu Pferde gew e sen und beim Sprechen im Trab geritten wären, hätte er, glaube ich, meine Frage bewusst überhört. Ich glaube, er sprach ebenso sehr mit der Nacht und den Sternen wie mit dem wohlgeborenen Sohn seines alten Hauptmanns, als er erwiderte: »Ich glaube, wir liegen bereits mit ihnen im Krieg, nach dem wenigen, was ich bisher erfahren habe. Wir mögen es vielleicht noch nicht als Krieg b e zeichnen, aber ich denke, die Fleck würden es so nennen.
Und ich wünschte, ich könnte dich besser darauf vo r bereiten, aber ich kann es nicht. Du wirst nicht wie dein Vater und ich Streife in den sanften Hügeln der Prärie reiten. Du wirst deinen Dienst am Rande der Wildlande verrichten, in den Ausläufern des Barrierengebirges. Dort sind die Verhältnisse vollkommen anders. Dort ragen Klippen und gähnen Abgründe. Dort lauert Wald, der so dicht ist, dass nicht einmal eine Katze ihn zu durchdri n gen vermöchte; die Fleck aber tauchen in ihn ein und a us ihm hervor wie Schatten. Alles, was ich dir beibringen kann, ist die Einstellung, die du dort brauchst; ich weiß weder, auf was für Pflanzen oder Tiere du dort treffen wirst, noch, wie die Fleck Krieg führen. Aber wenn du dich dazu durchringst, dich hier von Eidechsenbeinen und Kakteen zu ernähren, dann, denke ich, wirst du den Schneid haben, es dort zu schaffen. Ich glaube, du wirst uns alle stolz machen. Falls die Umstände dich jemals zwingen sollten, dass du Affeneintopf essen musst, e r warte ich, dass du ordentlich reinhaust und genauso stark weiterreiten wirst wie vorher.«
Solches Lob von dem struppigen alten Sergeanten ließ mich so heftig erröten, dass es sogar im Dunkeln zu s e hen war. Ich wusste, wenn er schon mir solche Dinge sagte, würde er ganz gewiss meinem Vater noch mehr sagen. Sie waren Seite an Seite geritten und hatten Seite an Seite gekämpft, und ich wusste, dass mein Vater die Ansichten des alten Haudegens sehr schätzte, denn sonst hätte er mich niemals in seine Obhut gegeben.
»Ich danke Ihnen, Sergeant Duril, für das, was Sie mir beigebracht haben. Ich verspreche Ihnen, ich werde I h nen niemals Schande machen.«
»Ich brauche dein Versprechen nicht, Junge. Ich kenne deine Entschlossenheit, und die ist mir gut genug. Ich habe dir alles beigebracht, was ich konnte. Achte darauf, dass du nichts davon vergisst, wenn dein Papa dich auf diese piekfeine Kavallaakademie im Westen schickt. Dort wirst du zusammen mit den Söhnen von Herren ausgebildet werden, die glauben, dass das Führen einer Attacke etwas ist, das man tut, nachdem man sich den Bart gewichst und die Hosen hat bügeln lassen. Lass dich von denen nicht unterkriegen. Aus dir soll ein richtiger Offizier werden, einer wie dein Papa. Denk daran. Du kannst Autorität delegieren …«
»… aber nicht Verantwortung«, vollendete ich den a l ten Spruch meines Vaters und fügte dann hinzu: »Ich will’s versuchen, Sergeant.«
»Ich weiß, dass du das wirst. Schau mal, da oben. Eine Sternschnuppe. Gott ist dein Zeuge.«
7. Die Reise
Meinem Vater war es niemals vergönnt gewesen, die Kavallaakademie des Königs in Alt-Thares zu besuchen. In seiner Jugendzeit hatte es sie noch nicht gegeben. Er hatte eine allgemeinere militärische Ausbildung im alten Waffeninstitut erhalten und damit gerechnet, Artillerieb e fehlshaber zu werden und unsere befestigte Meeresküste gegen ausländische Kriegsschiffe zu verteidigen. Das war noch bevor Carson Helsey die nach ihm benannte Kanone für die Kriegsmarine von Landsang entwickelt hatte. In einem einzigen furchtbaren Sommer hatte diese Umrüstung der Kanonen auf ihren Schiffen dazu geführt, dass sie unsere Festungen zu Klump geschossen hatten, während ihre Kriegsschiffe aus sicherer Distanz auße r halb der Reichweite unserer Artillerie hatten operieren können. Was genau Helsey
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