Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte

Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte

Titel: Never forget - das Mädchen, das sich nicht erinnern durfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
Vom Netzwerk:
der Kerl uns bemerkt.« Wir gehen zurück auf die weniger belebte Straße, doch als wir dort ankommen, bleiben wir stehen. Wir können nirgendwohin. Als wir reglos dastehen, merke ich, wie kalt es ist.
    »Vielleicht sollte ich einfach zur Polizei gehen«, sage ich. Doch mitten im Satz bricht meine Stimme.
    »Glaubst du immer noch, dass du in Portland die Antwort findest?«, fragt Ty.
    »Ja.« Bebend hole ich Luft. »Aber was spielt das für eine Rolle, wenn wir nicht dorthin gelangen?«
    »Vielleicht weiß ich einen Weg. Es ist ein bisschen riskant, aber was haben wir schon zu verlieren?«
    In Tys Fall eine ganze Menge. Nachdem er mir seinen Plan verraten hat, habe ich keine Chance, ihm die Sache wieder auszureden. Er könnte eine Menge Ärger mit den Cops bekommen, ganz zu schweigen von den Männern. Doch bei jedem Einwand schüttelt er nur den Kopf. Und schließlich gebe ich nach. Ich bin mir nicht sicher, ob es klappt, und jemand anderes wird dadurch einen ziemlich miesen Tag haben, aber ich habe ganz bestimmt keine bessere Idee. Und nach all den verrückten Sachen, die ich in den letzten beiden Tagen gemacht habe, ergibt Tys Plan fast einen Sinn.
    In einem Billigladen kauft er zwei hässliche Männerjogginghosen, eine für mich und eine für sich selbst. Wir gehen zurück in die Bibliothek, wo wir auf der Herrentoilette aus unseren Jeans in die Jogginghosen wechseln. Ich bin ein wenig nervös, aber die Toilette ist leer. Niemand schaut uns nach, als wir hinausgehen. Die beiden Jeans stopfen wir in meinen Rucksack zu dem Foto und der Pistole.
    Unser nächstes Ziel ist Bend’s Fast Fitness. Durch die deckenhohen Fenster, die zur Straße hinausgehen, sieht man Crosstrainer, Laufbänder und Stepper. Doch nach hinten raus, zu dem fast voll belegten Parkplatz, gibt es keine Fenster. Nachdem wir uns vergewissert haben, dass uns niemand beobachtet, verstecken wir unsere Skateboards und den Rucksack hinter einem Busch. Ty macht sich Sorgen, dass uns die Skateboards jemand klaut, vor allem das, das James gehört. Und ich? Es gefällt mir nicht, das gerahmte Foto meiner Familie aus den Augen zu lassen. Das und Dillows Waffe.
    Wir gehen um die Ecke zurück und betreten das Fitnessstudio, wo Ty direkt auf die Rezeption zusteuert. Er hat immer noch seine Baseballmütze auf und ich habe mir die Kapuze übergezogen. Ich kann keine Kameras entdecken, aber wir wollen kein Risiko eingehen.
    »Zwei Tageskarten, bitte.« Er bezahlt die sechs Dollar in bar. Ich weiß, dass er nicht mehr viel übrig hat. Wir haben beschlossen, dass es besser ist, kein Geld zu haben, als mit einer Bankkarte Spuren zu hinterlassen, weshalb wir auch die hässlichen Hosen in bar bezahlt haben.
    Im Workout-Raum stehen die Cardio-Trainingsgeräte, die wir von außen gesehen haben, sowie freie Gewichte und ein Dutzend Krafttrainingsgeräte mit Gewichten. An der hinteren Wand befinden sich offene Holzfächer, die die Form von Bienenwaben haben. Die meisten der Fächer sind belegt: In einem liegt eine Jacke, in einem anderen eine Wasserflasche, in der nächsten ein Pulli und zwei Zeitschriften. Von hier aus lässt sich nicht feststellen, ob in einem der Fächer auch ein Schlüsselbund liegt. Wir brauchen ja nur einen.
    »Wenn wir drin sind, musst du eine Szene machen«, hatte Ty mir eingeschärft. »Damit dich alle im Fitnessstudio mindestens dreißig Sekunden lang anstarren.«
    Zuerst hatte ich mir überlegt, einen Anfall vorzutäuschen, aber dann würde vielleicht jemand den Notarzt rufen. Deshalb haben wir uns Plan B ausgedacht.
    Ich gehe jetzt hinüber zu den freien Gewichten, nehme mir zwei Fünf-Kilo-Hanteln und mache Armbeugen. Dabei lasse ich meinen Blick seitwärts zu Ty wandern, der jetzt neben den Fächern steht. Er nickt.
    Ich lasse eine der Hanteln durch meine Finger gleiten. Die Idee war eigentlich, dass sie danebenfällt und ich nur so tue, als hätte sie mich getroffen, aber stattdessen federt sie mir nach dem Aufprall auf den kleinen Zeh.
    Ich fange an zu schreien. »Aua!« Schauspielere nicht. Fühle es. Ich sammle alles an Angst und Schmerzen zusammen, die ich in den letzten vierundzwanzig Stunden ertragen musste, und kanalisiere sie, bis ich nicht mehr unterscheiden kann, wo die Vergangenheit aufhört und die Gegenwart anfängt. »Au!« Ich ziehe den Schrei in die Länge, bis daraus praktisch ein Jodeln wird. Alle Augen sind auf mich gerichtet. Sogar die Leute, die auf den Laufbändern fernsehen, und die, die mit weißen Stöpseln in den

Weitere Kostenlose Bücher