Never tell a lie - Lügen können töten - Psychothriller
Kehle.
»Bis sie sich davon überzeugt haben, dass es hier nichts zu finden gibt«, sagte Theo.
»Aber …«
»Kein aber«, unterbrach sie Theo und hielt ihr die Autotür auf. »Im Augenblick hilfst du uns am meisten, wenn du nicht da bist.«
Zögernd stieg Ivy ins Auto. Sie winkte noch einmal und fuhr rückwärts aus der Parklücke. Der Verkehr bewegte sich im Kriechgang durch die Stadt. All diese Leute,
die sich nach einem Arbeitstag auf dem Heimweg befanden, hatten keine größeren Sorgen im Kopf als die Frage, ob sie zu Hause kochen oder sich etwas mitnehmen sollten.
Als sie in die Laurel Street einbog, war es bereits dunkel. Sie lenkte den Wagen in die Einfahrt und unter das Vordach und stellte den Motor ab. Als sie fortgefahren war, hatte sie nicht daran gedacht, ein Licht brennen zu lassen. Sie sah erst in den Rückspiegel, dann in die Seitenspiegel, blickte unbehaglich um sich und versuchte, mit den Augen die Dunkelheit zu durchdringen, die sie umgab. Dabei hatte sie das Gefühl, beobachtet zu werden, obwohl keine Übertragungswagen und kein Radfahrer mit Handykamera auf sie warteten. Ihre Rückenmuskeln vibrierten wie Geigensaiten.
Sie hätte nicht nachgeben sollen. Sie wollte nicht allein hier sein, sich den Kopf zermartern, was gerade passierte, und auf Davids Rückkehr warten.
Sie zog ihr Handy aus der Tasche, wählte Jodys Nummer und wartete darauf, dass die Verbindung zustande kam.
Ein Klopfen am Autofenster direkt neben ihrem Kopf ließ sie zusammenfahren. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
Im ersten Augenblick konnte sie nichts erkennen als zwei kleine Lichtfünkchen, die sie wie zwei scharfe Augen anzustarren schienen. Dann sah sie, dass es Mrs Bindel war. Sie trug eine Brille, an deren Gestell zwei winzige Lämpchen befestigt waren.
Ivy winkte ihr kraftlos zu. Sie schaltete ihr Handy aus
und atmete ein paarmal tief durch, um ihren Herzschlag zu beruhigen. Dann drückte sie auf den Hebel zum Öffnen des Kofferraums und stieg aus dem Wagen.
»Ich dachte, Sie bräuchten vielleicht eine kleine Aufmunterung«, sagte Mrs Bindel und hielt ihr einen mit Alufolie bedeckten Teller entgegen. »Es muss zurzeit sehr schwer für Sie sein.« Sie sah Ivy an und lenkte die Lichtstrahlen direkt in ihr Gesicht. Ivy beschattete ihre Augen.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Mrs Bindel. »Das sind Leselichter. Raffiniert, finden Sie nicht auch? Ich habe sie im Internet gefunden.« Sie berührte eine Ecke des Brillengestells, und die Lichter gingen aus, so dass die Dunkelheit noch undurchdringlicher wirkte als zuvor. »Eine wunderbare Sache, das Internet.«
»Das ist es wirklich.« Ivy lachte. So viel zu der Behauptung, dass die Menschen im Alter nicht mehr lernfähig seien.
Sie stieg die Stufen zur Küchentür hinauf und tastete nach dem Schlüsselloch. Sie sperrte die Tür auf, öffnete sie, griff hinein und knipste die Außenbeleuchtung an.
»Es ist schrecklich. Eine Frau verschwindet ganz einfach.« Mrs Bindels Stimme klang wie dürres Laub. »Selbst zu meiner Zeit hatte so eine Geschichte selten ein Happy End. Die Polizei hat mir ein Foto von ihr gezeigt, aber ich habe ihnen gesagt, dass ich sie nicht gesehen habe.«
Ivy ging zum Wagen zurück und versuchte, den Karton mit dem schicken Kinderwagen aus dem Kofferraum zu wuchten. Er wog eine Tonne. Als sie eine Ecke des Kartons auf die Kante des Kofferraums gezerrt hatte,
kippte sie ihn nach vorn, bis sich der Schwerpunkt verschob und er auf den Boden rutschte.
Mrs Bindel stellte den Teller auf die Stufen und half Ivy, den Karton zum Haus zu schleifen und an die Wand zu lehnen. »Sie sollten es lieber Ihrem Mann überlassen, das für Sie ins Haus zu tragen«, meinte sie.
Ivy nahm den Geschenkkorb und die Einkaufstüten mit den anderen Geschenken aus dem Kofferraum. Mrs Bindel folgte ihr zur Küchentür. Ivy stellte den Korb und die Tüten auf den Boden im Vorraum und wandte sich zu Mrs Bindel um.
»Wie nett von Ihnen, mir das hier zu bringen.« Sie nahm den Teller und hob die Aluminiumfolie an. Es roch nach Bananen. »Das riecht köstlich. Aber Sie haben recht. Es ist gerade nicht ganz einfach.«
»Ich würde mit Vergnügen bei Ihnen bleiben, wenn Sie gern Gesellschaft hätten«, bot Mrs Bindel an.
Noch vor wenigen Minuten hätte Ivy das Angebot dankbar angenommen. Jetzt wollte sie nur noch ins Haus und in Ruhe gelassen werden. »Vielen Dank. Ich weiß das sehr zu schätzen. Aber es ist alles in Ordnung. Ich bin nur erschöpft.«
»Wirklich?«
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