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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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wusste wieder einmal nicht, was sie sagen sollte.
    Er lehnte sich zurück, legte den Gang ein und sie setzten sich wieder in Bewegung. Jetzt fuhr er vollkommen kontrolliert. Plötzlich erkannte Isobel die Brücke, auf die sie einbogen. Er fuhr sie nach Hause.
    »Varen -«
    »Lass mich«, sagte er.
    Isobel machte den Mund zu und biss die Zähne zusammen. Tief in ihrem Innersten wusste sie, dass es besser war, nichts zu sagen - er hatte unter allen Umständen vermeiden wollen, dass sie etwas mitbekam. Dass sie davon wusste.

 
     
    Das Projekt
     
    Sobald sie zur Haustür hereinkam, ließ Isobel ihren Rucksack fallen. Verwirrt stand sie da und rief sich in Erinnerung, wie sie die Autotür geschlossen hatte und der Cougar im gleichen Moment losgerast war. Varen hatte sie einfach so vor ihrem Haus stehen lassen, ohne auch nur »Bis morgen« zu sagen. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wo er hinfuhr - sicher nicht nach Hause.
    »Irgendwohin«, hatte er auf dem Dachboden gesagt. Isobel runzelte die Stirn und hoffte, dass dieses irgendwo nicht bei Lacy war.
    Sie starrte auf ihre Turnschuhe und versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, nicht nach Hause gehen zu können. Sie ließ es sofort wieder - der Gedanke war einfach unerträglich. Allerdings hatte sie vom Haushalt der Nethers genug mitbekommen, um zu wissen, dass sie das Schlimmste gar nicht erlebt hatte.
    Isobel umklammerte Poes gesammelte Werke mit beiden Armen. Sie legte die Wange an die kühlen goldgerahmten Seiten und den schwarzen Einband und war ausnahmsweise dankbar dafür, dass sie es hatte - das Buch war ihre einzige Verbindung zu Varen. Das einzige Tor zu seiner undurchdringlichen Welt, falls ihr nach diesem Abend alle anderen verschlossen blieben. Falls sie eine schlechte Note auf das Projekt bekamen - und die bekamen sie ganz sicher konnte sie das Buch als Vorwand benutzen um ihn ein letztes Mal wiederzusehen. Um ihm alles zu erzählen dachte sie und schloss die Augen. Alles, was sie ihm schon längst hätte sagen sollen. Sie würde einfach alles ausspucken, egal, wer danebenstand und mithörte. Dass sie nicht mehr aufhören konnte, an ihn zu denken, und dass sie ihm einfach nur nah sein wollte. Und sie würde das Unfassbare tun: Sie würde ihre Hände unter seine Jacke gleiten lassen und die Arme um ihn legen.
    Mutige Pläne, sagte sie zu sich selbst und öffnete die Augen. Alles nur mutige Pläne.
    Sie bückte sich und steckte ihre Hand durch einen Träger ihres Rucksacks. Dann trottete sie den Flur entlang und zog ihn hinter sich her wie eine Sträflingskugel.
    Das Wohnzimmer war dunkel und leer, ebenso wie der Flur und die Küche. Bestimmt waren alle oben. Isobel hob den Rucksack hoch, wuchtete ihn auf den nächstbesten Küchenstuhl und legte das Buch auf den Tisch. Dann nahm sie ein sauberes Glas aus dem Schrank und ging zur Spüle, um es zu füllen.
    Den Kopf im Nacken, leerte sie das Glas in einem Zug und wischte sich mit dem Ärmel den Mund ab. Sie stellte das Glas ab und setzte sich mit hängenden Schultern an den Tisch. Die Spülmaschine zischte, während die Küchenuhr leise vor sich hin tickte.
    Isobel starrte irgendwo in Richtung Kühlschrank ins Leere. Sie spürte, wie sich das Restadrenalin langsam abbaute. Varen hatte ihr heute Abend wirklich Angst gemacht. Bisher war sie nur an sein beherrschtes Benehmen und an seine gelassene Coolness gewöhnt gewesen und es hatte ihr einen Riesenschreck eingejagt, ihn so außer sich zu erleben.
    Und in dem Moment wurde ihr klar, dass er sie ganz bewusst erschreckt hatte. Oder dass es ihm zumindest egal gewesen war.
    Als er mit dem Radio gesprochen hatte, hatten sämtliche Alarmlocken in ihr einstimmig laut und dröhnend geläutet und ihr all die Gerüchte, all die Vorwarnungen ins Gedächtnis gerufen, die sie von Anfang an verunsichert hatten.
    Isobel hob die Hände und rieb sich das Gesicht. Es war ihr völlig egal, ob sie damit ihre Wimperntusche verschmierte. Varen war nicht er selbst gewesen. Er war außer sich gewesen. Ihr wäre es an seiner Stelle vielleicht auch so gegangen. Es wäre wahrscheinlich jedem so gegangen.
    Sie seufzte und war auf einmal unglaublich müde. Wie war es nur so weit gekommen? So viele Hindernisse hatten sich ihnen in den Weg gestellt und zudem würden sie jetzt auch noch eine schlechte Note auf das Literaturprojekt bekommen.
    »Du bist aber früh zu Hause.«
    Isobel hörte auf, sich das Gesicht zu reiben. Sie spreizte die Finger, öffnete die Augen und sah ihren Vater

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