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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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waren in ihre nummerierten blau-goldenen Trikots gekleidet, sprangen durch die Tür herein und stampften wie eine Herde Ochsen über den Turnhallenboden. Sie schwärmten aus wie eine Armee auf Eroberungsfeldzug - als hätten sie bereits gewonnen. Von den Rängen schallte eine wahre Explosion wilder Rufe nach den Lieblingsnummern - Brads Nummer, die Nummer einundzwanzig, wurde besonders häufig gerufen. Dann sah Isobel ihn, er kam als Letzter durch die Flügeltür. Teils joggend, teils gehend folgte er dem Rest des Teams.
    Die Spieler nahmen ihre Plätze auf der Tribüne ein. Als Henry der Falke, ihr Schulmaskottchen, an Isobel vorbeilief und mit den Flügeln schlug, stieß sie vor Schreck einen kleinen Schrei aus.
    Trainerin Anne blies in ihre Pfeife und es war Zeit für ihre Choreografie.
    Ein paar Trommelwirbel zeigten an, dass es gleich losging. Isobel nahm ihren Platz ein. Alyssa stieß sie leicht in die Seite, als sie aneinander vorbeigingen, und flüsterte ihr zu: »Vermassel es nicht, du Trampel.«
    Das Cheerleaderteam versammelte sich. Sie hatten die Hände zu Fäusten geballt und hoben die Arme überkreuzt vors Gesicht.
    Stolz verkündete Trainerin Anne über das Mikrofon, dass Trenton mit dieser Choreografie bei den Landesmeisterschaften antreten würde. Seit dem Sommer arbeiteten sie daran, heute Abend würden sie sie vorführen und in zwei Monaten dann hoffentlich damit zum dritten Mal in Folge in Dallas den ersten platz belegen. Das Publikum füllte jede Sprechpause der Trainerin mit enthusiastischen Zurufen. An der Trenton High gewann man gerne.
    Die Musik begann mit einer nachhallenden Synthesizerexplosion, die sich in einen schnellen, konstanten elektronischen Beat verwandelte. Isobel ließ ihren Körper die Bewegungen der Choreografie aus dem Gedächtnis heraus ausführen, und bevor sie sich versah, war sie auch schon in der Luft und machte Drehung um Drehung. Sie wurde aufgefangen, abgesenkt und schoss dann wieder wie eine Blume durch ein Gewirr aus Gräsern nach oben. Sie hielt ihren Körper steif und hob die Arme zu einem V, dann streckte sie das Bein aus, zog es hinter ihren Kopf und umfasste mit der Hand die Spitze ihres Turnschuhs. Sie machte ein tiefes Hohlkreuz, streckte die Brust heraus - Skorpion nannte sich das. Die Dehnung fühlte sich gut an.
    Sie spürte, wie sie abgesenkt wurde, und begab sich instinktiv in eine eng gewundene, spiralförmige Double-Down-Drehung. Sie wurde aufgefangen und Stevie stellte sie wieder auf die Füße. Jetzt standen sie alle auf dem Boden und schlängelten sich umeinander, nebeneinander, übereinander wie ein Satz sich automatisch mischender Spielkarten. Eine Collage aus Blau und Gold. Ihre Schritte folgten dem Takt der Musik, sie breiteten die Arme fächerförmig aus und winkelten sie wieder an. Dann stellten sie sich neu auf und die Base der Pyramide bereitete sich auf das Gewicht vor, das sie gleich zu stützen hatte. Isobel kletterte nach oben und glitt mit einem Fuß in Alyssas Hände und mit dem anderen in Nikkis. Dann richtete sie sich hoch auf und bildete wieder mit den Armen ein V. Sie spürte, wie ihr Fuß wackelte, und spannte ihren Körper an. Sie bauten die Pyramide in nur drei Sekunden auf, fast genauso schnell, wie die Trainerin es ihnen beigebracht hatte.
    Die Musik endete mit dem Soundeffekt einer Sprengstoffexplosion und das Team blieb so lange in Pose, bis ohrenbetäubender Jubel ausbrach.
    Isobel spürte, wie ihr Fuß wieder wackelte, diesmal so stark, dass sie nach unten sah. Ihr Blick traf auf Nikkis - ihre Augen glichen zwei runden, von äußerster Panik erfüllten Kugeln und ihr Gesicht war rot vor Anstrengung. Plötzlich verspürte Isobel ein seltsames Gefühl in der Magengegend. Schuld daran war nicht Nikkis Erschöpfung, sondern die porzellanweiße Hand, die um Nikkis linkes Handgelenk lag.
    »Hallo, Cheerleaderin«, hörte sie eine Stimme sagen, konnte jedoch die Augen nicht von Nikki abwenden, die in dem gequälten Bemühen erstarrt war, Isobel in der Schwebe zu halten.
    Plötzlich knickte Nikkis Handgelenk um und sie stieß einen kurzen Schrei aus.
    Schnell wie ein Pfeil schoss Isobel nach unten. Sie stolperte und kippte mit kreisenden Armen vornüber. Die Welt um sie herum stürzte auf sie zu. Sie hörte, wie das Publikum aufkeuchte und irgendjemand erstickt schrie: »Fangt sie auf!«
     
    Bilder und Umrisse schwebten um sie herum und verwischten zu verwaschenen Weiß- und gedämpften Grautönen, so als ob ihre Augen alles

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