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Nevermore

Nevermore

Titel: Nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelly Creagh
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groß sein. So groß wie ein Mensch.
    »Wer ist da?«
    Skuuuusch!
    Isobel wirbelte herum. Das Geräusch war von den Bäumen auf der anderen Seite des Weges gekommen. Jetzt hörte sie es wieder, diesmal von hinten. Ein Zweig zerbrach und trockene Blätter wurden zerdrückt. Isobel drehte sich im Kreis. Aber trotz der plötzlichen Geräuschlawine konnte sie nirgends auch nur die winzigste Bewegung erkennen.
    Sie fühlte, wie sich ihr Hals verengte und ihre Brust sich zusammenkrampfte. Ihr Herz schlug jetzt dreimal so schnell wie sonst.
    Sie begann zu rennen. Sie rannte, so schnell sie ihre Beine trugen. Ihre schweißnassen kalten Hände umklammerten die Träger ihres Rucksacks und sie spürte, wie das Poe-Buch ihr gegen den Rücken schlug.
    Was auch immer da im Wald war, es folgte ihr. Aus dem Augenwinkel heraus glaubte sie, den Umriss eines schwarzen Etwas zu erkennen. Links von ihr ebenfalls. Große, lange Gestalten eilten zwischen den dunklen Bäumen hervor und ihre Bewegungen waren unglaublich schnell. Unwirklich schnell.
    Isobel beschleunigte ebenfalls, doch die gefleckten Gestalten hielten mit ihr Schritt.
    Sie schienen sich sogar zu vervielfachen. Eine weitere Gestalt löste sich von den anderen und flog an den Bäumen entlang neben Isobel her. Sie bewegte sich durch die Bäume hindurch, flitzte durch das Unterholz und huschte über den trockenen Boden.
    Isobel riskierte einen kurzen Blick nach vorne, sah jedoch nichts außer Schwärze, ineinander verfangene Äste und Stille - aber das war unmöglich!
    »Haut ab!«, schrie sie. Sie konnte ihnen nicht davonlaufe was auch immer oder wer auch immer sie waren. Sie schaffte nicht, auch nur den kleinsten Vorsprung herauszulaufen, und sie hatte bereits jetzt einen tennisballgroßen Knoten in der Seite der ihr furchtbares Seitenstechen verursachte. Sie unterdrückte den Schmerz und hielt durch. Lauf. Lauf. Lauf!
    »Lauf!«, hörte sie plötzlich jemanden zischen. Ein Mann. Es war von der Baumreihe neben ihr gekommen.
    Isobel versuchte, um Hilfe zu rufen, aber sie bekam nicht genug Luft und brachte nur ein dumpfes Schluchzen heraus. Sie konnte nicht anhalten, um zu schreien, aber sie konnte auch nicht so weiterlaufen. Sie konnte nicht mehr atmen. Ihre Lunge schmerzte vor Kälte und ihr Seitenstechen wurde immer schlimmer.
    Warum war sie nicht um den Park herumgelaufen? Warum hatte sie nicht einfach -
    Das Tor!
    Geradeaus vor ihr. Da! Sie konnte es sehen.
    Schwindel umwehte ihre Schläfen, aber sie würde jetzt nicht aufgeben. Irgendwie wusste sie, dass sie nur auf die andere Seite des Tores gelangen musste, dann würde sie es auch nach Hause schaffen. Alles wäre in Ordnung.
    Als sie das Tor erreichte, umklammerte Isobel mit einer Hand das Holz. Beim Hinüberspringen fühlte sie, wie sich zur Belohnung ein dicker Holzsplitter in ihre Hand bohrte. Ihre Füße trafen auf der anderen Seite auf dem mit Staub bedeckten Kiesweg auf. Das Gewicht ihres Rucksacks ließ sie nach vorne taumeln und sie fiel auf die Knie. Schnell stand sie wieder auf und stolperte weiter.
    Die Ketten, die das Parktor verschlossen hielten, rasselten hinter ihr. Geflüster und Gezische. Jemand lachte, doch das Geräusch verwandelte sich in ein hohes Kreischen. Sie hörte ein schepperndes Zersplittern - wie das Zerbrechen von Tellern.
    Isobel wagte es nicht, sich umzudrehen.
    Links und rechts flogen vertraute Häuser an ihr vorbei, die in dem gedämpften Licht der Straßenlaternen wie schockierte Gesichter aussahen. Sie preschte weiter und wurde auch nicht langsamer, als ihr Zuhause in Sicht kam. Trotz ihrer schmerzenden Muskeln und des quälenden Stechens in ihrer Lunge zwang sie ihren Körper dazu, in Bewegung zu bleiben.
    »Isssobel.«
    Der Klang ihres Namens zischte an ihr vorbei, wurde vom Wind erfasst und verlor sich dann in dem Geraschel der trockenen Blätter zu ihren Füßen. Doch sie hatte es gehört. Ihren Namen. Jemand hatte ihren Namen geflüstert.
    Das brachte sie schließlich dazu, anzuhalten, und sie kam stolpernd am Fuß ihrer Einfahrt zum Stehen. Mit suchendem Blick sah sie sich um, während sie nach Luft japste und sie in großen Schlucken einsog.
    Sie streifte ihren Rucksack ab und ließ ihn mit letzter Kraft auf den Boden fallen. Mit einem dumpfen Geräusch prallte das Buch darin auf dem kalten, harten Rasen auf.
    Wer auch immer das gewesen war, hatte ihren Namen gesagt. Das bedeutete, dass der-oder diejenige sie kannte.
    Als hätte jemand einen Schalter umgelegt, verwandelte sich

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