Nevermore
uns. Egal, ob du meine Freundin bist oder nicht.«
»Nein, Brad. Nein, das tue ich nicht.« Sie schüttelte den Kopf, teils, weil sie es abstreiten wollte, und teils, weil sie es einfach nicht glauben konnte. War ihm eigentlich klar, wie er sich gerade anhörte?
»Du denkst also, du gehörst zu ihm?«
»Ich gehöre zu niemandem.«
»Da habe ich aber was ganz anderes gehört.«
»Du hörst doch nur das, was du hören willst.«
Brad runzelte die Stirn. »Izo.« Er ließ die Zigarette fallen, drückte sie mit der Schuhspitze aus und kam näher. Doch Isobel blieb standhaft und beobachtete ihn argwöhnisch. Er war ihr jetzt so nahe, dass sie die Mischung aus Rasierwasser, Zigarettenrauch und Pfefferminzkaugummi riechen konnte - den kaute er immer, damit seine Mutter nicht herausfand, dass er rauchte. »Der Kerl ist ein absoluter Freak.«
»Nenn ihn nicht so!«
»Hör mal«, er kam noch näher und sein Gesichtsausdruck verhärtete sich, »irgendetwas stimmt hier doch nicht. Er hat dich einer Gehirnwäsche unterzogen oder so.«
Brads Nähe verursachte Gänsehaut bei Isobel. Sie wollte einen Schritt nach hinten machen, weg von diesem vertrauten Geruch Und seiner tiefen Beschützerstimme. Aber genau das wollte er - das hatte sie im Gefühl. Er wollte wissen, ob er sie noch immer beeinflussen konnte, ob er noch immer Macht über sie hatte.
Brad beugte sich hinunter und küsste ihren Hals. Isobel versteifte sich.
»Hör auf!« Tabakgeruch stieg ihr in die Nase, als sein Mund bis zu ihrem Kiefer hochwanderte. Sie fühlte, wie sich seine Arme um ihren Rücken legten und sie an seinen breitschultrigen Körper pressten. »Nicht, Brad.« Sie hatte Mühe, auch nur zu piepsen. Mit ihren Handflächen stemmte sie sich gegen seine Brust und stieß ihn weg. Sie wich zurück, doch anscheinend nicht weit genug. »Ich habe gesagt, du sollst aufhören!«
Brad verschloss ihren Mund mit seinen Lippen.
Sie versuchte zu schreien, doch es kam nicht mehr als ein ersticktes Krächzen heraus. Ihr Vater würde sie sowieso nicht über den Lärm des Fernsehers hinweg hören. Egal, wie laut sie schrie. Wenn er doch nur in die Küche gehen und aus dem Fenster schauen würde. Dann sähe er es mit eigenen Augen - dann wüsste er endlich, wie Brad manchmal sein konnte.
Mit aller Kraft warf sie sich gegen ihren Exfreund und war kurz davor, ihn in die Unterlippe zu beißen, als er sich plötzlich versteifte, von ihr abließ und zurückwich.
»Was war das?«
»Lass mich los!«, fuhr sie ihn an, löste sich aus seinem Griff und stieß ihn mit aller Kraft von sich. Damit zerknitterte sie allerdings nur seine Jacke ein wenig. »Was stimmt denn bloß nicht mit dir?«
Er bedeutete ihr, still zu sein, legte den Kopf schief und lauschte. Von oben kam ein heftiges Kratzgeräusch. »Da ist es wieder«, murmelte er.
Isobels Augen weiteten sich. Varen. Er musste sie vom Dach aus streiten gehört haben. Was machte er denn bloß? Kam er runter? War er verrückt geworden? Sie musste sich unbedingt etwas einfallen lassen, um Brad von ihm abzulenken.
»Du bist so ein Arsch!«, rief sie, so laut sie konnte.
Brads Kopf schnellte zurück und seine wutentbrannten, neonblauen Augen sahen sich suchend um.
Isobel stolperte ein paar Schritte nach hinten. »Hau ab!« Ihr war klar, dass jeden Moment jemand auftauchen konnte.
Das war Brad wohl auch klar, denn er verlor keine Zeit und machte sich so schnell wie möglich davon. »Du wirst schon noch sehen!«, rief er. »Du wirst schon noch sehen! Der kleinen Schwuchtel kannst du schon mal sagen, dass ich ihn umbringen werde. Sag ihm, dass ich ihm die Seele aus dem Leib prügeln werde für das, was er getan hat. Ich weiß nämlich, dass er es gewesen ist. Kannst du ihm das von mir ausrichten, Iz?«
Isobel starrte ihm mit ungläubigem Entsetzen und wachsender Verwirrung nach. Dass Varen was gewesen war?
Sie hörte, wie sich die Verandatür hinter ihr öffnete und ihre Mutter sagte: »Isobel, Zeit ins Haus zu kommen. Du warst doch erst krank, du solltest überhaupt nicht hier draußen sein.«
Doch Isobel stand wie angewurzelt da und starrte Brad nach, als er ums Haus herum nach vorne ging, wo er sicher seinen Mustang geparkt hatte.
Sein Mustang. Warum hatte sie seinen Mustang nicht gehört? Isobel drehte sich um, raste an ihrer Mutter vorbei durch die Küche hindurch ins Wohnzimmer und geradewegs zum Fenster. Sie teilte die schweren Vorhänge und sah, wie Brad in ein Auto stieg, das sie sofort wiedererkannte. Es war
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