Neverwake
schriftzug. Beides war in der Testphase noch gar nicht fertigg e stellt.
Esch flog durch verwinkelte Gange wie ein Kriegsberichte r statter, der als erster den Schauplatz eines furchtbaren Mass a kers betritt. Überall lagen Trümmer herum, Wrackteile von explodierten Robotern, gesprengte Türen und sogar zerborstene Wände. Einige der zerstörten Roboter schwelten noch vor sich hin, aber natürlich war das Programm nicht realistisch genug, um den Rauch sich sammeln und verdichten zu lassen, bis man nichts mehr sehen konnte. Schon früh im Spiel stieß Esch auf ein kniffliges Phänomen: Wenn man die Gänge nicht selber freispielt, keine eigene Reihenfolge des Vorgehens entwickeln muß, sondern einfach nur dort langfliegt, wo alles schon vorher zerstört und freigeräumt wurde, fällt es viel schwerer, die Orientierung zu behalten, und Gänge, in denen man schon war, von solchen zu unterscheiden, die man zum ersten Mal betritt. Glücklicherweise hatte Esch das Video- und Kartenmaterial noch einigermaßen präsent, so daß er nicht Stunden brauchte, um die ersten fünf Level zu durchqueren.
Die Sechs – das erste zufallsgenerierte Level – entsprach genau Taders Level Sechs, dank des Link-Modus. Kein Problem. Esch übte ein paar waghalsige Flugmanöver in ein paar halle n artigen Bereichen und schoß – nur um auch einmal die Waffe n funktionen ausprobieren zu können – auf einen defekten Laufroboter, der sich qualmend auf nur noch einem Bein immer um die eigene Achse drehte. Der Roboter platzte kr a chend, und Esch brauste vorbei.
In der Sieben fand Esch zum ersten Mal Aufrüstmunition und Power-Upgrades, die Tader nicht mehr aufgenommen hatte, wahrscheinlich, weil seine Magazine bereits randvoll waren. Ein Sechserpack hitzesensorischer Raketen lag in einer schwer einzusehenden Gangwinkelung, und Esch sackte ihn ein, indem er den Gleiter darübersteuerte.
In der Acht mußte Esch nicht aus dem Gleiter aussteigen, denn Tader hatte die entsprechende Passage schon vor ihm übe r wunden und freigeschaltet.
Die Neun ging Esch vorsichtiger an als die Level zuvor, denn bei der großen Raumschlacht war auf den Videoaufzeichnu n gen nicht eindeutig zu erkennen gewesen, ob Tader wirklich alle Gegner erledigt hatte, oder ob er den freien Raum nicht lediglich verließ, nachdem er sich den Weg freigeschossen hatte. Tatsächlich wurde Esch hier angegriffen, ein Schwarm beweglicher Jagddrohnen war plötzlich hinter ihm her, aber Esch schoß nur beim ersten zweimal daneben, bis er die F a denkreuz-Zielpunkt-Abweichung richtig lesen konnte und den Schwarm präzise vom Himmel holte. Vorsichtig flog Esch weiter, aber dieser Angriff blieb der einzige. Imponierend war allerdings der Sound dieses Levels: der gigantische Innenraum klang, als würden alle Schüsse und Motorengeräusche von weit entfernten, titanischen Rundwänden widerhallen.
Die Zehn erreichte Esch durch einen Alternate Exit, denn den eigentlichen Aus- und Zugang hatte Tader wohl zerstört. Die rotierenden Wände waren eigenartig und verursachten Schwi n delgefühle im rein auf optische Informationen angewiesenen Gleichgewichtssinn. Esch sammelte weiterhin Reparaturkits, Schildverstärker und zeitweilige Unsichtbarkeitsgeneratoren, die Tader liegen gelassen oder einfach übersehen hatte. Ers t mals in diesem Level hatte Esch den Eindruck, einen leichten Geruch wahrnehmen zu können, als dufteten einige der Räume wie eine Zuchtblumenhandlung, aber das war natürlich ledi g lich eine Sinnestäuschung, die bei Virts unter dem Begriff Synästhetik längst Eingang in die Alltagssprache gefunden hatte.
Mit der Elf begann endlich Eschs eigentlicher Job. Bis hierhin hatte er den unbefriedigenden Eindruck gehabt, daß diese Spazierfahrt durch astreines Terrain auch von Darinas Gro ß mutter hätte bewältigt werden können, aber jetzt bekam er echte Probleme. Ob er sich das nur einbildete oder nicht, die Gegner schienen verdammt sauer darüber zu sein, daß schon vor ihm jemand durch dieses Level gebrettert war und dabei ihre beiden Bosse abgeknallt hatte. Wütend warf sich A n griffswelle auf Angriffswelle gegen Esch. Offensichtlich hatten die Nachschubkonstruktionseinrichtungen die Tage seit Taders Durchflug in Echtzeit kontinuierlich weiterproduziert und die Gänge und Räume mit neuen Robotern regelrecht überquellen lassen. Tatsächlich verbaute Esch sich einen Gang allein dadurch, daß er dort dermaßen viele zertrümmerte Robote r wracks übereinanderhäufte, daß
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