Neverwake
stimmte, was Dr. Berba ihm über E.V.O.L. erzählt hatte, dann würde ab der Einundzwanzig ein Trip in eine Welt beginnen, die aus den Fähigkeiten des womöglich begnadetsten Virts aller Zeiten deriviert war. Ein e elektrifizierte und reich bebilderte › Zeig-mir-alles-was-du-hast ‹ -Show. Eine begeh- und erlebbare Computertomographie. Die Laurence-Tader-Geister bahn. Eine Annäherung an virtuelle Realität, die nur durch den Input von Taders analysierter Psyche limitiert wurde, aber in jedem Fall komplex genug war, um Tader selbst so vollko m men zu überfordern, daß sein Körper sich verschreckt in ein Koma zurückzog. Es war nicht auszuschließen, daß die E.V.O.L. -Level von Reference, die Esch jetzt über Link-Funktion betreten würde, das Irrste waren, was ein Virt je zu Gesicht bekommen hatte. Ob er allerdings Tader jemals au f spüren, geschweige denn einholen würde – bei dem Vorsprung, den Tader mittlerweile herausgespielt hatte –, war dabei für Esch eher nebensächlich.
Er machte ein paar Liegestützen und Situps, damit nicht immer nur seine Hände in Anspruch genommen wurden. Anschli e ßend ging er zum geheimen Zimmer zurück.
Die Assistenten verkabelten ihn neu und überprüften ihre Geräte. Von der Geschäftsleitung war nur noch einer anw e send, und der hielt sich im Hintergrund. Langsam und bewußt streifte Esch sich das Headset wieder über und wurde vom bereits vertrauten Freeze-Frame umfangen. Er löste den Pa u sen-Modus und ging weiter rein.
Wenn man sich in einem Labyrinth immer die rechte Wand entlang bewegt – oder die linke, das ist egal, Hauptsache man wechselt die Wände nie –, ist es eigentlich unmöglich sich zu verirren. Wenn das Labyrinth allerdings laufend seine Form verändert, nutzt einem natürlich auch das nichts. Irgendwann gab Esch es auf, sich in der Neunzehn irgendwie orientieren zu wollen. Stattdessen düste er mit hoher Geschwindigkeit planlos durchs Halbdunkel und vertraute darauf, daß es eigentlich nur eine Frage der Zeit war, bis er den Ausgang durch Zufall fand. So war es dann schließlich auch, und Esch war heilfroh, als er diese monotone Installation endlich hinter sich lassen konnte.
Die Zwanzig war sicherlich imposant inszeniert gewesen, aber in Taders Fahrwasser war sie nicht mehr als ein müdes intera k tives Architekturprogramm. Die Gegner waren erledigt, die Rätsel gelöst, alle Schlösser geknackt, und von dem fulmina n ten Endboß zeugte nur noch ein Stück schwelenden Schrotts.
Die Einundzwanzig empfing Esch mit einem Text-Insert , das lautete: Cheat-Mode disabled. Dieses Insert war so kurz zu sehen, daß es sich eigentlich nur in Eschs Unterbewußtsein lesbar abbildete, aber er war trotzdem irritiert. Auf der Vide o aufzeichnung von Taders Spiel hatte er kein solches Insert bemerkt. Oder es übersehen, weil es nur für den Bruchteil einer Sekunde wahrnehmbar gewesen war. Jedenfalls schottete sich das Spiel offensichtlich gegenüber allen Spielern ab, die versuchten, mit unlauteren Mitteln oder Nötigung in es einz u dringen. Für Esch spielte das keine Rolle, denn er spielte wie Tader ohne Cheats, aber die Tatsache an sich war schon bemerkenswert. Spätestens hier wäre also für die regulären Tester Endstation gewesen.
So bizarr die Einundzwanzig auch war, Tader hatte auch sie größtenteils besenrein gefegt, und Esch mußte nur noch ein paar transparent gleißende Tausendflügler abknallen, die Tader entwischt waren.
Die Zweiundzwanzig eröffnete mit einem Insert, das folgenden Wortlaut hatte: External Monitors disabled. Das war es also: Jetzt fiel für Dr. Berba und ihre Assistenten auch bei Eschs Spiel die Bildübertragung aus. Das Zerschießen des (Bild?)-Generators bezog auch die Link-Funktion mit ein, ließ aber Eschs Headset weiterhin funktionieren. Eine Zeitlang versuchte Esch der veränderten Situation dadurch Rechnung zu tragen, daß er laut kommentierte, was er tat, damit die Assis wenig s tens seine Stimme aufzeichnen konnten, aber mit fortschreite n der Komplexität des Geschehens wurde das zunehmend u n möglich. Mehrmals mußte Esch auf überfallartige Attacken von intelligenten Torpedos dermaßen schnell reagieren, daß ihm zum Reden gar keine Zeit mehr blieb. Er gab das Ko m mentieren vollends auf, als er in einen Korridor geriet, der auf- und zuschnappte wie ein Krokodilsmaul, und der ihn mal innen und mal außen abbildete, je nachdem, ob das Maul gerade offen oder geschlossen war. Dieses Level war vollkommen
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