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New Heroes - Die Zeit der Superhelden

New Heroes - Die Zeit der Superhelden

Titel: New Heroes - Die Zeit der Superhelden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Carroll
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auslöste.
    Inzwischen war es Spätnachmittag. Colin hatte versucht, ein wenig zu schlafen, aber ohne Erfolg. Der Junge im Bett unter ihm las einen Comic und lachte immer wieder laut auf.
    Endlich gab Colin den Versuch auf und beugte sich über die Bettkante. »Hi.«
    Der andere Junge schaute kurz hoch, nickte und las weiter. Er trug ein einfaches blaues T-Shirt, verblichene Jeans und Turnschuhe ohne Socken. Er schien nicht viel älter als Colin zu sein, aber die abgenutzten Kleider und seine rauen, aufgerissenen Hände ließen vermuten, dass er nicht zum ersten Mal in dem Heim Zuflucht gesucht hatte.
    Neben dem Jungen lag ein kleiner Haufen Kekse.
    »Was liest du denn da?«, erkundigte sich Colin.
    Der Junge zeigte ihm die Titelseite. Einen Comic namens Sprout.
    »Ist er gut?«
    »Ja, ziemlich lustig.«
    Der Junge wirkte recht harmlos, wenn auch ein wenig zappelig.
    »Ich heiße Colin.«
    »Nick.«
    »Warum bist du hier im Heim, Nick?«, fragte Colin.
    Nick warf ihm einen kurzen Blick zu und runzelte die Stirn. »Warum bist du hier, Colin?«
    Colin lachte. »Ach so … Ich glaube, allmählich kapiere ich, wie das hier funktioniert.«
    Nick legte das Comicheft weg. »Zum ersten Mal hier?«
    »Ja.«
    »Wie alt bist du?«
    »Dreizehn. Fast.«
    »Ach du lieber Gott. Ich dachte, ich sei der Jüngste, und ich bin vierzehn.«
    Colin schwang sich aus dem Hochbett. »Bist du schon lange hier?«
    Nick stützte sich auf einen Ellbogen. »Drei Tage. Morgen holen sie mich wahrscheinlich ab.«
    »Wer?«
    »Meine Mutter und ihr Freund. Und was ist mit dir? Vor wem bist du weggelaufen?«
    »Vor niemandem. Ich versuche, jemanden zu finden.«
    »Mal was ganz Neues. Die meisten Kids hier sind von zu Hause abgehauen.«
    Colin senkte die Stimme. »Manche sehen ziemlich … hart aus.«
    »Du wirst schon lernen, auf dich selbst aufzupassen. Oder zumindest lernst du, vor den anderen so zu tun, als ob du auf dich selbst aufpassen könntest. Weißt du, wie spät es ist?«
    »Nein, tut mir leid.«
    »Muss bald vier Uhr sein. Wofür bist du eingeteilt?«
    »Eingeteilt?«
    »Arbeiten. Hier im Haus. Hat dir Trish das nicht erklärt?«
    »Nein.«
    »Wahrscheinlich weil es dein erster Tag ist. Wir müssen im Haus mithelfen, verstehst du? Das gehört zu dem Deal, dass sie uns wie Erwachsene behandeln. Ich hab heute Küchendienst. So sollen wir lernen, Verantwortung zu übernehmen.« Er unterbrach sich. »Äh… funktioniert zwar nicht, aber wenigstens wird es uns dann nicht zu langweilig. Wenn du nichts anderes vorhast, kannst du mir ja helfen.«
    »Klar, mach ich.«
    Nick stieg aus dem Bett und streckte sich. Er sammelte die Comichefte ein, die auf dem Bett verstreut lagen. »Dieses Zeug ist hier so was wie Bargeld. Ich muss höllisch aufpassen, dass niemand sie findet, wenn ich nicht im Zimmer bin.«
    »Soll ich draußen warten, bis du sie versteckt hast?«
    »Ja.«
    Colin verließ das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
    Der breite Flur hatte sieben weitere Türen, hinter denen noch mehr Schlafzimmer lagen, wie ihm Trish erklärt hatte. »Wir können hier bis zu fünfzig Personen unterbringen«, hatte sie gesagt. »Aber ganz voll ist das Haus nur selten.«
    Am Ende des Flurs befand sich ein großer, offener Aufenthaltsraum mit einem riesigen hohen Fenster, durch das die Sonne strömte. Vor dem Fenster standen zwei stark mitgenommene Sofas und darauf lümmelten vier ältere Jungen. Colin merkte plötzlich, dass einer der Jungen – größer und älter als die übrigen – zu ihm hinüberstarrte. Der Junge mochte ungefähr siebzehn oder achtzehn Jahre alt sein, hatte blasse Haut, einen Goatee und trug ein neues Bikerjackett aus schwarzem Leder. Langes, ungepflegtes blondes Haar fiel ihm über die Schultern.
    Nick trat hinter Colin aus der Tür und sah die anderen Jungen. »Oh, Scheiße. Komm schon, hier lang.«
    Colin folgte Nick die Treppe hinunter. Durch einen weiteren Flur gelangten sie in die Küche.
    Am einen Ende der Küche schälten zwei Jungs einen riesigen Berg Kartoffeln. Sie flüsterten aufgeregt miteinander.
    »Wer waren die Burschen da oben?«, erkundigte sich Colin.
    Nick rollte die Hemdsärmel hoch und zog ein Paar Haushaltshandschuhe an. »Razor und seine Bande. Dem solltest du lieber nicht in die Quere kommen.« Er reichte Colin ein Geschirrtuch, das mit einer Karte Australiens bedruckt war. »Du trocknest ab, okay?«
    »Okay.«
    »Razor lebt auf der Straße, seit er elf ist, hab ich gehört.
    Jetzt ist er siebzehn.« Nick

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