New Heroes - Die Zeit der Superhelden
übermorgen jemanden vorbei, der mit dir spricht. Er wird dann auch versuchen, mit deiner Familie Kontakt aufzunehmen.«
»Das Problem ist, dass ich gar nicht von zu Hause ausgerissen bin. Das habe ich doch der Frau am Telefon schon erklärt. Hat sie es Ihnen nicht erzählt?«
»Nein, wir haben nur deinen Namen erfahren und wo wir dich abholen sollen. Gut, erzähl mir erst mal, was geschehen ist.«
»Ich wurde …«, begann Colin zögernd. Beinahe hätte er »entführt« gesagt, aber dann würden sich doch nur wieder eine Menge weiterer Fragen und Probleme ergeben. »Ich wurde von meinen Eltern getrennt.«
»Wie ist das passiert?«
»Wir mussten einen Anschlussflug nehmen, aber im Flugzeug konnten wir nicht zusammen sitzen. Nach der Landung stiegen meine Eltern aus, aber ich blieb sitzen, weil ich dachte, sie würden zu mir kommen und mich holen und wir würden dann gemeinsam aussteigen. Als ich dann merkte, dass das Flugzeug völlig leer war, hab ich mich auf die Suche nach ihnen gemacht.«
Trish schaute ihn schweigend an. Schließlich fragte sie:
»Und warum bist du dann nicht am Flughafen geblieben, um auf sie zu warten?«
Verdammt!
»Okay … dann sag ich eben die Wahrheit. Ich wurde entführt.«
»Wird ja immer besser, deine Geschichte.«
»So war es aber wirklich! Wir wurden alle zusammen entführt. Ich konnte abhauen, aber sie haben immer noch meine Eltern und meinen Freund. Sie haben mir gesagt, dass sie überall Leute hätten, sogar bei der Polizei. Deshalb kann ich nicht zur Polizei gehen.«
Trish beugte sich vor, stützte ihr Kinn auf die Hände und starrte ihm in die Augen. »Und warum wurdest du entführt?«
»Das ist eine lange Geschichte.«
»Ich habe viel Zeit.«
»Eine lange Geschichte, die ich nicht erzählen will.«
»Also gut. Colin, ist dir klar, dass wir dir nur helfen können, wenn du mit uns zusammenarbeitest?«
»Das ist mir klar.«
»Ich werde vorerst mal annehmen, dass du uns die Wahrheit sagst. Wenn du also nicht zur Polizei gehen kannst, wie willst du dann deinen Eltern helfen?«
»Ich muss einen bestimmten Mann finden. Er kennt meine Eltern von früher. Er wird mir helfen.«
Trish lehnte sich wieder zurück, nahm einen Kugelschreiber und spielte damit. »Und woher willst du wissen, ob er dir überhaupt helfen kann – oder helfen will?«
»Er war früher … er kennt sich mit solchen Dingen aus.«
»Er war früher … was? Agent beim FBI oder ATF oder so?«
»Ja, so was Ähnliches, glaube ich.«
»Aha. Und wie willst du ihn finden?«
»Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht mal, wie man so was macht.«
»Aber seinen Namen weißt du doch, oder?«
»Ja, klar.« Colin wollte noch einen Keks aus der Packung fischen und musste entdecken, dass sie leer war. »Oh. Tut mir leid, hab alle aufgegessen.«
»Ich werde es überleben«, meinte Trish trocken, zog die Computertastatur heran und begann zu tippen. »Wir sind mit den größten Datenbanken überall auf der Welt vernetzt. Wenn der Freund deiner Eltern irgendwo gemeldet ist, werden wir ihn finden.«
»Okay. Er heißt Solomon Cord. Ich weiß aber nicht, ob er sich genauso schreibt.«
»Spielt keine Rolle. Mit diesem Ding hier kann ich ähnlich klingende Namen abgleichen, die Schreibweise ist nicht so wichtig. Und wie war noch mal dein Familienname?«
Colin sagte automatisch »Wagner« und merkte sofort, dass sie ihn hereingelegt hatte. Eigentlich hatte er einen falschen Familiennamen angeben wollen.
Trish nickte und tippte die Namen ein. »Ich hab hier allein in diesem Bundesstaat vierundzwanzig Colin Wagners gefunden … und fünf davon sind ungefähr in deinem Alter. Keiner wird als vermisst gemeldet.«
»Ich bin nicht aus diesem Bundesstaat. Ich komme ja nicht mal aus diesem Land. Hören Sie das denn nicht an meinem Akzent?«
»Colin, bei uns kommen alle möglichen Leute an. Meistens verstehe ich kein einziges Wort von dem, was sie sagen, von ihrem Akzent ganz zu schweigen. Gut, machen wir uns auf die Suche nach deinem Freund. Hast du eine Ahnung, wie alt er ungefähr ist? Hat er einen zweiten Vornamen, wo wohnt er? Gegenwärtiger Beruf? Abstammung? Religion?«
Colin zuckte die Schultern. »Wie alt? Er wird wahrscheinlich ungefähr … ach, ich weiß nicht, vielleicht ist er vierzig Jahre alt oder so. Jedenfalls nicht viel älter. Ich hab keine Ahnung, ob er einen zweiten Vornamen hat, Beruf weiß ich auch nicht. Aber ich weiß, dass er mal in New York lebte oder noch dort lebt. Und er ist ein
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