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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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war das herrlich egal, weil – selbstbewusster O-Ton Al – »ich von jeder noch so schlechten Beziehung profitiert habe«.
    Mit achtzehn war Al zum Beispiel in ihren Biologielehrer verknallt gewesen. Offiziell gelaufen sei aber erst etwas, beteuerte sie noch heute, nachdem die Abiturprüfung im Bio-Leistungskurs geschrieben – und benotet – war. Mit 1,2 übrigens. Danach kam ein französischer Skilehrer, in dessen Apartment sie eine »traumhafte« Wintersaison in Les Arcs verbrachte. Sein erster und einziger Besuch in der Zivilisation Hamburgs verlief dann zwar eher »albtraumhaft«, aber Al konnte nun immerhin göttlich Ski fahren. Der Nächste war dann ein verheirateter stellvertretender Chefredakteur, dessen Frau gerade das erste Kind erwartete. Was ihn letztendlich nicht nur die Frau, sondern auch die Karriere kostete. Er wurde als Korrespondent nach Polen dauerversetzt – aber erst nachdem er Allegra zur Ressortleiterin befördert hatte. Dass sie fortan mit dem Ruf als Verlagsluder gebrandmarkt war, störte sie wenig.
    Kurz: Über Allegra und ihre Männer hätte RTL2 eine quotenstarke Reality-Doku drehen können. Mit Titel: Luder, Laster und die wahre Liebe, oder so. Die würde dann sicherlich ebenso spannend sein wie der Frontalzusammenstoß mit einem Geisterfahrer auf der Gegenspur der Autobahn – man wollte eigentlich nicht abbremsen und gaffen, was da an menschlichen Einzelteilen so aus den Wracks gefischt wurde, konnte aber einfach nicht anders.
    »Allegra«, begann Zoe, »ich bin nicht du. Ich will nicht, dass der Verdacht aufkommt, ich sei erfolgreich im Job, weil ich mit dem Chef schlafe. Ich will es alleine schaffen. Ohne Mann. Dazu bin ich hier. Und jetzt habe ich alles gleich von Anfang an vermasselt.«
    »Zoelein, deine moralischen Befindlichkeiten in allen Ehren«, wiegelte Allegra ab. »Einzig und allein das Resultat zählt. Merk dir das! Frau muss Männer mit ihren eigenen Waffen schlagen. Spiel ein bisschen mit ihm. Mach Kontakte über ihn, die du sonst nie bekommen würdest. Und zum Schluss sägst du ihn genüsslich ab.«
    Zoe ließ den Kopf wieder auf ihre Arme sinken. »Verstehst du mich nicht oder willst du mich nicht verstehen?«
    »Ich will dir nur helfen, mein Schätzchen.«
    Dann begann die transatlantische Telefonseelsorgerin Zoe mit Arbeit zuzuschütten. Arbeit lenkt ab, meinte Al. Wer arbeitete, konnte nicht noch mehr Dummheiten anstellen. Auch wenn Dummheiten Allegras Ansicht nach eindeutig Definitionssache waren.
    »Wenn ich mir die Nachrichtenlage so anschaue, Tiger Woods, Jörg Kachelmann, Arnold Schwarzenegger und jetzt auch noch dieser deutsche Tennisspieler – und die siebenundzwanzig bis zweiunddreißig Geliebten zwischen den vieren –, möchte ich, dass du den Channel Partnerschaft so schnell wie möglich einrichtest. Wie wäre es, wenn du es mit einem großen Aufmacher über das Phänomen der Geliebten einführst?«
    »Hm«, murmelte Zoe lustlos.
    »Die Amis nennen sie The Other Woman , die andere Frau«, fuhr Allegra unbeirrt fort. »Ich will wissen, wie es wirklich ist. Hinter der glitzernden Fassade von Schäferstündchen in Luxushotels, von Überraschungspäckchen mit Agent-Provocateur-Wäsche drin und von Diamantohrringen von Tiffanys zum Geburtstag. Wie fühlt sich das an, Weihnachten ganz allein zu Hause zu sitzen? Wie ist das, keine Langzeitperspektive zu haben auf eine echte Partnerschaft, auf Kinder. Darauf, zusammen alt zu werden?«
    »Okay. Whatever «, antworte Zoe lahm. »Ich kann ja auch noch ‘ne Bildergalerie mit berühmten Geliebten dazustellen. Das jagt die Klicks in die Höhe.«
     
    Nachdem sie aufgelegt hatte, versuchte Zoe folgsam, mit sich selbst über den Typus der Geliebten zu brainstormen. Einsame Angelegenheit. Halterlose Strümpfe? Verheulte Flughafenabschiede? Abgehängte Telefongespräche? Sie machte sich ein paar Notizen.
    Was für eine sinnfreie Assoziiererei .
    Tief in ihr drin brodelt etwas, das sie aber nicht genau definieren konnte. Es hatte natürlich mit McSchleimi zu tun. Der Idiot Nummer zwei in ihrer Sammlung hatte also mit ihr geschlafen, obwohl er genau wusste, wer sie war. Obwohl er genau wusste, dass er ihr oberster Vorgesetzter werden würde. Schließlich hatte sie im sonntagmorgendlichen Champagnerrausch ihr halbes Leben vor ihm auf dem Küchentisch ausgebreitet. Er wusste, dass sie schon als Teenager Journalistin werden wollte und schließlich bei Schönhoff Publishing ein Volontariat bekam. Er wusste, dass sie sich

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