New York für Anfaengerinnen
bei VISION den Ruf als verdammt talentierte Schreiberin ertippt hatte. Mit einem Händchen für weibliche Befindlichkeitsreportagen. Zoe hatte McNachbar sogar ihren allerliebsten Lieblingsanfang vorgelesen, aus ihrem Feature »Das Comeback der Kerle« – und ihn ins Englische simultan übersetzt.
Vielleicht ist er über seinen Paschmina-Schal aus dem Bauchhaar tibetanischer Bergziegen gestolpert und hat sich das Genick gebrochen. Oder er erstickte unter einer Feuchtigkeit spendenden Gurkenmaske. Die gute Nachricht für alle XY-Chromosomenträger ist jedenfalls: Der metrosexuelle Mann ist tot!
Und er hatte schallend gelacht! Dann hatte er sie wieder geküsst.
Diese Ratte hatte also ganz genau gewusst, wen er da flachlegte – und es trotzdem getan.
Er Chef, sie Weisungsbefugte. Zoes Kopf war plötzlich ganz leer. Wie konnte er nur? Wer machte so was? »Sex, Lügen, Arroganz. Warum sich mächtige Männer oft wie Schweine benehmen«, hatte TIME einmal getitelt, und Zoe war damals so von der forschen Schlagzeile des Magazins fasziniert gewesen, dass sie sich eine Kopie des Titelblattes in ihrem Berliner Büro an die Wand gehängt hatte.
»Und ich war mit so einem im Bett«, murmelte Zoe. »Außerdem habe ich diesem Egomanen auch noch einen Zettel unter der Tür durchgeschoben wie ein verknalltes kleines Mädchen.« Sie hätte sich ohrfeigen können.
Ein Plan musste her. Ein Racheplan. Kressesamen auf dem Teppich. Todesanzeigen in der Zeitung. Anfängerpipifax, befand Zoe Schuhmacher. Alpha-Männchen musste man da treffen, wo es ihnen am meisten wehtat. Und wo hatten Titanen ihren heimlichen Schwachpunkt? Beim Ego natürlich! McSchleimi würde mit Ignorieren gefoltert werden, beschloss Zoe. Denn Alpha-Männchen wollten schließlich immer nur das, was sie nicht kriegen konnten. Und zwar am besten vorgestern.
»Und deine amerikanischen Pyjamahosen schauen ohnehin total bescheuert aus, McSchleimi«, giftete sie ihre Topfpflanze an. »Wie aus der Klapse vom Bellevue Hospital. Jawohl!«
Die Topfpflanze antwortete nicht.
Trotzdem fühlte sich Zoe schlagartig besser. Hoch erhobenen Hauptes stöckelte sie aus ihrem Eckbüro gen Aufzug. »Guten Abend allerseits.«
Sie stieg in den Fahrstuhl, doch bevor sich die Türen ganz schließen konnten, schob sich noch eine weitere Person hinein.
»Geht es dir wieder besser?«, fragte McSchleimi. Er lehnte lässig an der Rückwand des Lifts und schaute sie so erwartungsvoll an, wie Männer eine Torte auf einem Junggesellenabend ansahen, aus der jetzt gleich ein hoffentlich sehr attraktives, sehr nacktes Mädchen springen würde.
Eigentlich müsste sie ihm jetzt so richtig den Kopf waschen, schoss es Zoe durchs Gehirn. Ihn fragen, was er sich bei diesem One-Morning-Stunt verdammt noch mal gedacht hatte?
Was aber, wenn er sich überhaupt nichts dabei gedacht hatte? Zoe fühlte sich ein bisschen wie eine Ehefrau, die vermutete, dass ihr Mann eine Affäre hatte, aber lieber nicht heimlich sein Handy und seine Mails kontrollieren wollte, weil sie dann womöglich die Bestätigung dafür bekommen würde. Sie wollte es lieber nicht wissen.
Der Aufzug setzte sich ruckartig in Bewegung. Es war eng in der Kabine. Sie wusste nicht, wo sie ihre Hände lassen oder hinschauen sollte. McSchleimi roch zudem exakt nach McNachbar, was Zoes Lage nicht unbedingt förderlich war. Sie überlegte kurz, ob es hilfreich wäre, den Notschalter zu drücken, um so schnell wie möglich hier rauszukommen. Im Kino blieben die Aufzüge dann aber immer zwischen zwei Stockwerken stecken und die Mitfahrenden hatten, bis endlich Hilfe auftauchte, im Zweifelsfall Sex miteinander – was nicht wirklich eine Option war.
»Und wie war Ihr Tag heute, Mr. Fiorino?«, riss sich Zoe also zusammen, versuchte bemüht, gelangweilt zu erscheinen und vor allem seinen Blick zu meiden. Aus dem Augenwinkel sah sie aber, wie ein amüsiertes Lächeln über seine Lippen huschte.
»Danke, bestens. Ich bin heute weder fast an einem Blaubeer-Muffin erstickt noch habe ich deswegen den Besuch der Verlegerin verpasst«, antwortete McSchleimi.
Zoe starrte so intensiv auf die rot leuchtenden Etagenangaben, die in scheinbarer Zeitlupe immer weniger wurden. Als wäre sie fest davon überzeugt, den Aufzug durch schiere Willenskraft zu schnellerer Fahrt bewegen zu können.
Dann ruckelte es noch einmal und sie waren endlich unten. Die Fahrstuhltüren öffneten sich im Parterre und Zoe stürmte hinaus.
»Spiel nicht wieder mit dem
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