New York für Anfaengerinnen
finde. Sogar Kids, die frisch von der Uni kommen, fordern vertraglich festgelegte Vergünstigungen wie veganen Bio-Lunch in der Kantine, Wasch- und Bügelservice für ihre Klamotten und dass sie ihre Hunde ins Büro mitbringen dürfen. Wie bei Google.«
»Zoe, das ist mir leider alles wurscht. Dieser verdammte Channel muss fertig werden. Und der für Kultur dazu. Und dann brauche ich noch ein paar Ideen für weitere.«
»Was hast du es denn plötzlich so eilig? Ich geb mein Bestes. Das weißt du doch.«
»Das scheint momentan nicht zu reichen. Auf der gestrigen Vorstandssitzung kam es zum Eklat, weil die Digitalisierung zu schleichend vorangeht. Die Herren wollen Ergebnisse sehen. Am besten übervorgestern.«
»Dann sollen mir die Herren einen Programmierer aus Deutschland einfliegen. Am besten noch heute. Ich kann mir schließlich keinen backen«, rief Zoe entrüstet. Doch Al hatte bereits aufgelegt. Zoe wusste, dass ihre Freundin unter Druck gerne hitzig reagierte, fand Als Ton dennoch alles andere als okay.
Dienstreisen waren ja eigentlich eine fantastische Einrichtung, vor allem, wenn sie an einen Ort mit Palmen gingen. Doch in diesem speziellen Fall hätte die Sicherheitskontrolle am Flughafen Zoe Schuhmacher vielleicht erst gar nicht an Bord lassen dürfen. Das blonde Gift hatte für Zoe zwar keine Limo zum Flughafen, aber dafür einen Mittelplatz auf dem restlos ausgebuchten Morgenflug nach Miami reserviert – und Zoe war mittlerweile so geladen, dass sie hätte explodieren können vor Wut. Links neben ihr am Fenster saß eine Frau, die schon vor dem Start eingeschlafen war und so rhythmisch vor sich hin schnarchröchelte, dass selbst ein überzeugter Pazifist auf sehr blutige Gedanken gekommen wäre. Rechts neben Zoe, am Gang, saß ein Zwei-Zentner-Mann, der nur in seinen Sitz passte, weil er seine Armlehne, die auch Zoes war, nach oben gestellt hatte, sodass Teile seines muffin tops – der Speckrolle, die über seinen Hosengürtel herausquoll – nun fast in Zoes Schoß fielen. Außerdem schwitzte er, was die immer größer werdenden feuchten Flecken unter seinen an den Körper gekauerten Armen deutlich belegten. Dass man die Sitze in der letzten Reihe nicht ganz nach hinten stellen konnte, weil sich dort die Toilettenwand befand, darüber wollte Zoe gar nicht weiter nachdenken.
Das Entwürdigendste aber war, dass Zoe auf dem Weg zu ihrer ganz persönlichen Holzbank-Vorhölle an Thomas Prescott Fiorino hatte vorbeigehen müssen. Dem hatte eine Stewardess vorne in der First bereits lächelnd das Tom-Ford-Jackett abgenommen, um es sorgfältig auf einen Bügel zu hängen. Während Zoe ein »Guten Morgen, Tom« herauspresste, strahlte er sie gut gelaunt an – »Guten Morgen, meine Liebe« – und vertiefte sich anschließend in sein Wall Street Journal .
*
In Miami angekommen wartete Tom geduldig an der Flugzeugtür, bis Zoe sich endlich aus der allerletzten Reihe geschält und den Hindernisparcours, der um zerknüllte Decken, zerfledderte Ausgaben der New York Post und Fast-Food-Papiertüten mit lauwarmen Essensresten führte, zum vorderen Teil der Maschine zurückgelegt hatte.
»Wie hast du es bloß geschafft, als Vorletzte aus dem Flugzeug auszusteigen?«, fragte er.
»Sehr witzig. Das blonde Gift hat mir diesen verdammten Flug gebucht.«
Tom lachte. »Ja, Madison kann grausam sein. Aber so unglaublich effektiv.«
»Ha ha.« Zoe fand nicht, dass jetzt Witze auf ihre Kosten angesagt waren.
Zur Versöhnung nahm Tom ihr das Handgepäck ab. »Darf ich, Madame?«
»Sie dürfen«, akzeptierte Zoe gnädig.
Der Chauffeur ihres Wagens fuhr an Coconut Grove vorbei, durch Downtown Miami und nahm den McArthur Causeway über Star Palm Island und Hibiscus Island Richtung Strand. Das Wasser der Biscayne Bay funkelte türkisgrün, als sie über die verschiedenen Brücken huschten, während aus dem Hafen gerade mit lautem Getute ein monströses Kreuzfahrtschiff auslief. Wie so oft fragte sich Zoe, warum sie eigentlich freiwillig auf einem Breitengrad dieser Erde lebte, auf dem es im Winter regelmäßig bis zu minus zwanzig Grad kalt wurde und im April dauerregnete? Andererseits fand sie dienstliche Veranstaltungen, die in tropischen Gefilden stattfanden, bei genauerer Überlegung ja doch etwas seltsam, weil man sich dann plötzlich nur mit Bikini bekleidet mit einem Kunden oder Vorgesetzten im Pool wiederfand und die Männer abends an den peinlichen Tiki-Bars meist soffen, als hätten sie kein
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