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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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Eros einen Lachanfall bekam und so etwas wie »Wohl kaum, schließlich hat sie schon vor dem ersten Arbeitstag mit ihrem Chef geschlafen« murmelte.
    Chanelle schaute ihn strafend an. In ihrer Behörde wurden ganz offensichtlich keine Witze gemacht. Hier gab es nichts zu lachen.
    »Sie haben ein I-Visum im Pass«, bellte Chanelle, von der man ruhig in Anlehnung an Kevin behaupten konnte, dass ihr Vorname kein Name, sondern eine Diagnose war.
    »Das ist ein Journalistenvisum. Ich bin Redakteurin eines großen deutschen Modeportals.«
    »Das ist ein religiöses Visum für Missionare«, belehrte Chanelle sie und schob ihr die Anmeldeformulare für den Theorie-Test zu.
    »Wozu müssen wir denn einen Theorietest machen? Weil wir Missionare sind?«, wunderte sich Eros. »Wir haben doch schon einen Führerschein.«
    »Den erkennen wir hier aber nicht an«, hieß es in schnippischer Überheblichkeit, als würden Zoes und Eros’ Papiere aus irgendeiner Bananenrepublik stammen und nicht aus dem Land des Erfinders des Otto-Motors und der Autobahnen ohne Geschwindigkeitsbegrenzung.
    »Jetzt hören Sie mal«, echauffierte sich Eros erbost. »Ich fahre seit zehn Jahren unfallfrei Auto. Einen Führerschein in Deutschland zu machen kostet Tausende von Euro. Ich fahre besser als jeder Taxifahrer hier in der Stadt.«
    Eine Chanelle beeindruckte so etwas jedoch überhaupt nicht. »Der Nächste.«
     
    *
     
    Das Prozedere, an einen amerikanischen Führerschein zu kommen, war für Zoes Geschmack gelinde gesagt doch etwas ungewöhnlich. Bevor man in die Fahrschule ging, musste man nämlich erst einmal die Theorieprüfung ablegen. In der Fahrschule lernte man dann eine ganze Menge Theorie, aber nicht das Fahren. Das kam erst, nachdem man die Fahrprüfung erfolgreich bestanden hatte. Aber dann ohne Fahrlehrer.
    Eros und Zoe schafften die Theorieprüfung auf dem DMV gleich beim ersten Mal und ohne vorher jemals die Unterlagen studiert zu haben. Von Kollegen hatten sie gehört, dass Einwanderer, die des Lesens und Schreibens nicht mächtig waren, die Prüfung so oft wiederholten und immer wieder andere Kästchen ankreuzten, bis sie weniger als dreißig Minuspunkte hatten und durchkamen. Um als Nächstes wahrscheinlich Taxifahrer zu werden.
    Dann meldeten sich Zoe und Eros in der ABC Driving School in Downtown Brooklyn zu den fünf Pflichtstunden Theorie an, weil die Fahrprüfung in Brooklyn angeblich am leichtesten war. Praktische Pflichtstunden gab es keine. Die Theorie bestand aus dem Anschauen von einer Art Siebter-Sinn-Filmchen. Durch das Programm führte Superman-Darsteller Christopher Reeves. Allerdings waren die Filme gedreht worden, bevor er Superman war, bevor er irgendwann vom Pferd stürzte und querschnittsgelähmt war und lange bevor er starb. Also vor etwa gefühlten dreihundert Jahren. Die Autos hatten noch keine Sicherheitsgurte, und die Fahrer rauchten fleißig beim Donnern über Klippen, beim Schliddern auf Eis oder wenn plötzlich die Motorhaube aufsprang und sie nichts mehr sehen konnten. Die Filmchen wollten sagen: Autofahren ist echt supergefährlich. Wollt ihr’s euch nicht noch mal überlegen? Der Fahrlehrer mit Namen Rashid sagte den ganzen Abend nichts.
    Am nächsten Morgen sollten Zoe und Eros dann zur Fahrprüfung in Red Hook antreten und ihr eigenes Auto mitbringen. Wie konnte man aber ein Auto mitbringen, wenn man noch gar keinen Führerschein hatte? Auch alle Freunde von Zoe und Eros waren autolos. Sie lebten schließlich in New York City, wo das Parken in einer Tiefgarage im Monat so viel kostete wie die Miete für eine Einzimmerwohnung.
    »Also, mein Kumpel Tobias hat einfach ein Auto für die Führerscheinprüfung gemietet«, sagte Eros.
    »Wir können doch nicht mit einem Mietwagen zur Prüfung fahren, um dort erst den Führerschein zu machen, der uns zum Fahren dieses Autos berechtigt«, wandte Zoe ein.
    Sie konnten!
    Den Prüfer, einen wortkargen Herrn asiatischer Abstammung, interessierte es tatsächlich herzlich wenig, wie ihr Auto denn nun nach Red Hook gekommen war. Vor Zoe und Eros war noch ein netter schwarzer Jüngling von der Karibik-Insel Jamaika dran, der unverblümt gestand, bereits vier Mal durchgefallen zu sein. Die ersten zwei Mal sei er auf der linken Straßenseite gefahren, wie zu Hause auch, das habe er dann eingesehen. Aber die anderen beiden Male sei der Prüfer einfach nur fies gewesen. Beim fünften Mal scherte der Jüngling, ohne den Blinker zu setzen und ohne nach hinten zu gucken,

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