New York - MERIAN Portraet
erstes gemeinsames Plattencover haben sie Hand in Hand hüllenlos vor der Kamera posiert – mit einem »postkoitalen Grinsen im Gesicht«, wie ein amerikanischer Reporter süffisant notiert. Als John Lennon damals sein Plattencover präsentiert, weigert sich die Plattenfirma, das Album zu produzieren, der britische Boss findet das Bild »abstoßend«. Nachdem ein anderes Label das umstrittene Werk herausbringt, konfiszieren die Behörden von New Jersey 30 000 Scheiben.
Das Paar provoziert bereits in seinen Flitterwochen mit politischen Parolen. In ihren Bed-Ins in
Amsterdam, Montreal
und
Wien
laden John und Yoko Journalisten und Fotografen in ihre Hotelschlafzimmer ein, um ihre Botschaft »Make love not war« im Pyjama unters Volk zu bringen.
YOKO IST ACHT JAHRE ÄLTER ALS JOHN
Als sich der weltberühmte Beatle und die Avantgarde-Künstlerin in England kennenlernen und auf den ersten Blick verlieben, ist John Lennon Mitte 20 . Er ist nicht nur ein begnadeter Sänger und Songwriter, er zeichnet auch und schreibt Kurzgeschichten. Yoko Ono, die acht Jahre älter ist und zwischen New York und ihrem Geburtsland
Japan
pendelt, ist alles andere als ein Groupie, obwohl ihr das immer wieder unterstellt wird. Die zierliche Japanerin, die in die geregelte Welt der »Beatles« einbricht und nicht nur zum Bruch von Johns Ehe, sondern auch zum Auseinanderdriften der berühmtesten Gruppe der Welt beiträgt, hat sich als Aktionskünstlerin einen Namen gemacht.
Zusammen mit
John Cage
, ihrem Nachbarn in der
Bank Street
, wo John und Yoko 1971 nach ihrem New York-Umzug zunächst leben, hat sie die Fluxus-Bewegung begründet . »Ich habe John nie als jünger erlebt, manche Menschen kommen mit einer alten Seele zur Welt. So ein Mensch war John: kein Prinz, sondern ein König« , sagt Yoko Ono über ihren Mann. Umgekehrt sagt John über seine Frau: »Es war Yoko, die mir New York nahegebracht hat. Sie hat hier schon gelebt, als ich noch sehr arm war und kennt jeden Winkel. Ich bin mit ihr zusammen durch die Straßen und Parks gewandert und habe mir alles genau angesehen. Man könnte sagen: Ich habe mich in New York an einer Straßenecke verliebt.«
Sie kaufen sich Fahrräder und radeln durch den
Central Park
( ▶ K 3 / 4 ) , in dem damals wesentlich weniger Radfahrer unterwegs sind als heute. Yoko zeigt John die exotischen Gewürz- und Gemüseläden in
Chinatown
, die Eiscafés in
Little Italy
und Industrieviertel in Downtown, die John an seine englische Heimat erinnern.
EINE VERRÜCKTE ON-OFF-BEZIEHUNG
1971 stehen die Zeichen für John Lennon und Yoko Ono auf Sturm. Der demokratische Präsidentschaftskandidat George McGovern hat die Wahl gegen Nixon verloren, John gerät ins Visier des FBI . Die Amerikaner bereiten ihm Schwierigkeiten wegen seines Visums. Lennon ist frustriert und betrinkt sich auf einer privaten Wahlparty im
Greenwich Village
( ▶ E/F 5 ) . Vor den Augen von Yoko zieht er eine andere Frau ins Nebenzimmer, um sich dort mit ihr zu vergnügen.
»Wir saßen alle herum und versuchten zu ignorieren, was dort geschah. Die Wände waren dünn, einer legte eine Dylan-Platte auf, um die Geräusche zu übertönen. Keiner konnte gehen, weil dort unsere Mäntel lagen. Dann fing eine berühmte New Yorkerin mit mir ein Gespräch an. ›Ich weiß ja nicht, wie deine Gefühle für ihn sind‹, sagte sie, ›aber wir alle lieben ihn. Er ist ein so wunderbarer Mann‹. Das wiederholte sie die ganze Zeit und schaute mich dabei so an, als müsste ich mich für ihn freuen« , erzählt Yoko Ono später einem amerikanischen Reporter.
Die Beziehung hat einen Riss bekommen. Ein Jahr später schlägt Yoko ihrem Mann vor, sich für eine Weile zu trennen. »Ich war verletzt. Es waren schwierige Zeiten. Die Amis wollten uns loswerden und wir hatten fast alle Brücken zu Europa abgebrochen. John hatte seine Medaille an die Queen zurückgegeben, nachdem er wegen Dogen verhaftet worden war. Ich wurde in der Öffentlichkeit zum bösen Drachen stilisiert und hatte meine Plattform als Künstlerin verloren.«
14 Monate dauert ihre Trennung, die John als »lost weekend« bezeichnet und in
Los Angeles
verbringt. » Nach vier Tagen wollte er zurückkommen, doch ich habe ihn ausgelacht. Es war zu früh. Allein ging es mir wieder besser« , sagt sie. Bei einem Konzert im
Madison Square Garden
18 ( ▶ G 3 ) , bei dem John Lennon mit
Elton John
auftritt, kommen beide wieder zusammen. Ihr Sohn
Sean Taro Ono
wird 1975 geboren, danach wird es ruhiger
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