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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Guildhall.»
    Sie war eine hübsche, rothaarige Frau mit grünen Augen und guten Zähnen und einem Kleid, das auf höchst ansprechende Weise die Oberseiten ihrer Brüste enthüllte, was mich mächtig anzog. Hätte Newton nicht mit in der Kutsche gesessen, dann hätte ich sie vielleicht küssen können, denn sie lächelte mich an und presste meine Hand mehrmals auf ihren Busen.
    Newton wies seinen Kutscher an, zur angegebenen Adresse zu fahren und wir nahmen die Newgate Street in östlicher Richtung, da dies ein direkterer Weg zur Milk Street war als der, den sie eingeschlagen hatte.
    «Aber warum habt Ihr vorhin nicht diesen Weg genommen, Madam?», fragte Newton misstrauisch. «Statt Old Bailey hinunter und dann Ludgate Hill hinaufzugehen? Man sah Euch ja von weitem, von dem Moment an, da Ihr das Whit verlassen hattet.»
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    «Ihr saht mich aus dem Whit kommen?» Mrs. Berningham guckte aus dem Kutschfenster, als sich am Himmel gerade eine Wolke verzog und in dem plötzlichen Mondlicht schien sie ein wenig zu erröten.
    «So ist es, Mrs. Berningham», sagte Newton.
    Als sie ihren Namen hörte, ohne ihn zuvor selbst genannt zu haben, ließ Mrs. Berningham meine Hand fahren und erstarrte sichtlich.
    «Wer seid Ihr?»
    «Das braucht Euch im Augenblick nicht zu kümmern», sagte Newton. «Als Ihr aus dem Whit kamt, wo wolltet Ihr da hin?»
    «Wenn Ihr meinen Namen wisst, dann wisst Ihr auch, warum ich im Whit war», sagte sie. «Und warum ich gut daran tue, für meinen Mann zu beten. Ich bin Old Bailey hinuntergegangen, weil ich in St. Martin beten wollte.»
    «Und habt Ihr auch für ihn gebetet, ehe Ihr bei ihm wart?»
    «Ja. Woher wisst Ihr das? Seid Ihr mir da auch gefolgt?»
    «Nein, Madam. Aber ich möchte wetten, dass die drei Angreifer Euch gefolgt sind. Es war ja offensichtlich, dass sie Euch abgepasst hatten. Kanntet Ihr sie?»
    «Nein, Sir.»
    «Aber ich bilde mir ein, dass einer von ihnen etwas zu Euch sagte. War es nicht so?»
    «Nein, Sir, da müsst Ihr Euch täuschen. Oder ich kann mich nicht daran erinnern.»
    «Madam», sagte Newton kühl. «Ich verdrehe niemals Tatsachen. Und ich kann nichts weniger leiden, als das in Abrede gestellt zu finden. Ich bedaure Eure Probleme aufrichtig, aber ich will offen mit Euch reden. Euer Mann wird schwerster Verbrechen bezichtigt, welche ihn leicht das Leben kosten können.»
    «Wie das? Ich weiß aus verlässlichem Munde, dass der Wirt,
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    den John verwundet hat, bald wieder genesen sein wird. Ihr müsst übertreiben, was den Ernst der Lage anbelangt, Sir.»
    «Wie? Ihr wollt diese Wortfechterei fortsetzen, Mrs.
    Berningham? Der Wirtshauskampf ist eine bloße Bagatelle und interessiert weder mich noch meinen Freund hier. Wir sind Beamte der Münze Seiner Majestät und weit schwerwiegender ist die Sache mit der gefälschten Goldguinee, die Euer Mann wider besseres Wissen für echt ausgab, wofür er gewiss hängen wird, es sei denn, ich bin geneigt, mich für ihn einzusetzen. Ich ersuche Euch daher dringend, um seinet- und um Euretwillen, uns alles zu sagen, was Ihr über diese falsche Guinee wisst.
    Und, wenn Ihr dies zu meiner Zufriedenheit getan habt, auf Euren Mann einzuwirken, dasselbe zu tun.»
    Mrs. Berningham seufzte schwer und befingerte ihren Umlegepelz, als ob er ihr, gleich einem katholischen Rosenkranz, bei der Entscheidungsfindung helfen könnte. «Was muss ich tun?», flüsterte sie aufgelöst. «Was? Was?»
    «Alles, was für Euren Mann getan werden kann, vermag Doktor Newtons Einfluss zu bewirken», erklärte ich ihr und nahm sanft ihre Hand. «Es wäre vergebens, ihm jetzt noch auf irgendeine andere Art helfen zu wollen. Ihr müsst alles erzählen, was Ihr von dieser Sache wisst, Madam.»
    «Ich weiß nicht viel, nur dass John ein Narr war.»
    «Zweifelsohne. Aber erzählt uns von dem Überfall», sagte Newton. «Was wurde da gesprochen?»
    «Der Mann sagte, wenn John reden würde, blühe mir Schlimmeres als die Prügel, die mir jetzt bevorstünden. Das nächste Mal würden sie mich umbringen.»
    «Und das war alles?»
    «Ja, Sir.»
    «Aber Ihr wusstet, was er damit meinte?»
    «Ja, Sir.»
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    «Das heißt, Ihr kanntet ihn doch.»
    «Ja, Sir. Mein Mann war manchmal mit diesen Männern zusammen, aber er hat mir ihre Namen nicht gesagt.»
    «Wo war er mit ihnen zusammen?»
    «In einer Bierschänke in der Leadenhall Street», sagte sie. «Im Fleece. Oder manchmal auch im Sun.»
    «Ich kenne beide», sagte ich.
    «Aber in Wahrheit», sagte sie,

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