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Newtons Schatten

Newtons Schatten

Titel: Newtons Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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umgebenen Raum, welcher bis auf ein paar Kerzen lichtlos war und wo im Schattendunkel fünf dumpf wirkende Männer saßen, die offenbar auf irgendeine Art von Vorführung warteten. Ich hatte keine Ahnung, was das sein könnte und rechnete mit einem weiteren posierenden Mädchen. Von Major Mornay war keine Spur zu entdecken und ich nahm an, dass er wohl zuerst eine
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    Pfeife rauchen gegangen war. Indes machte ich keinerlei Versuch, mich zu verstecken, sondern setzte mich auf einen äußerst prominenten Platz, damit mich Mornay, wenn er kam, gleich sah.
    Ich konnte in dem grässlichen Raum kaum atmen, denn die Luft war nicht nur schwer von Rauch, sondern auch von einer unheimlichen Spannung, als ob gleich etwas Schreckliches passieren würde. Dennoch fühlte ich mich seltsam gelassen.
    Nach geraumer Zeit brachten zwei Frauen eine Nonne herein und sprangen höchst brutal mit ihr um, indem sie sie bespuckten und schlugen und schließlich gänzlich entkleideten, um sie dann bäuchlings auf den nackten Fußboden zu zwingen. Ihre Gliedmaßen wurden mit Stricken schmerzhaft gestreckt und an Pfosten in den vier Ecken des Raumes gebunden und die arme, stumpfäugige Nonne erduldete das alles ohne Protest, als kümmere sie wenig, was mit ihr geschah. Mir ging es ähnlich.
    Ich weiß nicht, ob sie eine echte Nonne war oder nicht, nur, dass ihr Haar kurz geschoren war, was wohl bei Nonnen ein Zeichen des Weltverzichts ist, aber sie war überaus hübsch und nicht älter als zwanzig Jahre und der Anblick ihres nackten Körpers und ihres Geschlechts bewegte mich sehr.
    Jetzt kam der Major die Treppe herunter und ich registrierte im Stillen, dass er irgendwie krank oder betrunken wirkte. Trotz meiner auffälligen Position schien er mich gar nicht zu bemerken, sondern setzte sich einfach nur hin.
    Als die Nonne gut festgebunden war, erhob sich einer der anderen Männer von seinem Stuhl und begann, mit der Peitsche auf sie einzuschlagen, wobei er sie in einem fort eine verdammte katholische Hure schimpfte und noch mit anderen äußerst obszönen Wörtern belegte, sodass ich jetzt wirklich um das Leben des Mädchens zu fürchten begann. Also erhob ich mich ebenfalls und machte den Männern Vorhaltungen, schimpfte sie Ungeheuer, eine Frau so zu behandeln und ersuchte sie dringend, damit aufzuhören, sah dabei aber nur den Major an,
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    sodass er mich endlich doch erkannte und ein solcher Zorn aus seinen gelblichen Augen sprach, dass mir das Blut in den Adern gefror. Mehr noch als sein Blick schockierten mich allerdings das Klicken eines Spannhahns und der kalte Stahl einer Pistolenmündung, welcher sich in meine Wange presste.
    «Was geht Euch dieses Mädchen an?», fragte hinter mir eine Stimme, die ebenfalls einem Holländer gehören musste.
    «Nichts», erwiderte ich. «Ich mache mir nichts aus Nonnen, Beginen und sonstigen Betschwestern, aber sie ist doch ein menschliches Wesen und so jung, dass eine solche Misshandlung kaum am Platze scheint.»
    «Das nennt Ihr Misshandlung?», sagte der Mann lachend. «Wir haben ja noch gar nicht richtig angefangen.»
    An diesem Punkt rannte der Major aus dem grässlichen Raum und die Treppe hinauf. Unterdes betrachtete mich das nackte Mädchen vom Boden her mit seltsam unbeteiligtem Blick, als sei ihr meine Intervention herzlich gleichgültig, sodass ich mich fragte, ob ihr der Schmerz nichts ausmachte oder ob sie die Hiebe vielleicht sogar genoss, so wie der Major.
    «Sie hat solche Grausamkeit doch gewiss nicht verdient?»
    «Nicht verdient?», sagte die Stimme. «Was hat das denn damit zu tun?» Die Stimme hinter mir verstummte für einen Moment.
    «Was sucht Ihr hier?», fragte sie schließlich.
    Ich zeigte die Treppe hinauf. «Ich bin mit ihm hergekommen.
    Mit Major Mornay. Er hat mich mitgebracht. Aber ich wusste nicht, was mich hier erwartete. Er hat mir nichts gesagt.»
    «Das stimmt», sagte die Holländerin, die mich eingelassen hatte.
    «Er kam gleich nach dem Major.»
    Der Mann mit der Pistole trat um mich herum, sodass ich ihn sehen konnte. Er war eine äußerst schurkische Erscheinung, mit fliehender Stirn und Eiterbeulen wie Entenmuscheln; seine roten Augen starrten mich grimmig an und seine Hand zitterte, als sie
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    jetzt mit der Pistole zur Treppe hin wedelte.
    «Euer Freund ist gegangen», sagte er ruhig. «Vielleicht solltet Ihr es ihm nachtun.»
    Ich bewegte mich zur Treppe, sah mich dabei aber nach dem Mädchen um, dessen Rücken und Hintern von den Hieben

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