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Nexus

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Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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brüllte er und warf seine Geige auf einen Stuhl, «es klingt ja gottsjämmerlich. Wir sind nicht in Form. Ich glaube, du —» und damit wandte er sich an seinen Sohn - «mußt noch fleißiger üben, bevor du anderen was vorspielst.»
    Er blickte über den Tisch, als wenn er die Flasche suchte, aber ein grimmiger Blick seiner Frau ließ ihn in einen Sessel sinken. Er murmelte als Entschuldigung, er würde langsam klapprig. Niemand erwiderte etwas darauf. Er gähnte laut. «Sollen wir nicht eine Partie Schach spielen?» fragte er müde.
    «Bitte , heute abend nicht» , sagte seine Frau energisch.
    Er stand mühsam auf. «Es ist dicke Luft hier drinnen», meinte er. «Ich gehe ein bißchen spazieren. Laufen Sie aber nicht davon! Ich bin gleich wieder da.»
    Als er fort war, versuchte Mrs. Essen sein unziemliches Betragen zu erklären. «Er interessiert sich für nichts mehr, er ist zuviel allein.» Sie sagte das fast in einem Ton, als wäre er bereits gestorben.
    «Er sollte mal Urlaub nehmen», warf der Sohn ein.
    «Ja», stimmte die Tochter bei, «wir versuchen, ihn zu einer Reise nach Palästina zu bewegen.»
    «Warum schicken Sie ihn nicht nach Paris?» sagte Mona. «Da würde er aufleben.»
    Der Junge begann hysterisch zu lachen.
    «Was ist los?» fragte ich.
    Da lachte er noch lauter und sagte dann: «Wenn er nach Paris führe, würden wir ihn nie wiedersehen.»
    «Aber, aber!» sagte die Mutter.
    «Du kennst Papa, er würde aus dem Häuschen geraten wegen der Mädchen, der Cafes und ...»
    «Was ist denn das für eine Art zu reden!» entsetzte sich seine Mutter.
    «Du kennst ihn nicht. Aber ich. Er will leben . Das möchte ich auch.»
    «Dann würden sie am besten alle beide gehen», sagte Mona. «Der Vater könnte auf den Sohn und der Sohn auf den Vater aufpassen.»
    In diesem Augenblick läutete es. Es war ein Nachbar, der gehört hatte, daß wir die Essens besuchten. Er wollte uns kennenlernen.
    «Das ist Herr Elfenbein», stellte Mrs. Essen ihn vor. Sie schien über sein Kommen nicht sehr entzückt zu sein.
    Mit angewinkelten Ellbogen und gefalteten Händen kam Mr. Elfenbein auf uns zu, um uns zu begrüßen. Sein Gesicht strahlte, der Schweiß rann ihm von der Stirn.
    «Was für eine Ehre!» rief er, machte eine leichte Verbeugung, griff nach unseren Händen und schüttelte sie kräftig. «Ich habe soviel von Ihnen gehört. Hoffentlich verzeihen Sie mir diesen Einbruch. Sprechen Sie vielleicht Jiddisch - oder Russisch?» Er zog die Schultern hoch und bewegte den Kopf hin und her, wobei die Augen jedesmal wie Kompaßnadeln folgten. Dann fixierte er mich mit einem Grinsen. «Von Mrs. Skolsky habe ich gehört, daß Sie von Kantor Sirota begeistert sind ...»
    Ich fühlte mich wie ein aus dem Käfig befreiter Vogel. Ich ging auf Mr. Elfenbein zu und schloß ihn in die Arme.
    «Von Minsk oder Pinsk?» fragte ich.
    «Aus dem Land der Moabiter», erwiderte er.
    Er strich sich den Bart, und seine Augen leuchteten auf. Der junge Essen gab ihm ein Glas Kümmel in die Hand. Oben auf seinem ziemlich kahlen Kopf stand eine Haarsträhne wie ein Korkenzieher hoch. Er leerte das Glas Kümmel und nahm ein Stück Obsttorte an. Wieder faltete er die Hände über der Brust.
    «Welch ein Vergnügen, die Bekanntschaft eines intelligenten Goi zu machen, eines Goi, der Bücher schreibt und mit den Vögeln spricht, der die Russen liest und Yom Kippur hält. Der Verstand genug hat, ein Mädchen aus der Bukowina zu heiraten. . . eine Zigeunerin dazu. Und eine Schauspielerin! Wo treibt sich denn dieser Sid herum? Ist er schon wieder betrunken?» Er sah umher wie eine weise alte Eule, die gerade ihren Lockruf ausstoßen will. «Nun , wenn ein Mensch sein ganzes Leben studiert und dann entdeckt, daß er ein Dummkopf ist, ist das ein gescheiter Mann? Die Antwort lautet ja und nein. Wir sagen in unserem Dorf, daß man seinen eigenen Unsinn und nicht den eines anderen kultivieren soll. Und in der Kabbala heißt es . . . Aber wir wollen nicht gleich Haarspaltereien treiben. Von Minsk kamen die Nerzmäntel und von Pinsk kommt nichts als Elend. Einen Juden aus dem Korridor rührt nicht einmal der Teufel an. Moische Echt war so ein Jude. Mein Cousin mit anderen Worten. Lag immer im Streit mit dem Rabbi. Im Winter schloß er sich auf dem Kornspeicher ein. Er war Sattler ...»
    Er brach plötzlich ab und lächelte mich satanisch an.
    «Im Buch Hiob», sagte ich.
    «Sagen wir lieber in der Offenbarung des heiligen Johannes. Die ist

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