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Nexus

Nexus

Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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welcher Angelegenheit kommen Sie?»
    Der Aufzug, der nur ganz langsam hochging, ächzte und quiekte wie eine Sau in Geburtswehen. Ich hatte den Eindruck, daß der Kerl ihn extra langsam fahren ließ.
    Er starrte mich an und wartete auf eine Antwort. «Was hat er nur?» fragte ich mich. «Glotzt er nur so, weil ich ihm meinem Äußeren nach zuwider bin?»
    «Es ist schwer, meine Angelegenheit in wenigen Worten zu erklären.» Erschreckt durch sein finsteres Gesicht riß ich mich zusammen. Ich strengte mich an, ohne Wimperzucken seinen Blick zu erwidern. «Ja», fing ich noch mal an, «es ist schwer ...»
    «Schluß!» schrie er und brachte den Aufzug zwischen zwei Stockwerken zum Halten. «Noch ein Wort...» Er hob die Hand, als ob er fortfahren wollte: «und ich erdrossele Sie.»
    Überzeugt, daß ich es mit einem Wahnsinnigen zu tun hatte, sagte ich kein Wort mehr.
    «Sie reden zuviel», sagte er. Er drückte auf den Hebel, und der Aufzug setzte sich wieder nach oben in Bewegung.
    Ich hielt mich ruhig und blickte geradeaus. Im achten Stock öffnete er die Tür. Ich trat behutsam heraus, als erwartete ich einen Tritt in den Hintern.
    Glücklicherweise war die Tür, die ich suchte, mir direkt gegenüber. Als ich die Hand auf die Klinke legte, war ich sicher, daß er mich beobachtete. Ich hatte das unbehagliche Vorgefühl, er würde draußen stehen, wenn man mich wie einen leeren Sack herauswarf. Ich machte die Tür auf und ging hinein. Ich befand mich einem Mädchen gegenüber, das in einem Verschlag stand. Sie empfing mich lächelnd.
    «Ich möchte mit Mister Higginbotham sprechen», sagte ich. Jetzt war es heraus. Meine Gedanken kollerten wie Kegel durcheinander.
    Zu meinem Erstaunen stellte sie keine Fragen. Sie nahm nur den Hörer von der Gabel und hauchte einige unhörbare Worte in die Muschel. Sie legte den Hörer wieder auf und sagte mit honigsüßer Stimme: «Mister Higginbothams Sekretär wird Sie sofort empfangen.»
    Einen Augenblick später stand der Sekretär vor mir. Er war ein Mann in mittleren Jahren, von angenehmen Gesichtszügen, höflich und leutselig. Ich nannte ihm meinen Namen und folgte ihm an seinen Schreibtisch, der am Ende eines langen, mit Pulten und Maschinen aller Arten gefüllten Saales stand. Er setzte sich an einen großen und fast leeren Tisch und zeigte auf einen bequemen Sessel, der ihm gegenüberstand. Ich sank sogleich mit einem Gefühl der Erleichterung hinein.
    «Mister Higginbotham ist in Afrika», sagte er. «Er kommt erst in einigen Monaten zurück.»
    «Ah so!» sagte ich und dachte bei mir: gut, daß sich dieser Ausweg bietet. Ich kann mich ja nur Mister Higginbotham anvertrauen. Aber sofort kam mir zum Bewußtsein, daß es unklug wäre, so schnell das Zimmer zu verlassen, denn gerade hierauf würde der Aufzuglenker warten.
    «Er ist auf Großwildjagd», fuhr der Sekretär fort, indem er mich ins Auge faßte und sich zweifellos überlegte, ob er kurzen Prozeß mit mir machen oder weiter vorfühlen sollte. Er blieb jedoch sehr leutselig und wartete, daß ich loslegte.
    «Ah so!» wiederholte ich. «Das ist aber dumm. Vielleicht warte ich besser bis zu seiner Rückkehr.»
    «Nein, das ist durchaus nicht nötig - wenn es sich nicht um etwas sehr Vertrauliches handelt. Selbst wenn der Herr Präsident hier wäre, müßten Sie zuerst mit mir verhandeln. Mister Higginbotham hat viele Eisen im Feuer. Dies hier ist nur eines seiner mannigfaltigen Interessen. Ich kann Ihnen versichern, daß jedes Anliegen, das Sie ihm vortragen wollen, meine ernsteste Aufmerksamkeit und Beachtung finden wird.»
    Dann verstummte er. Jetzt war ich an der Reihe.
    «Nun», begann ich zögernd, obwohl ich jetzt ein bißchen freier atmete, «es ist nicht ganz leicht, Ihnen den Zweck meines Besuches zu erklären.»
    «Entschuldigen Sie», unterbrach er mich, «aber welche Firma vertreten Sie?»
    Er lehnte sich vor, wie wenn er erwartete, daß ich ihm eine Karte überreiche.
    «Ich vertrete mich selbst... Herr Larrabee , nicht wahr? ... wenn ich recht verstanden habe. Ich bin Schriftsteller, freier Schriftsteller. Hoffentlich wirkt das nicht abschreckend auf Sie.»
    «Durchaus nicht, durchaus nicht», erwiderte er.
    (Denk jetzt schnell! Bring etwas vor, das noch nicht dagewesen ist!)
    «Sie wollen uns doch wohl keinen Reklamefeldzug vorschlagen. Da müßte ich sagen ...»
    «O nein, das nicht! Ich weiß, dafür haben Sie Leute, die das besser verstehen als ich.» Ich lächelte schwach. «Nein, es ist etwas

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